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The current form of globalisation is not considered just by very different groups. This can be seen, for example, in the recurring protests against global governance institutions (G7, G20, WTO), the rise of nationalist currents in many OECD countries and the repeated demands by many countries in the South for more influence over international political institutions. Even in politics, it is increasingly recognised that in our globalised world justice does not only play a role within states. One section of the current German government’s coalition agreement is entitled “Development policy for a just globalisation”. International policy target agreements, such as the 2030 Agenda for Sustainable Development, also repeatedly and explicitly refer to the value of justice. At the same time, defining what constitutes this justice is highly controversial, especially at the global level.
With regards to the academic debate on theories of justice, a distinction can be made between two different perspectives. The first perspective relates to justice to distributions, e.g. of goods, resources or opportunities. The criteria for distributive justice are disputed. Some emphasise the value of equality, while others call for the poor to be given priority. Yet others emphasise the role of performance and merit or believe that one must first and foremost ensure no one falls below a certain standard of living.
But there is also criticism that justice refers solely to distributions: this perspective neglects how things to be distributed are produced and who decides how they are distributed. From a second perspective, therefore, justice is not understood as a particular distribution, but as the absence of arbitrary rule. This then highlights the question of how political decision-making processes should be designed.
From both perspectives, there are clearly injustices in the current global economic and political system. For example, the international trade, financial and taxation system can be criticised for the distribution of benefits and burdens it causes (between different countries and between different domestic groups):
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With regard to the international trading system, the justice of the WTO-regulated trading system has always been very contentious. The current trend towards bilateral and multilateral trade agreements, however, seems even more problematic for poor countries to achieve beneficial outcomes.
- Strong growth in the financial industry, which is under-regulated and often focussed on short-term gains, is increasing the instability of the international financial system. Private investors benefit in good times, while losses, such as during the 2008 financial crisis, are partly borne by the state.
- The current international tax system is characterised by an unjust division of the tax burden between individuals, as well as an unjust division of tax revenue between countries. Tax evasion and tax avoidance contribute to this and reduce overall tax revenues.
In view of man-made environmental changes and the global consumption of resources, the question of a just distribution of benefits and burdens is not only pertinent for people currently living, but also for future generations. Our approach to climate change can hardly be considered just in this regard.
The second perspective, which sees justice as the absence of arbitrary rule, can better focus on the injustices of the political decision-making processes of global governance institutions. The people affected by important decisions made by such institutions are very differently represented. For example, only a few countries are represented in the G7 and the G20. In other institutions, such as the World Bank and the IMF, a country’s voting share depends on its economic performance (or its economic performance on a past date). In this sense, global governance is somewhat plutocratic. On the whole, until now democratic achievements have hardly been transferred to the international level.
There are certainly suggestions as to how such injustices could be eliminated or at least mitigated; for example, there are proposals for greater international regulation of financial markets, resolute action against climate change and the democratisation of global governance. A development policy genuinely geared towards a just globalisation would have to seek agreement on such reforms at all political levels – and, in case of doubt, would need to trump the interests of privileged groups.
Source: The Current Column – German Development Institute / Deutsches Institut für Politik (DIE), 17.09.2018[:de]
Die derzeitige Form der Globalisierung wird von ganz unterschiedlichen Gruppen als ungerecht angesehen. Das zeigt sich zum Beispiel an den wiederkehrenden Protesten gegen Institutionen der Global Governance (G7, G20, WTO), dem Erstarken nationalistischer Strömungen in vielen OECD-Ländern und den wiederholten Forderungen vieler Länder des Südens nach mehr Einfluss in internationalen politischen Institutionen. Auch in der Politik wird zunehmend anerkannt, dass in unserer globalisierten Welt Gerechtigkeit nicht nur innerhalb der Staaten eine Rolle spielt. So ist ein Abschnitt im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung mit „Entwicklungspolitik für eine gerechte Globalisierung“ überschrieben. Internationale politischen Zielvereinbarungen wie die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beziehen sich ebenfalls immer wieder explizit auf den Wert der Gerechtigkeit. Gleichzeitig ist gerade für die globale Ebene sehr umstritten, was diese Gerechtigkeit denn nun ausmacht.
