[:en]DIE | Assuring equitable access to COVID-19 vaccines and treatments[:de]DIE | Für einen gerechten Zugang zu Impfstoffen und Therapien gegen COVID-19[:]

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The world is eagerly awaiting a vaccine and treatments required to contain the human, social and economic consequences of the COVID-19 pandemic. But how can affordable access to medical innovations be guaranteed, once effective and secure solutions are found? And how can we avoid that powerful governments secure vaccines and drugs for their own citizens, while poorer countries are side-lined? The Costa Rican government has proposed to the WHO that it should lead a global effort to pool intellectual rights on technologies that are useful for the detection, prevention, control, and treatment of Covid-19. Costa Rica itself is working on scientific contributions to COVID-19 treatment based on the use of blood plasma.

The right to health (Article 25 of the 1948 Universal Declaration of Human Rights) entitles individuals to receive the goods and services required to assure a decent standard of medical and health care. Currently, this refers to affordable access to vaccines, medicine, devices (protective masks) and treatment equipment (ventilators). However, per capita health expenditure varies greatly between countries. In 2017, it was more than USD 5000 in Germany, but only USD 69 in India, USD 31 in Mali and USD 25 in Ethiopia. Thus, it is clear that many states are financially not in a position to fulfil the right to health but require international support to do so.

A clear tension exists between the human right to health and the logics of medical innovation. This is especially the case when innovation follows significant investments in research and development. In principle, any small publicly funded lab anywhere in the world might make a discovery, leading to a crucial innovation. The inventors would then mainly be rewarded by academic reputation, and their innovation might easily be brought into the global public domain. Pharmaceutical companies across the world could then produce vaccines and drugs at the required quantities. It is, however, more likely that inventions occur in private labs in the Global North, as there is still a very pronounced North-South divide in health R&D. In 2009 (latest available data), public and private actors globally invested USD 240 billion in health, 89 percent of it in high-income countries. OECD countries host three quarters of all clinical trials in pharmaceuticals. The private sector accounts for 60 percent of global health research and development. We may debate the ethical dimension of profit making in the health sector, but research clearly indicates that prospects of profit do accelerate innovation. Competition among medical tech companies may bring down costs as long as monopoles are avoided. Drug development is – under normal conditions – a long-term (10-15 years) and risky business: Depending on the type of drug and approval process, only between 7 percent and 45 percent of all drugs entering the clinical trial phase receive approval to be marketed. So, the main challenge is to maintain incentives for private medical research, while leaving no one behind, once effective and secure solutions have been found.

Health lawyers, and researchers from across the world have welcomed Costa Rica’s initiative. It may enable generic drug makers to manufacture and sell their products at much lower prices than those that might be charged in the current global medical crisis. The Medicines Patent Pool (MPP), founded in 2010 by UNITAID, can serve as a role model for the proposal. Between 2010 and 2018, public and private patent holders allocated 18 licenses for high-impact drugs to MPP, which in turn sublicensed 24 manufacturers (for example in India and South Africa) to produce and distribute low-cost generic versions of the drugs in 136 countries.

A similar model can work for COVID-19 vaccine and other related healthcare elements. Large companies might be willing to voluntarily license their patents to MPP or UNITAID, taking into consideration human suffering and economic losses due to the pandemic. Israeli company Medtronic recently made available to anyone the full design specifications and software codes for its portable ventilator. If other companies hesitate to follow this example, they would take reputation risks. Even if licensing of relevant drugs and items had to be paid for, this might happen at a reasonable price, if negotiated at large scale and at multilateral level.

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Source: German Development Institute (GDI)/Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), The Current Column, Andreas Stamm, Jeffrey Orozco, 04. May 2020[:de]

Die Welt wartet ungeduldig auf einen Impfstoff und Therapien, die die Folgen der COVID-19-Pandemie eindämmen können. Doch wie lässt sich ein bezahlbarer Zugang zu medizinischen Innovationen sicherstellen, wenn erst einmal wirksame und sichere Lösungen gefunden sind? Und wie können wir verhindern, dass sich starke Regierungen Impfstoffe und Medikamente für ihre Bürgerinnen und Bürger sichern, während ärmere Länder leer ausgehen? Die costa-ricanische Regierung hat der WHO vorgeschlagen, eine globale Initiative zu starten, um die Urheberrechte an den Technologien zu bündeln, die für die Erkennung, Prävention, Kontrolle und Behandlung von COVID-19 geeignet sind. Costa Rica selbst forscht an Therapieansätzen, basierend auf der Nutzung von Blutplasma.

