[:en]DIE | How Africa and Europe can work towards a different type of relationship[:de]DIE | So schafft die EU den Neustart ihrer Afrika-Beziehungen[:]

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Never before have so many high-level EU politicians shown such strong interest in Africa. Following the Commission President, European Council President Charles Michel recently undertook his first foreign trip to the African Union (AU) in Addis Ababa. Last week the European Commission and African Union Commission (AUC) leadership met in Addis Ababa, among other things to prepare for their joint summit in October 2020. Interest in cooperation with Africa has also increased markedly among EU member states in recent years, including in Germany.

Africa’s role in relation to geostrategic challenges

There are several reasons why the need for close cooperation with African countries is more pressing than ever: Migration policy is and remains a sensitive and key topic. As their populations continue to rise and urbanisation proceeds apace, African nations are recognised as key partners and future markets not only by EU member states, but also by other nations including China, India, Turkey or Russia. Accordingly, the EU and its member states have for some time been significantly stepping up their efforts to promote economic relations and private investment with African states.

A more recent development concerns Europe’s urgent need for new international partners with which to uphold, at least in part, the rule-based multilateral order. With the United States and the transatlantic alliance now less dependable and economic and geopolitical competition with China having intensified significantly, Europe is looking for new partners and a new role as a global actor. Ursula von der Leyen has thus announced a geopolitical Commission. Cooperation with Africa is becoming increasingly significant in this context. Like EU countries, many African states are keenly interested in multilateral institutions. At the same time, the EU needs to represent African stakeholders to a greater extent in its multilateral interests and agendas.

Global challenges – Europe needs to rethink

Relations between Africa and the EU have so far been poorly equipped to tackle global challenges such as climate change, digitalisation and demographic change. There has been talk on both sides of a partnership of equals for a number of years, while the EU also emphasises that the donor-recipient relationship belongs to the past. However, in reality, Brussels continues to focus on what needs to change in Africa and how the EU can support these changes. It has so far not been acknowledged that changes in the EU are needed too, and that our societal model is fundamentally challenged by digitalisation, ageing societies and the need for sustainable transformation.

Given these global challenges and the geopolitical competition, AU-EU relations need not so much updating as they do resetting. A good starting point is provided in this regard by the aspiration of a geopolitical Commission, the high level of political interest in cooperation with African states, the ambitious agenda of the European Green Deal and the AU’s African Continental Free Trade Area.

A reset requires action on both sides

For the AU, implementing its reform agenda, which also envisages more strategic positioning in relation to external stakeholders, would be an important step in strengthening AU-EU relations. The articulation of African interest and goal conflicts, which is unavoidable for an organisation with 55 member states, is a key condition for a reset of relations. EU actors should in turn devise a European approach to Africa policy which defines common goals and strategies for the EU institutions as well as member states. The ambition of a geopolitical Commission gives rise to the expectation that the EU will be more transparent about its interests in the relations. At the same time, rather than step up competition with China, Russia and other stakeholders, the EU should strive to create opportunities for cooperation with them wherever possible.

Europeans must also change their mindset with regards to relations with Africa. In the EU itself, there is little clarity as to what innovative societal models could look like in an age of climate change, digitalisation and demographic change. AUC Chairperson Moussa Faki Mahamat last week stressed that one society should not impose a model onto another. Accordingly, AU-EU relations should prioritise joint learning and knowledge production. This also means that differences of opinion between the two partners will become more visible.

After the European Commission has outlined the key points of its comprehensive strategy with Africa, the ball will be in the court of the EU member states and the AU. Member states of both unions will then have the opportunity to take their partnership to a new level.

Source: German Development Institute, 02.03.2020[:de]

Nie zuvor haben sich so viele EU-Spitzenpolitiker*innen für Afrika interessiert. Neben der EU-Kommissionspräsidentin hat vor wenigen Wochen auch EU-Ratspräsident Charles Michel seine erste Auslandsreise zur Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba unternommen. Letzte Woche haben sich die Kommissionen der EU und AU getroffen, unter anderem um den im Oktober 2020 stattfindenden AU-EU-Gipfel vorzubereiten. Auch in den EU-Mitgliedstaaten – einschließlich Deutschland – nimmt das Kooperationsinteresse mit Afrika stark zu.

