Rat für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit kann man lernen

Rund zwei Jahre ist es her, dass die Weltgemeinschaft die Sustainable Development Goals verabschiedet hat. In der Bildung sind sie immer noch nicht ausreichend verankert. Das zeigt eine neue Studie. Von Good-Practice-Beispielen lässt sich aber lernen, wie nachhaltige Entwicklung erklärt werden kann.

Jeder kann das Klima der Erde beeinflussen. Das zeigt das „World Future Lab“, eine interaktive Ausstellung im Klimahaus Bremerhaven 8° Ost. Besucher können in Echtzeit auf einer leuchtenden Erdkugel mit imposanten 3,20 Metern Durchmesser sehen, was es der Welt bringt, wenn sie sich entscheiden, Strom zu sparen oder die Wirtschaft neu zu denken. Wer sich zum Beispiel an einer der acht Spielstationen für den Handel mit nachhaltigem Kaffee entscheidet und sich dafür auch noch mit anderen Spielern vernetzt, bewahrt eine Südseeinsel vor der Überflutung durch einen ansteigenden Meeresspiegel.

Es ist die „in Deutschland wohl detaillierteste interaktive Simulation klimarelevanten Verhaltens“, erklärt Carmen Fuseler vom Klimahaus. Und es sei „ein Projekt, das vorlebt, wie sich nachhaltige Entwicklung erklären und verstehen lässt“, sagt Georg Müller-Christ. Der Bremer Universitätsprofessor ist Mitglied der Nationalen Plattform zur Umsetzung des Weltaktionsprogramms Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Im Auftrag des Rates für Nachhaltige Entwicklung hat er die „Studie zur Umsetzung der SDGs im deutschen Bildungssystem“ mit verfasst. Die Autoren sind der Frage nachgegangen, wie sehr die Sustainable Development Goals, die 17 von den Vereinten Nationen im Jahre 2015 verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele, bereits vermittelt werden und sich verbreitet haben. Die Studie schließt Handlungsempfehlungen für die betrachteten Bildungsbereiche und die Politik.

Das Ergebnis: „Es gibt einen Schwung und beeindruckende Beispiele, wie die Nachhaltigkeitsziele ansprechend behandelt werden können“, sagt Müller-Christ. „Diese sind wichtig, denn selbstverständlich ist es noch nicht, dass gelehrt wird, vor welchen Herausforderungen die Menschheit steht.“ Das gelte von den Kindergärten, in denen etwa auf Rücksicht, Verantwortung und Umsicht geachtet werden solle, bis zu Berufsschulen, in denen gelehrt werde müsse, was eine zukunftsfähige Wirtschaft ausmache. Genauso gebe es in Hochschulen, die eigentlich offen seien dafür, „alle SDGs zu berücksichtigen“ noch ein „riesiges Potenzial“.

Die Wissenschaftler haben Experten interviewt, sie haben die Webseiten von Bildungsinstitutionen analysiert, Akteure auch online befragt. Was passiert zum Beispiel genau in den Schulen und Bildungsverwaltungen? Von den insgesamt 44.000 Schulen in Deutschland setzten, rechnen die Studienautoren vor, gerade einmal 1.500 einen Schwerpunkt mit Nachhaltigkeitsbezug, so dass sie sich etwa „Fairtrade-Schule“, „Umweltschule in Europa – Internationale Agenda 21 Schule“ oder „UNESCO-Projektschule“ nennen dürfen.

Müller-Christ fordert vor allem, die SDGs in den Lehrplänen der verschiedenen Bildungsbereiche zu verankern. Das sei „eine der größten politischen Einflussmöglichkeiten“. Denn machbar ist viel. Das zeigen die Good-Practice-Beispiele, die die Experten aufgelistet haben. Darunter etwa der „Chat der Welten“, in dem Gymnasiasten der siebten Klasse aus St. Georgen im Schwarzwald mit Schülern im kolumbianischen Medellin darüber debattierten, was sich tun lässt, um Energie oder Papier zu sparen.

Eine besondere Rolle käme außerschulischen, „informellen“ Lernorten zu, sagt Müller-Christ, denn dort könne sich niemand auf Programme und systematische Unterstützung verlassen. Das biete die Chance, dass die „Überzeugungstäter, die in der Bildung für nachhaltige Entwicklung immer nötig sind, einfach starten und machen.“

Der gemeinnützige Verein „BildungsCent“ schlägt derweil eine Brücke zu den Schulen. Er begleitet ihre Nachhaltigkeitsprojekte, hat Klassen auch schon mal Klimaboxen vorbeigebracht, mit denen Schüler Energielecks aufspüren und zu Klimadetektiven werden können.

Einen Anspruch auf Vollständigkeit der Liste erheben die Studienautoren nicht. Um noch mehr gute Ansätze öffentlich zu machen, hat der Rat für Nachhaltige Entwicklung den Bildungswettbewerb für Nachhaltigkeit „Zukunft, fertig, los!“ ausgerufen. Wer mitmachen will, bewirbt sich bis zum 24. November. “Mit dem Wettbewerb wollen wir eine Bühne für gute Vorschläge geben, die das Thema Nachhaltigkeit nach vorne bringen und wie Konzepte konkret umgesetzt werden können”, sagt Dominik Naab im Interview, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Bundesjugendrings und Leiter der Jury des Wettbewerbs.

Quelle: Meldung Rat für Nachhaltige Entwicklung, 03.11.2017