[:en]DIE : The Current Column | How to strengthen the EU as a force for global peace[:de]DIE : Die aktuelle Kolumne | Wie die Europäische Union ihre Rolle als Friedensmacht stärken kann [:]

[:en]

The new European Commission is still taking shape. Commission President Ursula von der Leyen’s team will formally start work on 1 December at the earliest. Four members of the Commission will be responsible for the EU’s external cooperation, which includes its EUR 16 billion annual aid budget. These are Spain’s Josep Borrell, the EU’s High Representative for Foreign and Security Policy; Finn Jutta Urpilainen, Commissioner for International Partnerships; a (still to be confirmed) Commissioner for the European Neighbourhood Policy and Enlargement, and Slovenia’s Janez Lenarčič, who takes over crisis management, including humanitarian aid.

Von der Leyen has announced that her team will be a ”geopolitical” commission, with a more strategic approach to external policy. In principle, this is a welcome approach from an international actor with a reputation for glacial decision-making. However, early indications are that the new Commission’s approach to international cooperation will be strongly driven by security concerns. This risks not only undermining international aid effectiveness principles that the EU and its member states have signed up to. It also risks compromising the core ideal of the European project, namely that the EU should be a force for sustainable peace in a troubled world, and that it should pursue this objective via civilian, rather than military, means.

Securitization – which on one hand means treating policy issues that are not ostensibly security-related as threats, and on the other using resources that have been allocated for non-security purposes for alleviating perceived threats – has been growing in importance in EU external relations for several years. Migration is the most obvious policy area where this has been happening. Persistent narratives portray migrants and refugees as threats to European security, economic wellbeing and culture. Development aid has been diverted into financing migration management initiatives where access to EU funds has been made conditional on border controls and readmitting migrants.

The mission letters in which von der Leyen outlined the Commissioners’ responsibilities indicate that this trend is likely to persist in the next five years. The letter to Borrell prioritises the formation of a European Defence Union, but does not mention the EU’s role as a civilian peacebuilder, where the High Representative’s influence is potentially much greater. The letter to Urpilainen asks her to be ready to adapt bilateral funding to achieve the EU’s objectives in migration management. This would imply cutting aid to countries that do not cooperate, something the EU has not done to date. Lenarčič’s letter stresses the need to react to new and emerging threats, but does not prioritise international humanitarian aid principles.

Two key proposals for the EU’s next multiannual budget underpin the sense that balance is shifting away from civilian engagement for global peace, towards a more heavily securitised approach. The first is the proposal to create the European Peace Facility, an off-budget instrument for funding security cooperation with partner governments and regional organisations. Should this EUR 10.5 billion instrument go forward as proposed, it will be able to finance lethal equipment including weapons and ammunition. This would represent a major departure from the core ideal of the EU as a civilian power. Secondly, the proposals for the next EU budget envisage the integration of the EU’s EUR 2.3 billion Instrument contributing to Security and Peace into the new Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument. This has the potential to reduce the visibility of the EU’s civilian peacebuilding dimension.

In spite of these trends, supporters of the EU’s potential as a global, civilian peace actor can try to keep some key issues on the agenda. Most urgent is the need for strong safeguards on the European Peace Facility, prohibiting the financing of arms for the security services of partner countries. The European Parliament has a key oversight role to play in this regard. More generally, the civilian dimension of EU peace support and crisis response policy needs strengthening against the trend towards military cooperation. The process of negotiating and drafting an EU strategy for conflict prevention and peacebuilding, emphasising mediation and civilian cooperation with partners, would make the EU and its member states discuss these issues openly. A related measure could be the creation of a dedicated Council working group on conflict prevention and peacebuilding. The fact that a resolution calling for this went through the European Parliament in March indicates that there is demand, if the political will can be found. Finally, the drift towards securitised aid will not be halted easily. EU and member state decision-makers must respect international aid effectiveness principles, especially partner ownership, mutual accountability and transparency, when financing migration management initiatives or capacity building with partner country security services.

More Information

Source: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), The Current Column of 28 October 2019[:de]

Die neue Europäische Kommission nimmt weiter Gestalt an. Das Team um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird jedoch frühestens am 1. Dezember formell seine Tätigkeit aufnehmen. Vier Mitglieder der Kommission werden für die EU-Außenbeziehungen zuständig sein. Diese vier sind Josep Borrell aus Spanien als Hoher Vertreter für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik, die Finnin Jutta Urpilainen, Kommissarin für Internationale Partnerschaften, ein (noch zu bestätigender) Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterung und Janez Lenarčič aus Slowenien für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement.

