UBA | Coronavirus: Bedeutung der Luftverschmutzung

Für das neuartige Coronavirus (SARS CoV-2) gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht davon aus, dass ein Transport über Feinstäube für die Infektiosität relevant ist. Dennoch spielt die Luftqualität auch im Zusammenhang mit COVID-19 eine Rolle, weil Luftbelastungen die Empfindlichkeit der Lungenzellen für infektiöse Partikel wie Bakterien und Viren erhöhen.

Viren können aufgrund ihrer Strukturen und Oberflächeneigenschaften sehr gut an Partikel binden, und somit sind Viren natürlich auch im Feinstaub vorhanden. Während für humanpathogene Viren, die Menschen infizieren, nur sehr wenige Informationen vorliegen, weiß man aus Studien über Bakteriophagen (Viren, die Bakterien infizieren), dass diese sehr zahlreich in der Atmosphäre vorkommen und sich auch weit verbreiten können. Je nach Art der Viren brauchen diese aber sehr unterschiedliche Umweltbedingungen (z.B. bestimmte Luftfeuchtigkeit und Temperaturen), um intakt und damit infektiös zu bleiben.

Bei der Suche nach Ursachen für die regional sehr unterschiedlichen Infektions- und Todeszahlen bei COVID-19-Infektionen wird neben anderen diskutierten Faktoren wie Beginn und Umfang der Testungen, ergriffene Schutzmaßnahmen und kulturelle Unterschieden sowie unterschiedliche Altersstrukturen in der Bevölkerung auch die Luftverschmutzung, insbesondere die Konzentration an PM10 und NO2, genannt1. So ist auffällig, dass in stark von schweren COVID-19-Infektionen betroffenen Gebieten teilweise eine hohe Feinstaub- und NO2-Belastung vorherrschte, bis die drastischen Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu einer sehr deutlichen Verminderung der Luftbelastung führten.

Als Erklärung für diesen Zusammenhang werden zwei Szenarien diskutiert: eine Ausbreitung der SARS-Coronaviren 2 (SARS CoV-2) über Feinstaubpartikel und eine Vorschädigung von Herz und Kreislaufsystem und der Lunge durch die Luftschadstoffe.

SARS CoV-2 sind als behüllte Viren in der Umwelt nicht sehr stabil. Untersuchungen an verwandten Coronaviren haben ergeben, dass sie nur wenige Stunden in der Luft überleben können. Auch wenn einige SARS CoV-2 an Feinstaubpartikel angeheftet überleben, reicht die Konzentration in einem in der Außenluft verbreiteten Feinstaubaerosol nach den vorliegenden Erkenntnissen durch den Verdünnungseffekt nicht aus, dass eine Infektion über längere Strecken hinweg auf diesem Weg befürchtet werden müsste.

Luftschadstoffe können Erkrankungen der Atemwege, wie z.B. Asthma und COPD, und Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (mit-)verursachen. Dies könnte dazu führen, dass Menschen in Gebieten mit hoher Luftschadstoffbelastung empfindlicher auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 reagieren und die Infektion bei solchen Patientinnen und Patienten einen schwereren Verlauf zeigt als bei Menschen mit einem weniger vorgeschädigten Atemwegs- und Herz-Kreislaufsystem. So ist auch bekannt, dass Rauchen zu vorgeschädigten Atemorganen führt und dass daher Infektionskrankheiten generell bei Rauchern einen schwereren Verlauf nehmen als bei Nichtrauchern.

Zusammenfassend lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt festhalten, dass die Vulnerabilität von Menschen gegenüber SARS-CoV-2 in Gebieten mit hoher Luftschadstoffbelastung wahrscheinlich aufgrund von dadurch bedingten Vorschädigungen der Lunge und des Herz-Kreislaufsystems erhöht sein kann. Untersuchungen zu möglichen Interaktionen von Luftverschmutzung und COVID-19-Infektionen müssen folgen, auch unter Einbeziehung der noch zu erhebenden Daten zu den Anteilen der Menschen mit durchgemachten Infektionen.

Hintergründe zum Beispiel in:

Quelle: Umweltbundesamt, 16.04.2020