FEMNET: Firmencheck 2019 der Clean Clothes Campaign

Nach fünf Jahren hat die Clean Clothes Campaign (CCC) erneut 45 Unternehmen, darunter 11 deutsche, angeschrieben und sie befragt, welche Schritte sie unternommen haben, damit ihre Lieferanten einen existenzsichernden Lohn zahlen. Das ernüchternde Ergebnis: keines der elf deutschen Unternehmen stellt sicher, dass seine Lieferanten einen existenzsichernden Lohn zahlen. Bei den elf deutschen Unternehmen handelt es sich um: Adidas, Aldi, Esprit, Hugo Boss, KiK, Lidl, Otto Group, P&C, Puma, Tchibo, Zalando, wobei vier davon (Lidl, Otto, Peek & Cloppenburg, Zalando) auf den Fragebogen nicht reagiert haben, weshalb auf allgemein veröffentlichte Daten in diesen Fällen zurückgegriffen wurde.

Die Befragung erbrachte im Einzelnen folgende Ergebnisse:

  1. Transparenz (Offenlegung der direkten Lieferanten): Hier gibt es eine positive Entwicklung. Immerhin legen sieben Unternehmen ganz (Adidas, Aldi, Esprit) oder teilweise (Hugo Boss, Lidl, Puma, Tchibo) ihre Lieferanten offen. Dies ist u.a. ein Ergebnis der Kampagne der CCC vor einem Jahr, dem sog. „Transparency Pledge“, als wir die Unternehmen öffentlich wirksam aufgefordert haben, ihre Lieferanten zu veröffentlichen. Dem folgten damals, Aldi, Hugo Boss, Lidl und Tchibo, die anderen Unternehmen hatten ihre Lieferanten schon vorher veröffentlicht wie es inzwischen auch andere große Unternehmen (C&A, Primark, H&M) tun. Bisher bezieht sich die Veröffentlichung auf die Konfektionäre und meistens noch nicht die Lieferkette hinunter, aber immerhin ein erster Schritt ist gemacht.
  2. Verpflichtung zur Gewährleistung eines existenzsichernden Lohns: Tchibo hat sich hierzu öffentlich verpflichtet, die meisten anderen Unternehmen haben dies nur teilweise getan. Otto, P&C und Zalando haben sich nicht öffentlich zu Existenzlöhnen bekannt.
  3. Geht es um die Frage der Umsetzung, so hat nur Tchibo als einziges Unternehmen und dies nur in Ansätzen berechnet, ob der gezahlte Preis an den Lieferanten überhaupt erlaubt, dass dieser existenzsichernde Löhne an seine Beschäftigten zahlt. Alle anderen Unternehmen haben keinerlei Berechnungen durchgeführt, was auf ein geringes Interesse an einer Umsetzung hindeutet nach dem Motto: viel reden, nichts tun.
  4. Auch auf die Frage nach der Strategie zur Einführung eines Existenzlohns konnte kein deutsches Unternehmen konkrete Schritte vorweisen. Ansätze gab es bei sechs Unternehmen (Aldi, Esprit, Hugo Boss, KiK, Tchibo, Zalando), die ihre Beteiligung an der ACT-Initiative anführten. ACT ist eine Initiative, die versucht, zwischen globalen Marken und Gewerkschaften Tariflohnverhandlungen in ausgewählten Ländern zu initiieren. In diesem Prozess verpflichten sich die Marken zur Einhaltung bestimmter Einkaufspraktiken. Bisher war sie allerdings noch in keinem Land erfolgreich. Die anderen fünf deutschen Unternehmen (Adidas, Lidl, Otto, P&C, Puma) konnten keinerlei Schritte vorweisen, die Verpflichtung zu einem Existenzlohn ist reines Lippenbekenntnis.
  5. Andere Schritte hin zu Existenzlöhnen könnten darin bestehen, die Lieferanten anzuweisen, gewerkschaftliche Aktivitäten vor Ort zuzulassen bzw. Aufträge nur an diejenigen zu vergeben, die eine pro-aktive Haltung gegenüber Gewerkschaften einnehmen. Auch sollten Markenfirmen und Modeunternehmen rechtsverbindliche, durchsetzbare Vereinbarungen mit Beschäftigtenvertretungen aushandeln und unterzeichnen. Kein Unternehmen unternimmt einen dieser Schritte.

Fazit: Die Absichtserklärungen der meisten Modehäuser sehen nur auf dem Papier gut aus. Trotz gegenteiliger Versprechungen stellt immer noch keine einzige der analysierten Firmen sicher, dass ihre Näherinnen einen existenzsichernden Lohn erhalten, sie haben nicht einmal eine Strategie, die dahin führen könnte.


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Quelle: Pressemitteilung FEMNET e.V., 09.10.2019