Die Rolle Afrikas angesichts geostrategischer Herausforderungen

Verschiedene globale Dynamiken machen eine enge Kooperation mit Ländern in Afrika dringlicher denn je: Die Migrationspolitik ist und bleibt ein wichtiges und sensibles Thema. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums und einer fortschreitenden Urbanisierung werden afrikanische Länder nicht nur von EU-Staaten, sondern auch von China, Indien, der Türkei, Russland und anderen als wichtige Partner und Zukunftsmärkte gesehen. Auch EU-Akteure setzen sich seit einiger Zeit sehr viel stärker für die Förderung von Wirtschaftsbeziehungen und privaten Investitionen mit afrikanischen Ländern ein.

Neu hinzu kommt, dass Europa dringend internationale Partner braucht, um zumindest Teile der regelbasierten multilateralen Ordnung zu bewahren. Seit die USA und das transatlantische Bündnis weniger verlässlich sind und der wirtschaftliche und geopolitische Wettbewerb mit China stark zugenommen hat, ist Europa auf der Suche nach neuen Partnern und einer neuen außenpolitischen Rolle. Ursula von der Leyen hat daher eine „geopolitische Kommission“ ausgerufen. Kooperation mit Afrika gewinnt damit auch auf globaler Ebene stark an Bedeutung. Zum einen haben viele afrikanische und EU-Staaten ein hohes Interesse am Erhalt und Ausbau multilateraler Institutionen. Zum anderen muss die EU afrikanische Akteure stärker in ihren multilateralen Interessen und Agenden mitvertreten.

Globale Probleme – Europa muss umdenken!

AU-EU-Beziehungen sind bislang für die Bearbeitung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, Digitalisierung und demographischem Wandel schlecht aufgestellt. Zwar sprechen beide Seiten seit einigen Jahren von einer „gleichberechtigten Partnerschaft“. Die EU betont, dass die „Geber-Empfänger-Beziehung“ der Vergangenheit angehört. De facto geht es in Brüssel aber nach wie vor darum, was sich in Afrika ändern muss und wie die EU diese Veränderungen unterstützen kann. Dass sich auch in der EU einiges ändern muss und unser Gesellschaftsmodell durch Digitalisierung, die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit und alternde Gesellschaften grundlegend in Frage gestellt ist, kommt bislang nicht zur Sprache.

Angesichts der globalen Herausforderungen und des geopolitischen Wettbewerbes bräuchten die AU-EU-Beziehungen daher ein reset und kein update. Der Anspruch einer „geopolitischen Kommission“, das hohe politische Interesse an der Kooperation mit afrikanischen Staaten, die ambitionierte Agenda des European Green Deal und die Initiative der AU eine Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) zu errichten, sind hierfür eine gute Ausgangsbasis.

Für reset braucht es Bewegung auf beiden Seiten

Seitens der AU liegt eine ambitionierte AU-Reformagenda vor, deren Umsetzung eine strategischere Positionierung gegenüber externen Akteuren bedeuten würde – ein wichtiger Schritt für eine Neuausrichtung der AU-EU-Beziehungen. Auch die Artikulation afrikanischer Interessen und Zielkonflikte, die bei einer Organisation mit 55 Mitgliedstaaten wie der AU nicht ausbleiben, ist eine wichtige Grundlage für ein reset. Seitens der EU und EU-Mitgliedstaaten braucht es einen europäischen Ansatz in der Afrikapolitik, der gemeinsame Ziele und Strategien für die EU-Akteure definiert. Der Anspruch einer „geopolitischen Kommission“ lässt außerdem erwarten, dass die EU ihre Interessen in den Beziehungen transparenter macht. Gleichzeitig sollte die EU den Wettbewerb mit China und anderen nicht verschärfen, sondern wo möglich auf Kooperation hinwirken.

Wichtig ist das mindset der Europäer*innen, mit dem sie auf die Beziehungen schauen. Offenheit für eine Kursänderung wäre ein Anfang. In der EU selbst herrscht große Unklarheit, wie zukunftsfähige Gesellschaftsmodelle in Zeiten des Klimawandels, der Digitalisierung und des demographischen Wandels aussehen können. AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat hat letzte Woche betont, dass eine Seite der anderen kein Modell aufdrängen kann. Dementsprechend müsste gemeinsames Lernen und gemeinsame Wissensproduktion in den AU-EU-Beziehungen in den Vordergrund rücken. Das bedeutet auch, dass Meinungsverschiedenheiten sichtbarer werden.

Nachdem die EU-Kommission Eckpunkte für eine „umfassende Strategie mit Afrika“ vorgestellt hat, sind nun beide Seiten am Zug. Dann haben die AU- und EU-Mitgliedstaaten Gelegenheit, das Ambitionsniveau der Beziehungen auf ein neues Level zu heben.

Quelle: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, 02.03.2020[:]