DIE: Die 2030-Agenda ist beschlossen – jetzt wird sie umgesetzt

Am 25. September 2015 fiel schon um 11:46 Uhr New Yorker Zeit der Hammer: die 2030-Agenda war beschlossen. Die Delegierten des UN-Nachhaltigkeitsgipfels erhoben sich, klatschten, es wurde gejubelt. Dazu gab es eine Lightshow und Musik von Shakira – dieser emotionale Moment wurde inszeniert, ja, aber er überdauerte den gesamten Gipfel. Immer wieder konnte man Delegierte, Vertreter von UN-Organisationen und von Nichtregierungsorganisationen (NROs) hören, die an den Verhandlungen der letzten zwei Jahre teilgenommen hatten und nun einfach glücklich waren, dass es gelungen ist, diese Agenda zu beschließen.

Was haben die Staatsoberhäupter dazu in New York gesagt? Viele Vertreter kleiner und großer, armer und reicher Staaten betonten den engen Zusammenhang zwischen der Abschaffung der Armut und der Bekämpfung des Klimawandels. Die Präsidentin Kroatiens sprach als Erste. Sie stellte fest, dass der politische Rahmen für eine erfolgreiche 2030-Agenda erst dann vollständig sei, wenn in Paris ein anspruchsvolles Klimaabkommen beschlossen werde. Angela Merkel nannte die globale Dekarbonisierung als notwendigen Schritt. Ramendra Modi aus Indien begrüßte die Bedeutung, die in der 2030-Agenda Umweltzielen verliehen wird, insbesondere dem Klimaschutz, nachhaltigem Konsum und dem Schutz der Meere.

Die thematische Breite der Agenda erlaubte es vielen, die jeweils eigenen Entwicklungsziele mit ihr zu verknüpfen. So deutete sich auch bereits an, dass es schwierig werden kann, die Unteilbarkeit der Agenda durchzuhalten und Fortschritte auch bei den anspruchsvolleren und umstrittenen Zielen zu erreichen. Umso erfreulicher, dass viele Beiträge im Plenum und in den thematischen Parallelsitzungen auf die Wechselwirkungen zwischen ökonomischen, sozialen und umweltpolitischen Verbesserungen abhoben. So sagte Paula Caballero, die 2011 als Mitglied des kolumbianischen Außenministeriums den Vorschlag der Sustainable Development Goals (SDGs) entwickelt und in die Verhandlungen eingebracht hatte: „Wir sprechen jetzt nicht mehr über einzelne Entwicklungsergebnisse, sondern über neue Entwicklungspfade“. Kolumbien sieht die SDGs als gute Grundlage für die Friedenssicherung und gesellschaftliche Reformen im Land. 47 der 70 Vereinbarungen, die dem Friedensplan mit der Guerilla zugrundeliegen, decken sich mit den SDGs, und sind bereits in den nationalen Entwicklungsplan aufgenommen worden.

Während für Vertreter aus Entwicklungsländern die Anknüpfung an die 2030-Agenda auf der Hand lag – Entwicklung ist, was sie anstreben –, war es für reiche Länder noch nicht so einfach: Barack Obama erwähnte in seiner Rede am Sonntag zwar den Klimawandel als Bedrohung, im Zentrum seiner Rede stand aber die traditionelle Verpflichtung, global zur Armutsbekämpfung beizutragen und damit allen Menschen, allen Kindern zu ihren Rechten zu verhelfen. Damit vertrat Obama eher die klassische entwicklungspolitische Interpretation der Agenda, während Angela Merkel progressiv auftrat. Sie betonte klar die Universalität des Zielspektrums und damit auch die Veränderungen, die in reichen Ländern anstehen. Deutschland werde seine Nachhaltigkeitsstrategie im Sinne der 2030-Agenda fortentwickeln und sich damit bereits 2016 der internationalen Überprüfung stellen.

Deutschland und andere traditionelle Geber stellten auch Finanzierungsbeiträge in Aussicht. China, als Schwellenland, kündigte ebenfalls einen Fonds von zwei Mrd. USD für die Umsetzung der SDGs im Süden an sowie bis zu 12 Mrd. USD bis 2030 für die Kooperation mit den ärmsten Ländern. Indien will erfolgreiche Lösungen und eigene Ressourcen mit anderen Ländern teilen.

