Was verbinden die Menschen weltweit mit der Bundesrepublik? Welche Folgen hat die Corona-Pandemie auf die Außenbeziehungen? Diese und weitere Fragen beleuchtet die am Donnerstag vorgestellte Studie „Außenblick – Internationale Perspektiven auf Deutschland in Zeiten von Corona“, erstellt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und dem Goethe-Institut. Gerade bei wirtschaftlichen Aspekten, beim Gesundheitssystem oder bei internationalen Beziehungen ist der Blick auf Deutschland sehr positiv. Kritisch werden Umweltskandale, mangelnde Digitalisierung sowie Populismus und rechtsextreme Anschläge wahrgenommen.
In einer Online-Befragung gaben für die Studie „Außenblick – Internationale Perspektiven auf Deutschland in Zeiten von Corona“ zunächst 600 Menschen aus knapp 40 Ländern mit fundiertem Wissen über Deutschland Auskunft, anschließend wurden etwa 50 weitergehende Interviews geführt. Ein zentrales Ergebnis: Das Management der Corona-Pandemie durch die Bundesregierung im Frühjahr 2020 wird international als vorbildlich wahrgenommen. Mit Blick auf die zweite Corona-Welle zeigten sich viele Befragte jedoch verwundert über das Starttempo der Impfkampagne und mangelnde Bereitschaft in der Bevölkerung, sich an Corona-Regeln zu halten.
Deutschland wird nach wie vor als führende Wirtschaftsmacht und stabile Demokratie betrachtet. Risse erhält das Bild bei den Themen digitale Infrastruktur und Umweltschutz. Hier attestierten die an der Studie Teilnehmenden Deutschland eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Auch bei der Auseinandersetzung Deutschlands mit seiner Kolonialgeschichte sehen sie Nachholbedarf. Als eines der größten Risiken wird die Zunahme populistischer und extremistischer Tendenzen eingeschätzt: An der Studie Teilnehmende beschreiben, dass sie in den vergangenen Jahren in Deutschland weniger Freundlichkeit erlebt und verstärkt das Gefühl hätten, nicht willkommen zu sein.
Außenpolitisch bedeutsam wird es den Befragten zufolge sein, wie Deutschland sich künftig im Spannungsfeld zwischen China, USA und Russland positioniert. Als selbstverständlich sehen sie hingegen Deutschlands Eintreten für ein starkes Europa an. Grundsätzlich könne sich Deutschland im Bereich der Forschung, Wissenschaft, Kunst oder Film noch intensiver international austauschen. Gleichzeitig würdigen die Befragten die weltweiten Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen der Bundesrepublik und ihren kooperativen Ansatz. Dies mache die Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen mit Deutschland besonders für Forschende und Kulturschaffende attraktiv.
Tanja Gönner, Vorstandssprecherin der GIZ, betont den Nutzen für die eigene Arbeit: „In der Studie finden sich zahlreiche Hinweise zur konkreten Ausgestaltung einer Kooperation – sowohl was die Erwartungen als auch die Themen angeht. In Zeiten von Corona nimmt natürlich globale Gesundheit einen bedeutenden Part ein, aber darüber hinaus grüne Wirtschaftsbelebung, gesellschaftlicher Zusammenhalt und Digitalisierung.“ Gerade am Beispiel Digitalisierung würden widersprüchliche Wahrnehmungen und große Erwartungen an Deutschland deutlich: „Auf der einen Seite wird uns ein Rückstand widergespiegelt. Auf der anderen Seite wird Deutschland eine besondere Rolle bei der Erarbeitung von Regeln und Rahmenbedingungen zugesprochen. Der digitale Wandel spielt in unserer konkreten Arbeit eine wachsende Rolle und wir kümmern uns intensiv darum, unsere Gestaltungskraft einzubringen und auszuweiten.“
Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, sagt: „Deutschland wird weiterhin als Kulturland mit internationaler Strahlkraft gesehen. Dass Theater und Museen auch in der Pandemie mit großem finanziellen Einsatz unterstützt wurden, sieht man als klares gesellschaftliches Bekenntnis zum Stellenwert von Kultur. Das ist eine wichtige Grundlage, um den internationalen Kulturaustausch kooperativ und zukunftsorientiert voranzutreiben, wie von den Befragten gefordert.” Auch einen anderen Punkt belegen die Gespräche: Ohne Deutschkenntnisse sei es schwierig, langfristig in Deutschland Fuß zu fassen. Ebert weiter: „Wir wissen aus früheren Studien, dass Deutschkenntnisse für einen Erfolg in Deutschland maßgeblich sind. Dass auch in dieser Studie viele fordern, den Zugang zur deutschen Sprache zu erleichtern, bestärkt uns darin, unsere Angebote zum Deutschlernen im In- und Ausland kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu verstärken, sei es für Fachkräfte oder Studierende.”
Kai Sicks, DAAD-Generalsekretär, führt dazu aus: „Deutschland ist als Standort für Bildung und Forschung bei den Befragten weltweit sehr geschätzt. Gleichzeitig wünschen sich internationale Talente einen einfacheren Zugang zum deutschen Bildungssystem. Dabei bewerten sie die Kombination aus hochwertiger Lehre und exzellenter Forschung bei moderaten Kosten für die Studierenden als großen Wettbewerbsvorteil. Dies sollte Deutschland stärker nutzen. Positive Erwähnung findet zudem, dass deutsche Hochschulen intensiv mit Partnerinstitutionen weltweit zusammenarbeiten und viele internationale Forschende im Land anzutreffen sind. Auch die vielfältigen Austauschmöglichkeiten und Stipendien für Studierende werden von den Befragten sehr geschätzt.“
Über die Außenblick-Studie
Die Studie „Außenblick – Internationale Perspektiven auf Deutschland in Zeiten von Corona“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und des Goethe-Instituts. Sie basiert auf einem zweistufigen Studiendesign: eine Kombination aus einer strukturierten Online-Befragung im Januar 2021 und weitergehenden Interviews im März und April. Befragt wurden Expertinnen und Experten aus den Partnernetzwerken der drei Organisationen, die unser Land gut kennen und anhand ihrer Beobachtungen Erwartungen, Wünsche und Befürchtungen gegenüber Deutschland formulieren können. Über 600 Personen aus 37 Ländern gaben in der quantitativen Online-Umfrage Antworten. In vertiefenden Interviews wurden 48 Teilnehmende in 24 Ländern zu ihrer Sicht auf Deutschland befragt.
Der DAAD
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) ist die Organisation der deutschen Hochschulen und Studierendenschaften zur Internationalisierung des Wissenschaftssystems. Er schafft weltweit Zugänge zu den besten Studien- und Forschungsmöglichkeiten für Studierende, Forschende und Lehrende durch die Vergabe von Stipendien. Zudem fördert er transnationale Kooperationen und Partnerschaften zwischen Hochschulen und ist die Nationale Agentur für die europäische Hochschulzusammenarbeit.
Die GIZ
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ist ein weltweit tätiges Bundesunternehmen. Sie unterstützt die Bundesregierung in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und in der internationalen Bildungsarbeit. Die GIZ trägt dazu bei, dass Menschen und Gesellschaften eigene Perspektiven entwickeln und ihre Lebensbedingungen verbessern.
Das Goethe-Institut
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Mit 158 Instituten in 98 Ländern fördert es die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland, pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit und vermittelt ein aktuelles Deutschlandbild. Durch Kooperationen mit Partnereinrichtungen an zahlreichen weiteren Orten verfügt das Goethe-Institut insgesamt über rund 1.000 Anlaufstellen weltweit.
Quelle: Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), 08.07.2021