Studie der Universität Bonn zeigt aber, dass das nicht für sämtliche Regionen in der Sahelzone gilt
Vor 15 Jahren beschloss die Afrikanische Union ein ambitioniertes Projekt: Teile der Sahelzone sollen sukzessive renaturiert werden, um die Ernährung der dort lebenden Menschen zu sichern und den Boden gegen weitere Degradation zu schützen. Zugleich ist die African Great Green Wall ein wichtiger Beitrag gegen den Klimawandel. Eine Studie der Universität Bonn und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) belegt nun, dass sie auch ökonomisch sinnvoll ist – allerdings nicht überall in der Sahelzone. Die Analyse zeigt zudem, wie sehr bewaffnete Konflikte den Erfolg des Projekts gefährden. Sie ist nun in der Zeitschrift Nature Sustainability erschienen.
Die Sahelzone erstreckt sich südlich der Sahara vom Senegal im Westen bis nach Äthiopien im Osten Afrikas. Weite Bereiche der ehemals fruchtbaren Region sind heute nahezu unbewachsen. Gründe sind Dürren, schlechte landwirtschaftliche Anbaumethoden sowie Übernutzung wegen des wachsenden Bedarfs an Lebensmitteln und Feuerholz.
Die „Great Green Wall“-Initiative will diesen Verlust durch massenhafte Pflanzung heimischer Bäume und Gräser ausgleichen und umkehren. 100 Millionen Hektar Land sollen so insgesamt renaturiert werden. Bislang hat man dieses hochgesteckte Ziel jedoch nicht einmal ansatzweise erreicht – auch, weil es an finanziellen Mitteln fehlte.
Das könnte sich zukünftig jedoch ändern: Anfang diesen Jahres haben verschiedene Geberländer auf dem „One Planet“-Gipfel für Biodiversität fast 15 Milliarden US-Dollar für das Projekt zugesagt. „Um diese Mittel effizient zu verwenden, müssen wir uns nun fragen, wo und für welche Maßnahmen sie am sinnvollsten eingesetzt werden sollten“, betont Dr. Alisher Mirzabaev vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn.
Jeder investierte Dollar wirft 20 Cent Rendite ab
Der Agrarökonom hat eine Studie geleitet, die darauf eine Antwort gibt. Die Forschenden haben dazu den Streifen südlich der Sahara in 40 Millionen Parzellen von jeweils 25 Hektar aufgeteilt. Für jede davon haben sie dann analysiert, welche Renaturierungsmaßnahmen dort möglich wären und wieviel diese kosten würden. Dieser Kalkulation stellten sie den dadurch erzielbaren ökonomischen Nutzen gegenüber.
„Dazu zählen einerseits die sogenannten Bereitstellungsleistungen“, erklärt Mirzabaev: „Das sind die Dinge, die durch das Ökosystem erzeugt werden: Nahrungsmittel und Trinkwasser, Rohstoffe wie Holz oder auch Heilpflanzen.“ Hinzu kommen noch weitere Effekte wie ein besseres Klima, weniger Winderosion oder die Tatsache, dass sich auf den begrünten Flächen Bestäuber ansiedeln, die wiederum die Anbauerträge der Landwirte steigern. Auch ihnen lässt sich heute ein Preisschild anheften.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Bau der „Grünen Mauer“ auch ökonomisch lohnt. Wie sehr, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab. Wirtschaftlich und ökologisch am vorteilhaftesten wäre in der Regel eine Wiederaufforstung. Bis aus ein paar hundert Setzlingen ein Wald entsteht, gehen aber 30 Jahre ins Land. Das Investment trägt also erst sehr langfristig Früchte.
Anders sieht es aus, wenn degradierte Gebiete in Ackerland umgewandelt werden. „Im Idealfall ist dann bereits nach einem Jahr die erste Ernte möglich“, sagt Mirzabaev. Eine solche Maßnahme hat sich also vergleichsweise schnell amortisiert. Gerade Gegenden, in denen viele arme Kleinbauern wohnen, werden sie daher vermutlich bevorzugen. Die dadurch erzielbaren Gewinne sind allerdings deutlich geringer, ebenso wie die Umwelteffekte.
„Wir arbeiten in unserer Analyse mit verschiedenen Szenarien, von denen einige eher auf einen kurzfristigen Nutzen abzielen, andere dagegen langfristiger angelegt sind“, erklärt der Agrarökonom, der Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich “Sustainable Futures” der Universität Bonn ist. Das sogenannte Basis-Szenario umfasst etwa Maßnahmen, die tendenziell eher schneller Erträge liefern. In ihm wirft jeder aufgewendete Dollar im Schnitt eine Rendite von 20 Cent ab.
Die Hälfte der lohnenden Regionen sind für Maßnahmen zu unsicher
Allerdings gibt es dabei gewaltige regionale Schwankungen. Am positivsten fällt die ökonomische Bilanz für Teile Nigerias, Eritreas und Äthiopiens aus. Hier lohnt sich die Investition in die „Grüne Mauer“ also am meisten. Um sämtliche vorgeschlagene Maßnahmen in diesem Szenario zu finanzieren, wäre eine Summe von 44 Milliarden US-Dollar nötig. Damit ließen sich 28 Millionen Hektar Land renaturieren.
Die Analyse zeigt aber auch, dass das wohl nur in der Theorie klappen wird. Denn aufgrund bewaffneter Konflikte sind viele der Regionen, in denen der Bau der Grünen Mauer sinnvoll wäre, für solche Maßnahmen einfach zu unsicher. „Wenn wir diese Gebiete herausrechnen, bleiben gerade einmal 14 Millionen Hektar übrig“, betont Mirzabaev. „Das zeigt, wie sehr solche Auseinandersetzungen nicht nur direktes menschliches Leid verursachen, sondern auch eine positive Entwicklung der betroffenen Regionen verhindern.“
Förderung: Die Studie wurde durch die Europäische Union gefördert.
Publikation: A. Mirzabaev, M. Sacande, F. Motlagh, A. Shyrokaya und A. Martucci: Economic efficiency and targeting of the African Great Green Wall; Nature Sustainability; DOI: 10.1038/s41893-021-00801-8
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 15.11.2021