Die 2030-Agenda ist eine umfassende Entwicklungsagenda und gerade deshalb darf sie nicht nur als Auftrag an die Entwicklungspolitik verstanden werden. Sie erfordert eine neue Qualität der Kooperation nationaler Ministerien mit Blick auf binnen- und außenorientierte Politiken. Achim Steiner vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen ging einen Schritt weiter. Er forderte, die Märkte entschiedener als bisher zu regulieren, um soziale und ökologische Anforderungen zu erfüllen. Die schwedische Entwicklungsministerin sagte: „Entwicklungshilfe wird die Probleme nicht lösen – politische Lösungen sind gefragt, von uns allen“. Und der Aufbau von staatlichen Strukturen, von Rechtsstaatlichkeit und Frieden stünde im Zentrum der Agenda – nicht nur beim Monitoring.

Damit wurde deutlich, dass es der 2030-Agenda nicht um technische Lösungen oder um die Anpassung an ökologisch-ökonomische Sachzwänge gehen kann, sondern um die gesellschaftliche Aushandlung von tiefgreifender Veränderung. An Entwicklungsländer wird diese Forderung seit Jahrzehnten mit großer Selbstverständlichkeit gerichtet. Für Industrieländer ist dies neu: Sie sind eher daran gewöhnt, Reformen in guten Zeiten anzugehen, wenn genug Mittel vorhanden sind, um neue Programme zu finanzieren (und alte Programme weiterlaufen zu lassen, um die Verteilungskämpfe zu begrenzen). Das muss sich nicht nur in der Sozialpolitik, der Klima- und Energiepolitik ändern. Die 2030-Agenda fordert von ihnen, sich auch in der Handels- und Sicherheitspolitik an universellen Normen der Fairness und Chancengleichheit zu orientieren.

Den Artikel in der DIE Webseite lesen.

Den Text lesen.

Quelle: Scholz, Imme, Die aktuelle Kolumne vom 28.09.2015, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Am 25. September 2015 fiel schon um 11:46 Uhr New Yorker Zeit der Hammer: die 2030-Agenda war beschlossen. Die Delegierten des UN-Nachhaltigkeitsgipfels erhoben sich, klatschten, es wurde gejubelt. Dazu gab es eine Lightshow und Musik von Shakira – dieser emotionale Moment wurde inszeniert, ja, aber er überdauerte den gesamten Gipfel. Immer wieder konnte man Delegierte, Vertreter von UN-Organisationen und von Nichtregierungsorganisationen (NROs) hören, die an den Verhandlungen der letzten zwei Jahre teilgenommen hatten und nun einfach glücklich waren, dass es gelungen ist, diese Agenda zu beschließen.

Was haben die Staatsoberhäupter dazu in New York gesagt? Viele Vertreter kleiner und großer, armer und reicher Staaten betonten den engen Zusammenhang zwischen der Abschaffung der Armut und der Bekämpfung des Klimawandels. Die Präsidentin Kroatiens sprach als Erste. Sie stellte fest, dass der politische Rahmen für eine erfolgreiche 2030-Agenda erst dann vollständig sei, wenn in Paris ein anspruchsvolles Klimaabkommen beschlossen werde. Angela Merkel nannte die globale Dekarbonisierung als notwendigen Schritt. Ramendra Modi aus Indien begrüßte die Bedeutung, die in der 2030-Agenda Umweltzielen verliehen wird, insbesondere dem Klimaschutz, nachhaltigem Konsum und dem Schutz der Meere.

