UNESCO-Weltbildungsbericht 2019 veröffentlicht

Der UNESCO-Weltbildungsbericht (Global Education Monitoring Report) evaluiert die Fortschritte weltweit bei der Umsetzung der Bildungsagenda 2030, die als integraler Bestandteil der sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs) im September 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Regierungen weltweit haben sich verpflichtet, die Globalen Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Das Bildungsziel der Agenda lautet: “Bis 2030 für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sicherstellen sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen fördern.” Die UNESCO koordiniert die Umsetzung dieses Ziels und ist für das Monitoring verantwortlich. Der Weltbildungsbericht erscheint jährlich.

UNESCO-Weltbildungsbericht 2019

Unter dem Titel „Migration, Flucht und Bildung: Brücken bauen statt Mauern“ befasst sich der UNESCO-Weltbildungsbericht 2019 mit den Wechselwirkungen und Zusammenhängen von Migration, Flucht und Bildung. Das Autorenteam untersucht, inwiefern Geflüchtete und Migranten Zugang zu inklusiver, chancengerechter und hochwertiger Bildung haben und welche Bedeutung dies hat – sowohl für sie selbst als auch für die Gemeinschaften, die sie aufnehmen.

Viele Länder schließen Geflüchtete aus Bildungssystemen aus

Über die Hälfte der weltweit geflüchteten Menschen ist unter 18 Jahre alt. Doch die Analysen des Autorenteams des Weltbildungsberichts zeigen, dass viele Länder diese Kinder und Jugendlichen aus ihren nationalen Bildungssystemen ausschließen. Geflüchtete Kinder und Jugendliche haben in den letzten zwei Jahren insgesamt 1,5 Milliarden Schultage verpasst. Asylsuchende Kinder, die in Ländern wie Australien, Ungarn, Indonesien, Malaysia und Mexiko in Lagern leben, haben allenfalls nur eingeschränkten Zugang zu Bildung. Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch, burundische Flüchtlinge in Tansania, Karen-Flüchtlinge in Thailand und viele afghanische Flüchtlinge in Pakistan besuchen nur separate und zum Teil nicht anerkannte Schulen. Auch bieten einige dieser Aufnahmeländer Geflüchteten keine Sprachkurse an, die sie für eine soziale Integration und gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt dringend benötigen.

Das Autorenteam beschreibt aber auch Fortschritte: Acht der zehn Länder mit den meisten Geflüchteten haben deutliche Fortschritte bei der Integration von Flüchtlingen in die nationalen Bildungssysteme gemacht, darunter einkommensschwache Länder wie Tschad, Äthiopien und Uganda.

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sind noch immer benachteiligt

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in Ländern mit hohem Einkommen ist zwischen 2005 und 2017 von 15 Prozent auf 18 Prozent gestiegen. Trotzdem werden sie in der Bildung noch immer benachteiligt.

2017 haben in der Europäischen Union doppelt so viele im Ausland geborene Kinder und Jugendliche die Schule früher verlassen, als die im Land Geborenen. Schülerinnen und Schüler der ersten Zuwanderungsgeneration sind in den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weiterhin benachteiligt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Grundkenntnisse in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erwerben, ist 32 Prozent geringer als bei im Land Geborenen.

Entwicklungen in Deutschland

Das Autorenteam des Berichts hebt die vielfältigen Maßnahmen bei der Integration von Geflüchteten und Migranten in Deutschland positiv hervor. Besonders gelobt wird die Sprachförderung von Geflüchteten in Deutschland: Deutschland hat seine Mittel hier aufgestockt und stellt unter anderem zusätzlich 800 Millionen Euro für den Zeitraum 2016-2020 für die sprachliche Bildung in Kindertagesstätten durch den Bund zur Verfügung. Der Weltbildungsbericht unterstreicht auch, dass Deutschland weltweit herausragt bei der Anerkennung der beruflichen Qualifikationen von Flüchtlingen und Migranten. Die Bundesregierung hat im Jahr 2012 das Anerkennungsgesetz beschlossen, das die Anerkennung oder Teilanerkennung ausländischer Berufsqualifikationen unabhängig vom Aufenthaltsstatus oder der Staatsangehörigkeit ermöglicht.

Das Autorenteam sieht jedoch auch Verbesserungsbedarf bei der Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem, zum Beispiel beim gemeinsamen Lernen. Aus dem Weltbildungsbericht geht hervor, dass 30 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen unter 16 Jahren in Deutschland in Sonderprogrammen außerhalb von Regelschulklassen untergebracht wurden. Fast 85 Prozent der über 16-jährigen unbegleiteten Minderjährigen besuchten Sonderklassen.

Manos Antoninis, Direktor des Weltbildungsberichts, erklärt: „Separierende Maßnahmen in Ländern mit hohem Einkommen von Frankreich bis Österreich und Deutschland verstärken die Benachteiligung von Einwanderern und Flüchtlingen weiter. Es hat keinen Vorteil, Einwanderer oder Flüchtlinge unterschiedlich zu behandeln. Deutschland ist stark in vielen anderen Bereichen. Das gemeinsame Lernen aller muss die nächste Aufgabe sein, der sich das Land stellt.“

Das Autorenteam des UNESCO-Weltbildungsberichts fordert:

  1. den Schutz des Rechts auf Bildung von Migranten und Geflüchteten zu gewährleisten,
  2. die Einbindung von Migranten und Geflüchteten in nationale Bildungssysteme zu sichern,
  3. die Bildungsbedürfnisse von Migranten und Geflüchteten zu erfassen und in die Planung einzubeziehen,
  4. die Geschichte von Migration und Flucht im Unterricht richtig darzustellen, um Vorurteile zu hinterfragen,
  5. Lehrkräfte von Migranten und Geflüchteten auf Vielfalt vorzubereiten,
  6. das Potenzial von Migranten und Geflüchteten zu nutzen,
  7. Bildung von Migranten und Geflüchteten in der humanitären und Entwicklungshilfe zu unterstützen.

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Quelle: Pressemitteilung Deutsche UNESCO-Kommission e.V., 27.02.2019