Weiße Haushalte profitieren deutlich mehr von expansiver Geldpolitik als schwarze Haushalte.* Das fanden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters ECONtribute: Markets & Public Policy der Universitäten Bonn und Köln heraus.
Mit Bewegungen wie „Black Lives Matter“ machten Tausende weltweit auf die anhaltende Ungleichheit zwischen schwarzen und weißen Menschen aufmerksam und forderten Mitbürger, aber auch die Politik auf, dagegen vorzugehen. Politiker, wie etwa US-Präsident Joe Biden, betonen: Geldpolitik solle eine wichtige Rolle dabei spielen, die ökonomische Ungleichheit zwischen Schwarzen und Weißen zu verringern. Doch die Gewinne durch Ankaufprogramme und Niedrigzinsen, wie jetzt während der Coronakrise, kommen vermehrt weißen Bürgern zugute. Das folgerten Alina Bartscher, Moritz Kuhn und Moritz Schularick, Forschende des Exzellenzclusters ECONtribute der Universitäten Bonn und Köln, gemeinsam mit Paul Wachtel (New York University), aus der Analyse amerikanischer Einkommens- und Vermögensdaten.
Arbeitslosigkeit sinkt, Vermögensunterschiede wachsen
Die Wissenschaftler untersuchten die Verteilungseffekte von Geldpolitik in den USA. Sie analysierten, wie unterschiedlich sich eine Änderung der Zentralbankzinsen auf die Arbeitslosenquote und Vermögenswerte, zum Beispiel Aktien und Häuser von schwarzen und weißen Haushalten, auswirkt.
Senkt die Zentralbank die Zinsen um einen Prozentpunkt, sinkt die Arbeitslosenquote der Schwarzen um etwa 0,2 Prozentpunkte stärker als die der Weißen, und der Einkommensunterschied wird kleiner. Der Grund: Unternehmen investieren durch die gesunkenen Zinsen und stellen mehr Menschen an, wovon vor allem Haushalte mit niedrigerem Einkommen profitieren. Gleichzeitig verschärfen sich jedoch die Vermögensunterschiede, da weiße US-Bürger mehr Finanzanlagen besitzen und deutlich stärker von steigenden Vermögenswerten profitieren. Sie erzielen nach drei Jahren Vermögensgewinne in Höhe von etwa 25.000 Dollar – fünfmal so viel wie schwarze Haushalte.
„Diese Größenordnung der Effekte hat uns überrascht“, sagt Moritz Kuhn, Wissenschaftler bei ECONtribute an der Universität Bonn. Die Beschäftigungseffekte sind langfristig deutlich geringer als die Vermögenseffekte. Es scheint der Fall zu sein, dass Zentralbanken mit ihren geldpolitischen Instrumenten nicht in der Lage sind, Einkommensunterschiede zu verringern, ohne Vermögensunterschiede zu vergrößern. In der Zukunft müsse man darüber diskutieren, welche Rolle die Zentralbanken in diesem Zielkonflikt einnehmen sollen.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 17.02.2021