Die thematische Breite der Agenda erlaubte es vielen, die jeweils eigenen Entwicklungsziele mit ihr zu verknüpfen. So deutete sich auch bereits an, dass es schwierig werden kann, die Unteilbarkeit der Agenda durchzuhalten und Fortschritte auch bei den anspruchsvolleren und umstrittenen Zielen zu erreichen. Umso erfreulicher, dass viele Beiträge im Plenum und in den thematischen Parallelsitzungen auf die Wechselwirkungen zwischen ökonomischen, sozialen und umweltpolitischen Verbesserungen abhoben. So sagte Paula Caballero, die 2011 als Mitglied des kolumbianischen Außenministeriums den Vorschlag der Sustainable Development Goals (SDGs) entwickelt und in die Verhandlungen eingebracht hatte: „Wir sprechen jetzt nicht mehr über einzelne Entwicklungsergebnisse, sondern über neue Entwicklungspfade“. Kolumbien sieht die SDGs als gute Grundlage für die Friedenssicherung und gesellschaftliche Reformen im Land. 47 der 70 Vereinbarungen, die dem Friedensplan mit der Guerilla zugrundeliegen, decken sich mit den SDGs, und sind bereits in den nationalen Entwicklungsplan aufgenommen worden.

Während für Vertreter aus Entwicklungsländern die Anknüpfung an die 2030-Agenda auf der Hand lag – Entwicklung ist, was sie anstreben –, war es für reiche Länder noch nicht so einfach: Barack Obama erwähnte in seiner Rede am Sonntag zwar den Klimawandel als Bedrohung, im Zentrum seiner Rede stand aber die traditionelle Verpflichtung, global zur Armutsbekämpfung beizutragen und damit allen Menschen, allen Kindern zu ihren Rechten zu verhelfen. Damit vertrat Obama eher die klassische entwicklungspolitische Interpretation der Agenda, während Angela Merkel progressiv auftrat. Sie betonte klar die Universalität des Zielspektrums und damit auch die Veränderungen, die in reichen Ländern anstehen. Deutschland werde seine Nachhaltigkeitsstrategie im Sinne der 2030-Agenda fortentwickeln und sich damit bereits 2016 der internationalen Überprüfung stellen.

Deutschland und andere traditionelle Geber stellten auch Finanzierungsbeiträge in Aussicht. China, als Schwellenland, kündigte ebenfalls einen Fonds von zwei Mrd. USD für die Umsetzung der SDGs im Süden an sowie bis zu 12 Mrd. USD bis 2030 für die Kooperation mit den ärmsten Ländern. Indien will erfolgreiche Lösungen und eigene Ressourcen mit anderen Ländern teilen.

Die 2030-Agenda ist eine umfassende Entwicklungsagenda und gerade deshalb darf sie nicht nur als Auftrag an die Entwicklungspolitik verstanden werden. Sie erfordert eine neue Qualität der Kooperation nationaler Ministerien mit Blick auf binnen- und außenorientierte Politiken. Achim Steiner vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen ging einen Schritt weiter. Er forderte, die Märkte entschiedener als bisher zu regulieren, um soziale und ökologische Anforderungen zu erfüllen. Die schwedische Entwicklungsministerin sagte: „Entwicklungshilfe wird die Probleme nicht lösen – politische Lösungen sind gefragt, von uns allen“. Und der Aufbau von staatlichen Strukturen, von Rechtsstaatlichkeit und Frieden stünde im Zentrum der Agenda – nicht nur beim Monitoring.

Damit wurde deutlich, dass es der 2030-Agenda nicht um technische Lösungen oder um die Anpassung an ökologisch-ökonomische Sachzwänge gehen kann, sondern um die gesellschaftliche Aushandlung von tiefgreifender Veränderung. An Entwicklungsländer wird diese Forderung seit Jahrzehnten mit großer Selbstverständlichkeit gerichtet. Für Industrieländer ist dies neu: Sie sind eher daran gewöhnt, Reformen in guten Zeiten anzugehen, wenn genug Mittel vorhanden sind, um neue Programme zu finanzieren (und alte Programme weiterlaufen zu lassen, um die Verteilungskämpfe zu begrenzen). Das muss sich nicht nur in der Sozialpolitik, der Klima- und Energiepolitik ändern. Die 2030-Agenda fordert von ihnen, sich auch in der Handels- und Sicherheitspolitik an universellen Normen der Fairness und Chancengleichheit zu orientieren.

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Quelle: Scholz, Imme, Die aktuelle Kolumne vom 28.09.2015, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)