DIE: Constellations of State Fragility – Neue Online-Datenbank visualisiert Leistungsfähigkeit von Staaten

Eine neue Online-Datenbank visualisiert die Leistungsfähigkeit, Legitimität und Autorität von 171 Staaten weltweit: Damit bietet Constellations of State Fragility auf www.statefragility.info Journalisten eine Recherchequelle für verschiedene Typen fragiler Staatlichkeit – vom Grad der Sicherstellung öffentlicher Dienstleistungen bis zum Ausmaß an staatlicher Unterdrückung in einem Land. Die Entwicklungen der Länder in den vergangenen Jahren werden auf frei nutzbaren Karten und Graphen visualisiert. Entwickelt wurde die Datenbank am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

Die neue Online-Datenbank Constellations of State Fragility zeigt, wie sich 171 Staaten weltweit in den Jahren von 2005 bis 2015 hinsichtlich dreier staatlicher Kernfunktionen entwickelt haben: staatliche Leistungsfähigkeit, Autorität und Legitimität. Für jede dieser staatlichen Funktionen hat ein Team aus Politikwissenschaftlern und Ökonomen des DIE für jedes Land und jedes Jahr eine Bewertung errechnet: Dazu haben die Forscher Indikatoren wie beispielsweise die Kindersterblichkeitsrate (für die Leistungsfähigkeit), Flucht (für die Legitimität) oder Gewaltverbrechen (für die Durchsetzungsfähigkeit) kombiniert. Die Indikatoren-Daten stammen aus frei verfügbaren Datensätzen von Nichtregierungsorganisationen, internationalen Organisationen und Forschungseinrichtungen.

Beispielländer und ihre Einstufung
Die Klassifizierung und interaktive Weltkarte erlauben auch solche Länder zu erkennen, die Probleme mit nur bestimmten staatlichen Kernfunktionen haben: Einige Staaten wie beispielsweise Brasilien sind dieser Analyse nach vor allem mit Gewalt und Kriminalität konfrontiert und weisen somit vorrangig Probleme auf, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen (Durchsetzungsfähigkeit oder Autoritätsdimension); andere Staaten wie beispielsweise Ghana bieten in dieser Betrachtung ihrer Bevölkerung nur sehr eingeschränkte öffentliche Dienstleistungen (Leistungsfähigkeit oder Kapazitätsdimension). Weiter wird z.B. China als Land mit geringer Legitimität klassifiziert, wie sich unter anderem aus Daten zu geringer Pressefreiheit ergibt (Legitimitätsdimension).

Diese Betrachtung der Einzelfunktionen erlaubt, auch unterschiedliche Fragilitätsmuster zwischen Staaten zu erkennen, die lineare Rankings wie der Fragile States Index nicht weiter unterscheiden und in einem Mittelfeld listen. Als dysfunktional (dysfunctional) werden Länder klassifiziert, wenn sie alle drei Kernfunktionen nur schwach erfüllen, so wie Syrien. Die meisten europäischen Staaten zeigen hohe Werte in allen drei Kernfunktionen und werden als gut-funktionierend (well-functional) klassifiziert.

Frei nutzbare Karten, Graphen und Rohdaten zum Download
Die neue Online-Datenbank und ihre interaktive Weltkarte erlauben, Karten und Grafiken zu den Entwicklungen der 171 Länder seit 2005 und bis 2015 herunterzuladen. Auch können die Rohdaten exportiert werden. Alle Materialien können frei für Veröffentlichungen verwendet werden (Creative Commons Lizenz CC-BY-4.0).

Recherchequelle für fragile Staatlichkeit – und ihre Effekte wie Migration
Die Datenbank bietet sich Journalisten auch als Recherchequelle für Themen an, auf die sich fragile Staatlichkeit auswirkt – wie die Entwicklungszusammenarbeit, gewaltsame Konflikte oder die globalen Nachhaltigkeitsziele. Projektleiter Jörn Grävingholt, Leiter des Projekts am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), verdeutlicht dies am Thema Migration:

“Uns interessiert, ob sich bestimmte risikohafte Entwicklungen aus bestimmten Mustern fragiler Staatlichkeit ergeben. Nehmen wir das Beispiel Flucht und Migration: Können wir einen Zusammenhang zwischen Fluchtbewegungen und bestimmten Mustern fragiler Staatlichkeit erkennen?”

Produktion und Finanzierung:
Die Datenbank und das Online-Tool wurden im Forschungsprogramm Politische Ordnung, Werte und Frieden des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit entwickelt.

Die wichtigsten Fakten:

  • www.statefragility.info – Online-Datenbank und -Visualisierung
  • 171 Länder
  • sechs Länder-Typen: low-authority, low-capacity, low-legitimacy, well-, semi- and dysfunctional
  • Messung dreier Kernfunktionen von Staaten: Leistungsfähigkeit (capacity), Legitimität (legitimacy), Autorität (authority)
  • zehn Indikatoren, z.B.: Kindersterblichkeitsrate, Gewaltverbrechen, Flucht
  • Daten der Jahre 2005 bis 2015, jährliche Updates vorgesehen
  • Downloads von Karten, Graphen und Rohdaten für eigene Publikationen
  • kostenfrei
  • richtet sich an Forscher, Journalisten, Entscheider und Praktiker
  • ein Projekt des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn
  • Details zum theoretischen Hintergrund und zur Methodik: https://www.die-gdi.de/statefragility/explainer.html
  • mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit
  • Sprache: Englisch

Beteiligte Wissenschaftler:

  • Jörn Grävingholt – Projektleiter, Politikwissenschaftler, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
  • Sebastian Ziaja – Politikwissenschaftler, Assoziierter Wissenschaftler des DIE; Postdoktorand am Research Center for Distributional Conflict and Globalization, Universität Heidelberg
  • Constantin Ruhe – Politikwissenschaftler, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Videos:

Video-Tutorial zu Funktionen des Tools und seiner Bedienung:
https://youtu.be/qZSGWXz-geM

Erklärvideo zur Entwicklung und Nutzung der Datenbank:
https://youtu.be/JrUpGHGJIE

Quelle: Mitteilung German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 20.03.2018