EUROSOLAR: Die Energiewende regional gestalten

EUROSOLAR warnt vor weiteren verlorenen Jahren in Deutschland und fordert einen beschleunigten Ausstieg aus der Braunkohleverstromung // Erneuerbare Energien sind die günstigste verfügbare Energiequelle und Bedingung für eine nachhaltige, umwelt- und sozialverträgliche Modernisierung der deutschen Wirtschaft

Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen ist mittlerweile billiger als der Betrieb bestehender fossiler und nuklearer Kraftwerke. Diese Entwicklung ist nicht den seit 2015 eingeführten Ausschreibungsverfahren zu verdanken, sondern der breiten Einführung Erneuerbarer Energietechnologien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Durch die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen konnten in Deutschland und weltweit Massenmärkte etabliert und damit beispiellose technologische Entwicklungen in Gang gesetzt werden, die zu schnell sinkenden Preisen führten. Im Zusammenspiel mit Wasserkraft, Bioenergie, Solar- und Geothermie sowie dezentralen Flexibilitätsoptionen lässt sich aus heutiger Sicht bereits bis 2035 ein verlässliches, dezentrales, kostengünstiges und zu 100 Prozent erneuerbares Energiesystem realisieren, wenn EEG und Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) nach den Eckpunkten einer Neuen Energiemarktordnung (NEMO) gestaltet werden.

Konkrete Forderungen an die Kohleausstiegskommission

Die vereinbarte Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ hat die Verantwortung, längst überfällige und weitreichende Empfehlungen für einen verbindlichen Kohleausstieg vorzulegen. Doch bereits vor dem eigentlichen Start der Kommission wird das Ziel einer umweltverträglichen Energieversorgung gegen die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Regionen ausgespielt, obwohl die Energiewende weit mehr Jobs, regionale Wertschöpfung und Zukunftsperspektiven schafft, als es die konventionellen Energien je vermocht haben.

EUROSOLAR Deutschland fordert daher, den Ausstieg aus der Braunkohle bereits vor dem Jahr 2030 ab jetzt innerhalb eines Jahrzehnts zu vollenden und einen schnellen Übergang zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien bei Strom, Wärme und Verkehr bis zum Jahr 2035 zu ermöglichen. Dafür müssen mindestens die 20 ältesten Braunkohlekraftwerke (8,4 GW) noch vor dem Jahr 2020 stillgelegt werden und ein konkreter Abschaltplan für die verbleibenden Braun- und Steinkohlekapazitäten vereinbart werden. Zudem dürfen keine weiteren Subventionen mehr in die Taschen der Kohlekonzerne fließen und es bedarf eines umgehenden Verbots des Neubaus von Kohlekraftwerken.

„Braunkohleverstromung ist die ineffizienteste und unflexibelste Energieerzeugungsart in Deutschland und muss nach dem Ausstieg aus der Atomkraft als nächstes eingestellt werden. Bereits jetzt belastet die unflexible Kohleverstromung die Netze und gefährdet die Umstellung des Energiesystems. Das Ziel muss sein, die Phase eines teuren Parallelbetriebs atomar-fossiler Kraftwerke und Erneuerbarer Energien so kurz wie möglich zu halten“, betont EUROSOLAR-Vizepräsident und Mitglied des Hessischen Landtags Stephan Grüger.

EUROSOLAR fordert einen anpackenden Energieumstieg, der Arbeit, Einkommen und Wohlstand in den betroffenen Regionen schafft und sozialverträglich gestaltet wird. „Das geht nur mit einem Investitionsschub in Erneuerbare Energien, um Wertschöpfung in den Energieregionen Lausitz und Niederrhein zu erhalten und auszubauen“, erklärt EUROSOLAR-Vizepräsident Dr. Fabio Longo.

Energieregionen erhalten: Arbeitsplätze und Energiewende durch regionale Sonderausschreibungen realisieren

EUROSOLAR setzt sich für groß angelegte regionale Sonderausschreibungen für Windenergie an Land und Solarfreiflächenanlagen in der Lausitz und am Niederrhein im ganzen nächsten Jahrzehnt ein. Diese Sonderausschreibungen müssen auf die betroffenen Regionen und zusätzlich auf die Verhältnisse in den Konversionsgebieten der ehemaligen Tagebaue zugeschnitten und daraus 100%-erneuerbare Infrastrukturpläne für die Region entwickelt werden. Dadurch werden Lausitz und Niederrhein als Energieregionen erhalten, der Verlust an Arbeitsplätzen mehr als ausgeglichen und gleichzeitig die Energiewende beschleunigt. Das klappt nur mit neuen Konzepten zur Sanierung und zur energetischen Wiedernutzbarmachung ehemaliger Bergbauflächen, z.B. indem Abraumhalden für die Solar- und perspektivisch für die Windenergienutzung vorbereitet werden sowie auf den entstehenden Bergbauseen außerhalb der touristisch und zur Naherholung genutzten Bereichen schwimmende Solaranlagen installiert werden. Zusätzlich sollte die geplante Etablierung einer deutschen Batteriezellenproduktion in der Lausitz angesiedelt werden. Begleitet werden muss der Strukturwandel von umfangreichen Programmen der regionalen Wirtschaftsförderung – mit dem Fokus auf den Erhalt der Energieregionen. Der Braunkohleausstieg ist durch umfangreiche Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote sowie großzügige Renteneintrittsregelungen für ältere Beschäftigte ohne betriebsbedingte Kündigungen realisierbar.

EUROSOLAR-Präsident Professor Peter Droege fasst die Lage aus gesamteuropäischer Sicht zusammen und bezeichnet die Politik der Bundesregierung als ‚kaschierten Trumpismus’: nämlich ungeniert die Zerstörung der deutschen Vorreiterrolle in erneuerbaren Zukunftstechnologien in Kauf zu nehmen, nur um das atomar-fossile Geschäftsmodell künstlich um einige Jahre zu verlängern. Er bezeichnete es als unverantwortlich, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Forschung sowie hunderttausende hochwertige Arbeitsplätze einem kurzsichtigen Protektionismus zugunsten der fossilen und atomaren Industrien zu opfern, die bereits Ende des 20. Jahrhunderts Auslaufmodelle waren. „Den Erneuerbaren gehört die Gegenwart und die Zukunft und unsere soziale Marktwirtschaft wird davon profitieren“, so Droege.

Quelle: Pressemitteilung EUROSOLAR – Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien e.V., 30.05.2018