[:en]DIE | How does public procurement become sustainable?[:de]DIE | Wie kommt die Nachhaltigkeit in die öffentliche Beschaffung?[:]

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In the EU alone, public institutions spend EUR 2 trillion a year on procurement processes, making public procurement a major lever for achieving sustainability goals. For several years now, public-procurement legislation and regulations have increasingly included sustainability criteria. Having already been mainstreamed throughout Europe in the current EU Public Procurement Directive (2014/24/EU) issued in 2014, these criteria have been incorporated into the national legislation of the member states. Nonetheless, practical integration of sustainability criteria into public procurement processes has so far been the exception rather than the rule. Both mandatory and optional regulations need to be translated into practice.

A paradigm shift is already emerging in this regard at the international level and was also observable at the second MUPASS Dialogue Forum, which brought together public procurement experts from Germany, Europe, Latin America and Africa in Bonn in late October. These experts discussed ways of implementing a sustainable public procurement system, for instance, by incorporating sustainability criteria into e-procurement processes and making general use of sustainability standards. If there is no simple textbook approach to this topic, then experience-sharing and joint learning are the key tools for bringing about change.

In addition to a sound legal basis, there is a need for change management approaches, additional personnel and specific advice on implementation. In highly decentralised public procurement systems such as Germany’s, municipal procurement authorities require greater external support. Entities such as the Competence Center for Sustainable Procurement and the Service Agency Communities in One World already offer advisory and support services in this regard. In order to reach Germany’s 11,000 plus municipalities, the federal states need to finally join the German Government in fulfilling their responsibility to provide relevant services. It is worth taking a look at the Netherlands in this context, where central advisory institution PIANOo has successfully initiated sustainable procurement measures in the country’s municipalities (of which there are just 355) and employs over 30 staff to advise and support them. Many African nations, such as Ghana and South Africa, also run regular training campaigns for procurement officers which increasingly incorporate the topic of sustainability.

There is a need to provide training and establish new structures to equip procurement authorities and those who request and use the procured products to develop and apply sustainable procurement criteria. This has been seen in Germany and Europe and around the world, from Bremen, Berlin and Rotterdam to Tshwane in South Africa.

Communicating sustainability goals to the market can be a time-consuming process. Organising bidder dialogues, which give procurement agencies an opportunity to discuss their expectations with potential bidders, takes careful preparation and broad-based public relations work. African practitioners in particular are concerned about engaging in closer dialogue with companies due to the perceived corruption risk. However, frank exchange with the market not only provides an opportunity to strengthen sustainable procurement, but can also increase transparency regarding the procurement process.

The digitalisation of procurement is currently raising many expectations. In addition to boosting effectiveness and transparency, e-procurement could also be used to incorporate sustainability goals into the process. The city of Mainz and the Brazilian state of São Paulo, for example, are using electronic catalogues to raise buyers’ awareness of more environmentally friendly and fair alternatives within existing framework agreements. Nevertheless, new procedures alone will not ensure more effective integration of sustainability criteria into the public procurement process. When it comes to making these and other procurement instruments more sustainable, it is crucial to take account of sustainability as an integral system component in their use from the outset. The procurement agencies need corresponding support with changing their mindset on this topic.

We are currently experiencing a turning point in the world of public procurement. Consolidating long-term, strategic planning in procurement, promoting greater professionalism and introducing and piloting new procedures, such as bidder dialogues and digital processes, are all suitable ways of integrating social and environmental sustainability to a greater extent in public procurement. It is important on the way to achieving this to make the necessary resources for these change processes available, something which pays off in the form of increased efficiency and longer-term planning and facilitates both national and international dialogue between administrations. This emerging turning point is not a foregone conclusion – it must be supported and shaped.

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Source: German Development Institute (GDI), 11 November 2019[:de]

Alleine in der EU geben öffentliche Einrichtungen jährlich 2 Billionen Euro für Beschaffungen aus. Der öffentliche Einkauf ist somit ein starker Hebel zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen. Seit einigen Jahren finden Nachhaltigkeitskriterien immer öfter Einzug in Gesetze und Verordnungen für die öffentliche Beschaffung. Bereits 2014 wurden sie europaweit in der aktuellen EU Vergaberichtlinie (2014/24/EU) verankert und seitdem in die nationalen Gesetzgebungen der Mitgliedsstaaten übertragen. In der Praxis öffentlicher Ausschreibungen stellt die Integration von Nachhaltigkeitskriterien bislang aber eher die Ausnahme als die Regel dar. Rechtliche Regelungen, egal ob freiwillig oder verpflichtend, bedürfen einer „Übersetzung“ in die Praxis.