Von der Leyen hat angekündigt, dass ihr Team eine „geopolitische“ Kommission mit einer starken strategischen Ausrichtung in der Außenpolitik sein werde. Grundsätzlich ist dies ein begrüßenswerter Ansatz, ist die EU bisher doch für ihre langwierigen und bürokratischen Entscheidungsprozesse bekannt. Es gibt jedoch frühe Hinweise darauf, dass der Ansatz der neuen Kommission gegenüber der internationalen Zusammenarbeit auch stark von Sicherheitsaspekten geprägt sein wird.

Das Phänomen der Versicherheitlichung – welches bedeutet, dass einerseits politische Fragen, die keinen vordergründigen Sicherheitsbezug haben, als Sicherheitsfragen behandelt und andererseits Mittel für die Abwehr wahrgenommener Bedrohungen eingesetzt werden, die eigentlich nicht für sicherheitspolitische Zwecke vorgesehen sind – gewinnt in den Außenbeziehungen der EU seit einigen Jahren an Bedeutung. Besonders deutlich wird dies auf dem Gebiet der Migrationspolitik. Narrative, die Migranten und Geflüchtete als Bedrohung für die Sicherheit, den Wohlstand und die Kultur Europas porträtieren, halten sich hartnäckig. Entwicklungshilfegelder werden zur Finanzierung von Initiativen zur Migrationssteuerung eingesetzt, in denen der Zugang zu EU-Mitteln von Grenzkontrollen und der Rücknahme von Flüchtlingen abhängig gemacht wird.

Die Mission Letters, in denen von der Leyen die Aufgaben der Kommissare beschreibt, weisen darauf hin, dass sich daran auch in den nächsten fünf Jahren wenig ändern dürfte. Im Schreiben an Borrell wird der Schaffung einer Europäischen Verteidigungsunion eine hohe Priorität eingeräumt; die Rolle der EU als zivile Friedensstifterin, auf die der Hohe Vertreter wesentlich mehr Einfluss nehmen könnte, findet jedoch keine Erwähnung. Im Schreiben an Urpilainen wird diese aufgefordert, die Mittel der Entwicklungshilfe im Zweifelsfall anzupassen, um die Ziele der EU im Bereich der Migrationssteuerung zu erreichen. Dies würde bedeuten, dass die Mittel für Länder gekürzt werden könnten, die in diesem Bereich nicht (ausreichend) kooperieren.

Zwei zentrale Vorschläge für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU verstärken den Eindruck, dass sich das Gleichgewicht von zivilem Engagement für den Weltfrieden zugunsten eines ausgesprochen sicherheitslastigen Ansatzes verschiebt. Der erste Vorschlag betrifft die Schaffung der Europäischen Friedensfazilität, eines außerbudgetären EU-Fonds zur Finanzierung der Sicherheitszusammenarbeit mit Partnerregierungen und regionalen Organisationen. Wenn der 10,5 Millionen Euro schwere Fonds genehmigt wird, könnten damit die Bereitstellung von Waffen und Munition durch die EU finanziert werden. Dies würde eine erhebliche Abkehr vom Kerngedanken der EU als Zivilmacht bedeuten. Zweitens sehen die Vorschläge für den nächsten EU-Haushalt die Aufnahme des 2,3-Milliarden-Instruments für Sicherheit und Frieden in das neue Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit der EU vor. Diese Maßnahme könnte die Dimension der zivilen Friedensförderung durch die EU weniger sichtbar machen.

Unterstützer der EU als globale Stimme für den Frieden können sich trotzdem dafür einsetzen, dass einige Schlüsselfragen auf der Agenda bleiben. Am wichtigsten ist kurzfristig gesehen die Einrichtung strenger Auflagen für die Europäische Friedensfazilität, um die Lieferung von Waffen in autoritäre und instabile Partnerländer zu verhindern. Daneben muss die zivile Dimension der Friedensförderung und Krisenbewältigung durch die EU gestärkt werden. Eine solche Stärkung könnte angestoßen werden durch die Ausarbeitung einer EU-Strategie für Konfliktprävention und Friedensförderung mit einem besonderen Schwerpunkt auf Mediation und ziviler Konfliktbearbeitung. Eine weitere Maßnahme wäre die Einrichtung einer eigenen Ratsarbeitsgruppe für Konfliktprävention und Friedensförderung. Die Verabschiedung eines entsprechenden Beschlusses im Europäischen Parlament im März spricht dafür, dass eine Nachfrage nach diesen Maßnahmen vorhanden ist, wenn der politische Wille unter den Mitgliedstaaten gefunden werden kann. Zu guter Letzt sollten die Prinzipien zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit eingehalten werden, vor allem im Hinblick auf Eigenverantwortung der Partner, gegenseitige Rechenschaftspflicht und Transparenz, wenn es darum geht, Initiativen zur Migrationssteuerung oder den Kapazitätsaufbau von Sicherheitskräften in den Partnerländern zu finanzieren.

Mehr Informationen

Quelle: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne vom 28.10.2019[:]