Das Recht auf Gesundheit – Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – gibt dem Einzelnen das Recht, die Leistungen vom Staat zu erhalten, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Standards bei der medizinischen Versorgung erforderlich sind. Dies gilt aktuell für den Zugang zu Impfstoffen, Medikamenten, Hilfsmitteln (Schutzmasken) und Ausrüstungen (Beatmungsgeräte) zur Bekämpfung von COVID-19. Jedoch sind die jährlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf der Bevölkerung von Land zu Land sehr unterschiedlich. Im Jahr 2017 betrugen sie in Deutschland mehr als 5.000 US-Dollar, aber nur 69 US-Dollar in Indien, 31 US-Dollar in Mali und 25 US-Dollar in Äthiopien. Es ist also offensichtlich, dass viele Staaten finanziell nicht in der Lage sind, das Recht auf Gesundheit zu gewährleisten, sondern dafür internationale Unterstützung benötigen.

Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Menschenrecht auf Gesundheit und der Logik medizinischer Innovation, insbesondere, wenn diese auf bedeutenden Investitionen in Forschung und Entwicklung basieren. Im Prinzip könnte jedes kleine öffentlich finanzierte Labor irgendwo auf der Welt eine Entdeckung machen, die zu einer entscheidenden Innovation führt. Die Erfinder würden dann vor allem durch akademische Reputation belohnt, und ihre Innovation könnte global öffentlich zugänglich werden. Pharmaunternehmen auf der ganzen Welt könnten dann Impfstoffe und Medikamente in erforderlichen Mengen herstellen. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass Erfindungen in privaten Labors im Globalen Norden gemacht werden, da es im Bereich der Gesundheitsforschung und -entwicklung immer noch ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle gibt. Im Jahr 2009 (jüngste verfügbare Daten) investierten öffentliche und private Akteure weltweit 240 Milliarden US-Dollar in die Gesundheitsforschung; 89 Prozent davon in Ländern mit hohem Einkommen. Drei Viertel aller klinischen Studien zu Arzneimitteln finden in OECD-Ländern statt. Auf den privaten Sektor entfallen 60 Prozent der weltweiten Gesundheitsforschung und -entwicklung. Wir mögen über die ethische Dimension von Profitstreben im Gesundheitssektor diskutieren, aber die Forschung zeigt, dass Gewinnaussichten Innovationen beschleunigen. Wettbewerb zwischen Unternehmen kann Kosten senken, solange Monopole vermieden werden. Die Entwicklung von Arzneimitteln ist – unter normalen Bedingungen – ein langfristiges (10-15 Jahre) und risikoreiches Geschäft: Je nach Art des Medikaments und des Zulassungsverfahrens erhalten nur zwischen 7 Prozent und 45 Prozent aller Medikamente, die in die klinische Erprobungsphase eintreten, eine Marktzulassung. Die Herausforderung besteht also darin, Anreize für private medizinische Forschung und Entwicklung beizubehalten und zugleich niemanden auszuschließen, wenn wirksame und sichere Lösungen gefunden worden sind.

Gesundheitsjuristen und Forscher aus der ganzen Welt haben die Initiative Costa Ricas begrüßt. Sie könnte Generikahersteller in die Lage versetzen, ihre Produkte zu wesentlich niedrigeren Preisen herzustellen und zu verkaufen, als in der gegenwärtigen globalen Gesundheitskrise verlangt werden könnten. Der 2010 von UNITAID gegründete Medicines Patent Pool (MPP) kann als Vorbild für den Vorschlag dienen. Öffentliche und private Patentinhaber haben 18 Lizenzen für hochwirksame Medikamente an den MPP vergeben. Dieser hat 24 Herstellern (z.B. in Indien und Südafrika) Unterlizenzen für die Produktion und den Vertrieb von kostengünstigen Generika in 136 Ländern erteilt.

Ein ähnliches Modell kann für COVID-19-Impfstoffe und Medikamente funktionieren. Angesichts des menschlichen Leids und der wirtschaftlichen Verluste durch die Pandemie könnten Unternehmen bereit sein, ihre Patente dem MPP oder UNITAID unentgeltlich zu überlassen. Die israelische Firma Medtronic hat kürzlich die vollständigen Konstruktionsspezifikationen und Software-Codes ihres tragbaren Beatmungsgeräts für jedermann zugänglich gemacht. Sollten andere Unternehmen zögern, diesem Beispiel zu folgen, riskierten sie ihre internationale Reputation. Selbst, wenn für die Lizenzierung von entsprechenden Innovationen bezahlt werden müsste, könnte dies zu einem vernünftigen Preis geschehen, wenn auf multilateraler Ebene verhandelt wird.

Weitere Informationen

Quelle: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, Andreas Stamm, Jeffrey Orozco, 04.05.2020[:]