Ein Paradigmenwechsel für diese Übersetzung zeichnet sich auf internationaler Ebene aktuell ab. Dies konnte auch auf dem zweiten Dialogforum zu Nachhaltiger Öffentlicher Beschaffung beobachtet werden. Ende Oktober kamen dazu in Bonn deutsche, europäische, lateinamerikanische und afrikanische Expertinnen und Experten für öffentliche Beschaffung zusammen. Sie diskutierten die Umsetzung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, zum Beispiel durch die Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in elektronische Vergabeverfahren und die generelle Nutzung von Nachhaltigkeitsstandards. Denn wenn es keinen einfachen Lehrbuchansatz gibt, sind Erfahrungsaustausch und gemeinsames Lernen die wichtigsten Werkzeuge, um Veränderungen zu bewirken.

Zusätzlich zu einer guten rechtlichen Grundlage braucht es Change-Management Ansätze, mehr Personal und konkrete Beratung in der Umsetzung. Gerade bei einer stark dezentral organisierten öffentlichen Beschaffung wie in Deutschland brauchen beispielsweise kommunale Vergabestellen mehr Unterstützung von außen. Es bestehen bereits Beratungs- und Hilfsangebote wie die Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung sowie die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt. Um die über 11.000 Kommunen zu erreichen, müssen neben dem Bund die Länder endlich ihrer Verantwortung nachkommen, ebenfalls Angebote zur Verfügung zu stellen. Hierbei lohnt sich ein Blick in die Niederlande. Dort hat die zentrale Beratungseinrichtung PIANOo erfolgreich nachhaltige Beschaffung in den gerade einmal 355 Gemeinden angeregt und berät und unterstützt diese mit mehr als 30 Stellen. Auch in vielen Ländern Afrikas, wie Ghana und Südafrika, finden regelmäßig Weiterbildungskampagnen für Beschaffungsverantwortliche statt, die auch vermehrt das Thema Nachhaltigkeit einbeziehen.

Bedarfsträger, die die eingekauften Produkte nachfragen und nutzen, und Beschaffungsstellen müssen durch Weiterbildungsangebote und neue Strukturen in die Lage versetzt werden, nachhaltige Beschaffungskriterien zu entwickeln und anzuwenden. Dies zeigen Beispiele von Bremen und Berlin über Rotterdam bis Tshwane in Südafrika.

Nachhaltigkeitsziele mit dem Markt zu kommunizieren kann recht aufwendig sein. In sogenannten Bieterdialogen können Vergabestellen ihre Vorstellungen mit potentiellen Bietern diskutieren. Die Organisation solcher Bieterdialoge erfordert gute Vorbereitung und eine breite Öffentlichkeitsarbeit. Gerade afrikanische Praktikerinnen und Praktiker sorgen sich wegen des vermeintlichen Korruptionsrisikos bei einem intensiveren Austausch mit Unternehmen. Ein offener Austausch mit dem Markt ist jedoch nicht nur eine Möglichkeit zur Stärkung nachhaltiger Beschaffung. Sie kann die Transparenz des Vergabeverfahrens sogar zusätzlich erhöhen.

Mit der Digitalisierung der Beschaffung werden zurzeit viele Erwartungen verknüpft. Neben der Steigerung von Effektivität und Transparenz kann die elektronische Vergabe auch genutzt werden, um Nachhaltigkeitsziele einzubinden. So verwenden die Städte Mainz und der Bundesstaat Sao Paulo elektronische Kataloge, um die Bedarfsträger auf ökologischere und fairere Alternativen in bestehenden Rahmenverträgen aufmerksam zu machen. Neue Verfahren sorgen aber nicht allein für eine bessere Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die öffentliche Beschaffung. Entscheidend für die nachhaltigere Ausrichtung von Beschaffungsinstrumenten ist es, das Thema Nachhaltigkeit von Beginn an als integralen Bestandteil mitzudenken. Für das nötige Umdenken brauchen die Beschaffungsstellen die entsprechende Unterstützung.

Wir erleben gerade eine Trendwende in der öffentlichen Beschaffung. Die langfristige und strategische Planung in der Vergabe wird gestärkt und professionalisiert. Zudem werden neue Verfahren, wie Bieterdialoge und digitale Prozesse, eingeführt und erprobt. Diese eignen sich auch dazu, soziale und ökologische Nachhaltigkeit verstärkt im öffentlichen Einkauf zu integrieren. Auf dem Weg dahin gilt es, die nötigen Mittel für diese Wandlungsprozesse zur Verfügung zu stellen. Dies wird sich durch gesteigerte Effizienz und langfristigere Planung auszahlen und ermöglicht auch den nationalen wie internationalen Austausch zwischen Verwaltungen. Diese sich abzeichnende Trendwende ist kein Automatismus – sie muss begleitet und geformt werden.

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Quelle: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 11.11.2019[:]