Bonner Umwelt Zeitung: Rein in die Pedale – Radfahren in Bonn verlangt Obacht

Bonn hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2020 möchte es Fahrradhauptstadt von NRW werden, einen Titel, den zur Zeit die Stadt Münster beansprucht. Seit 2012 bemüht sich die Stadt daher das Leben für Fahrradfahrer angenehmer zu gestalten. Es werden zum Beispiel Fahrradstraßen ausgewiesen, es werden mehr Fahrradparkplätze errichtet, viele Einbahnstraßen dürfen neuerdings von Radlern in beiden Richtungen benutzt werden, Tourenvorschläge und Rallys für Kinder wurden ausgearbeitet. Dabei ist manches sinnvoll, manches wirkt jedoch wie blinder Aktionismus, von dem die Fahrradfahrer kaum profitieren.

Fahrradfahren hat viele Vorteile: Es ist gesund, wenn man nicht gerade an einer stark befahrenen Straße entlangradelt. Man spart das Geld für den Bus oder fürs Benzin. Es macht Spaß, wenn man sich einen landschaftlich reizvollen Weg ausgesucht hat. Darüber hinaus hilft man auch der Umwelt.

Dem stehen natürlich auch Nachteile gegenüber: An Hauptverkehrsstraßen atmet man die Schadstoffe der Autofahrer ein. Außerdem ist man, auch mit Helm, weniger gegen Zusammenstöße geschützt als ein Autofahrer. Auch Radwege sind nicht ungefährlich, besonders bei vielen Ein- und Ausfahrten wie auf der Kölnstraße. Autofahrer achten zu wenig auf Radfahrer. Teilweise liegt das an den Radlern selbst, da sie häufig die Verkehrsregeln missachten. Sie sind im Dunkeln oft ohne Licht unterwegs oder fahren in der falschen Richtung. Es müssten dringend mehr polizeiliche Kontrollen durchgeführt werden. In Bonn können sich die Radfahrer ziemlich sicher sein, dass sie trotz einer defekten Beleuchtung nicht angehalten werden. Gefährlich ist für Radfahrer auch schadhafter Bodenbelag. Nimmt man den Weg entlang der Bahn von Tannenbusch-Süd in Richtung Brühler Straße, dann fährt man über mehrere Aufwölbungen, die durch Baumwurzeln verursacht worden sind. Ist man im Dunkeln unterwegs und kennt die Strecke nicht, können lebensgefährliche Stürze die Folge sein. Kleinere Schäden kann man aber auch an vielen anderen Radwegen feststellen.

Bonn hat ein Radwegenetz von circa 300 km. Relativ ungefährlich sind die Fahrradwege entlang des Rheins. Am Wochenende, vor allem bei schönem Wetter, tummeln sich hier allerdings viele Ausflügler. Radler benutzen dann auch schon mal den Gehweg oder Fußgänger den Radweg. Manchmal steht auch nur ein gemeinsamer Weg zur Verfügung. Ohne gegenseitige Rücksichtnahme geht es hier nicht. Auch im Kottenforst kann man relativ gefahrlos fahren. Zuerst muss man aber ordentlich strampeln, um dorthin zu kommen. Wer dazu keine Lust hat, der kann sein Fahrrad mit dem Bus transportieren. Allerdings sind die Busse oft voll. Die Fahrkarte für ein Fahrrad kostet so viel wie die Fahrgastbeförderung selbst, zurzeit 2,80 €. Das ist schon ein stolzer Preis und motiviert nicht unbedingt zum umweltbewußten Verhalten.

Bis 2020 soll es 107 Fahrradstraßen in Bonn geben. In einer Fahrradstraße hat der Radfahrer Vorrang. Autofahrer und auch die Radler dürfen nicht schneller als 30 km/h fahren. Ein Beispiel ist der Florentiusgraben zwischen Oxfordstraße und Münsterstraße. Die Straße ist so eng, dass Autos ohnehin nicht schneller als 30 km/h fahren können. Will man an einem Autofahrer vorbei, so muss man anhalten. Auf das Anhalten von Autofahrern oder hier auch enorm vielen Taxifahrern, kann man lange warten. Die Fahrradstraße ist hier eine ganz besondere Konfliktzone. Da fragt man sich, welchen Vorteil der Vorrang für Radfahrer hier überhaupt hat. Taxifahrern sollte erlaubt sein, über die Thomas-Mann-Straße Richtung Sammelplatz am Hauptbahnhof zu fahren. Das würde beruhigen. Ähnlich ist das Problem bei Einbahnstraßen. Sie sollen teilweise für Fahrradfahrer in beide Richtungen geöffnet werden. In der Altstadt ist es aber oft so eng, dass man beim Vorbeifahren eines Autos gefährdet ist. Es kann daher besser sein abzusteigen.

Wo stelle ich mein Fahrrad ab, wenn ich einkaufen gehe oder mit der Bahn weiterfahren möchte? Am Bahnhof befindet sich die Radstation der Caritas. Hier können Fahrräder abgestellt, geliehen und repariert werden. Pendler, die die DB benutzen, können ihren Drahtesel dort sicher abstellen. Die Radstation befindet sich aber immer noch in einem Provisorium und soll in Zukunft in einem Studentenheim neben dem Bahnhof untergebracht werden, das eigentlich bis 2018 fertig gestellt sein sollte. Im Moment sieht es danach noch nicht aus. Am Bahnhof, aber auch an anderen Stellen in der Stadt sind weitere Abstellplätze errichtet worden. Sie sind leider schnell voll und reichen bei weitem nicht aus.

Seit 2012 wird regelmäßig ein Fahrradklimatest durchgeführt. Dabei werden die Bürger um ihre Meinung gebeten. Die Zufriedenheit hat seitdem nicht zugenommen. Es gibt also noch viel zu tun bis 2020.

Autorin: Claria Weber

Quelle: Bonner Umwelt Zeitung Januar/Februar 2017