Bezüglich der akademischen Debatte zu Gerechtigkeitstheorien kann zwischen zwei unterschiedlichen Perspektiven unterschieden werden. Die erste Perspektive bezieht Gerechtigkeit auf Verteilungen, zum Beispiel von Gütern, Ressourcen oder Chancen. Die Kriterien für eine gerechte Verteilung sind umstritten. Die einen betonen den Wert der Gleichheit, während andere eine Priorität für die Armen fordern. Wieder andere heben die Rolle von Leistung und Verdienst hervor oder sind der Meinung, zählen müsse vor allem, dass niemand unter einen bestimmten Lebensstandard fällt.
Es gibt aber auch Kritik daran, Gerechtigkeit ausschließlich auf Verteilungen zu beziehen: Diese Perspektive vernachlässige, wie die Dinge, die verteilt werden, überhaupt produziert wurden und wer über ihre Verteilung entscheidet. Aus einer zweiten Perspektive wird Gerechtigkeit deshalb nicht als eine bestimmte Verteilung, sondern als Abwesenheit von willkürlicher Herrschaft aufgefasst. Ein Fokus liegt dann auf der Frage, wie politischen Entscheidungsverfahren gestaltet sein sollten.
Aus beiden Perspektiven sind Ungerechtigkeiten im derzeitigen globalen wirtschaftlichen und politischen System offensichtlich. So kann beispielsweise das internationale Handels-, Finanz- und Steuersystem im Hinblick auf die Verteilung von Vorteilen und Lasten (zwischen verschiedenen Ländern und zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb der Länder) kritisiert werden:
In Bezug auf das internationale Handelssystem war schon die Gerechtigkeit des von der WTO regulierten Handelssystems sehr umstritten. Der derzeitige Trend in Richtung bi- und multilateraler Handelsabkommen scheint jedoch in Bezug auf die Möglichkeiten armer Länder, für sie vorteilhafte Ergebnisse zu erzielen noch problematischer.
Das starke Wachstum der wenig regulierten und häufig vor allem an kurzfristigen Erträgen orientierten Finanzindustrie erhöht die Instabilität des internationalen Finanzsystems. Private Investoren profitieren in guten Zeiten, während Verluste wie zum Beispiel während der Finanzkrise 2008 teilweise vom Staat getragen werden.
Das derzeitige internationale Steuersystem ist gekennzeichnet durch eine ungerechte Verteilung der Steuerlast zwischen Individuen, sowie einer ungerechten Verteilung des Steueraufkommens zwischen den Staaten. Steuerhinterziehung und Steuervermeidung tragen hierzu bei und reduzieren das Steueraufkommen insgesamt.
Angesichts von menschengemachten Umweltveränderungen und des globalen Ressourcenverbrauchs stellt sich die Frage nach der gerechten Verteilung von Vorteilen und Lasten zudem nicht nur in Bezug auf die zurzeit lebenden Menschen, sondern auch in Bezug auf zukünftige Generationen. Unser Umgang mit dem Klimawandel kann in dieser Hinsicht kaum als gerecht angesehen werden.
Die zweite Perspektive, die Gerechtigkeit als Abwesenheit willkürlicher Herrschaft versteht, kann die Ungerechtigkeit der politischen Entscheidungsverfahren der Institutionen der Global Governance besser in den Blick bekommen. Hier werden wichtige Entscheidungen von Institutionen gefällt, in denen die von den Entscheidungen betroffenen Menschen sehr unterschiedlich repräsentiert sind. Beispielsweise sind in den G7 und den G20 jeweils nur einige wenige Länder vertreten. In anderen Institutionen wie der Weltbank und dem IWF richten sich die Stimmanteile eines Landes nach seiner Wirtschaftsleistung (oder seiner Wirtschaftsleistung zu einem vergangenen Zeitpunkt). In dieser Hinsicht gleicht die Global Governance einer Plutokratie. Insgesamt ist es bisher kaum gelungen, demokratische Errungenschaften auf die internationale Ebene zu übertragen.
Es gibt durchaus Vorschläge, wie solche Ungerechtigkeiten beseitigt oder zumindest abgemildert werden könnten; Vorschläge, die sich beispielweise auf eine stärkere internationale Regulierung von Finanzmärkten, entschiedene Maßnahmen gegen den Klimawandel oder eine Demokratisierung der Global Governance beziehen. Eine Entwicklungspolitik, die tatsächlich auf eine gerechte Gestaltung der Globalisierung zielte, müsste sich auf allen politischen Ebenen um eine Verständigung auf solche Reformen bemühen – und diese im Zweifel auch gegen die Interessen privilegierter Gruppen durchsetzen.
Quelle: Die aktuelle Kolumne – German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 17.09.2018[:]