[:en]Wie effizient können sich Forschung und Praxis ergänzen? Inwiefern können Rahmenbedingungen für die Internationale Entwicklungszusammenarbeit verbessert werden? Anna Schwachula promoviert zur Zeit am interdisziplinären Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Uni Bonn und sucht nach Antworten auf diese Fragen.

In unserer Reihe “Die Zukunftsforscher – Junge Wissenschaftler forschen zur Nachhaltigkeit” stellen wir junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihre Arbeiten vor.

Haben Sie auch Interesse, Ihre Arbeit auf dem Bonn Sustainability Portal zu präsentieren? Dann schreiben Sie uns eine E-mail.


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Porträt: Anna Schwachula

Scientific cooperation for development? An analysis of BMBF policy, funding schemes and implemented projects within the ‘Research for Sustainability Programme’

Laufende Dissertation

Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn


Bonn Sustainability Portal: Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschungsarbeit/Abschlußarbeit?

Anna Schwachula: Ich promoviere zum Thema “Wissenschaft und Entwicklung”, also zur intragenerationellen Gerechtigkeit als Aspekt von nachhaltiger Entwicklung.

Wissenschaft und Forschung haben ein großes Potential, sich positiv auf soziale, ökonomische und ökologische Entwicklung auszuwirken. Deshalb forsche ich in meiner Dissertation zur deutschen Wissenschaftspolitik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung, und zwar speziell derjenigen, die darauf ausgelegt ist, die Wissenschaftskooperation zwischen Deutschland und Entwicklungs- und Schwellenländern zu stärken: Was sind die Hintergründe und Ziele der Politik? Wie entstehen die politischen Prioritäten und Förderprogramme? Soll durch Forschungskooperation die Entwicklung in den Partnerländern vorangetrieben werden? Und wie soll das geschehen? Welche Erwartung hat die Politik an die Auswirkungen der Forschungsprojekte?

Zum anderen setze ich mich auch mit Forschungskooperationsprojekten zwischen Deutschland und Entwicklungs- und Schwellenländern auseinander, die in BMBF-Programmen gefördert werden – also mit der Nachhaltigkeitsforschung in der Praxis. Hier untersuche ich vor allem, wie es Projekten gelingt, sich positiv auf Entwicklung auszuwirken. Welche Mechanismen nutzen Projekte, um Wissenschaft in die Praxis umzusetzen? Welche Art von Forschungsdesign braucht man dazu? Wie bindet man Partner vor Ort am besten ein? Welche Barrieren gibt es? Und wo bestehen Anknüpfungspunkte zur Entwicklungszusammenarbeit?

Um diese Fragen beantworten zu können, habe ich Interviews mit Experten aus dem BMBF, aus Forschungsprojekten und aus der Entwicklungszusammenarbeit geführt und außerdem den Alltag in zwei BMBF-geförderten Forschungsprojekten in Peru und Brasilien für je zwei Monate begleitet.

Welches ist die für Sie bis jetzt neueste / erstaunlichste Erkenntnis?

In den verschiedenen Interviews, die ich geführt habe, lässt sich erkennen, wie wenig sich Forschung, Entwicklung und Politik bisher berühren: Forscher haben oft keine Einsicht in Wirkungsweisen und Rahmenbedingungen der Entwicklungszusammenarbeit und können so Forschung nicht optimal für Entwicklung nutzbar machen. In der strategischen Gestaltung von Forschungsförderprogrammen zur Kooperation mit Entwicklungs- und Schwellenländer werden Akteure der Entwicklungszusammenarbeit bisher nicht systematisch einbezogen. Dagegen sind sich die entwicklungspolitischen Akteure und Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit der potentiellen Relevanz von Forschung und Forschungspolitik nicht bewusst.

Sehr positiv überrascht hat mich die Offenheit, mit der mir meine Interviewpartner – bis auf wenige Ausnahmen – begegnet sind. Mein Thema birgt in sich ja auch viele Ansatzpunkte für Kritik, sodass ich vom Interesse an Reflektion über Politikgestaltung bzw. über Forschungsansätze wirklich beeindruckt bin. Da meine Arbeit empirisch angelegt ist, ist diese Offenheit der Schlüssel zu neuen Erkenntnissen, und ich bin meinen Gesprächspartnern sehr dankbar für die Einblicke, die sie mir erlaubt haben.

Welchen praktischen Nutzen hat Ihre Arbeit?

Die meisten der Experten aus Politik, Wissenschaft und Entwicklungspraxis, die ich interviewt habe, sind sehr daran interessiert, später die Ergebnisse der Arbeit vorgestellt zu bekommen. Mein Thema scheint hier einen Nerv getroffen zu haben! Das große Interesse aus der Politik und Praxis motiviert mich sehr und hilft dabei, auch zähe Phasen im Prozess der Dissertation durchzustehen.

Neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Ergebnisse plane ich, auch praktische Empfehlungen für Politik und wissenschaftliche Praxis auszuarbeiten, und zwar dazu, wie man Förderprogramme bzw. Forschungsprojekte so anlegt, dass aus Forschung über Entwicklung Forschung für Entwicklung wird.

Was empfehlen Sie, was muß Ihrer Ansicht nach getan werden? Wo besteht weiterer Forschungsbedarf?

Derzeit berühren sich die drei Systeme „Entwicklung“, „Forschung“ und „Politik“ in der Praxis nur wenig, und die Schnittstellen werden auch nur wenig wissenschaftlich reflektiert. Eine umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen Forschung und Innovation; Entwicklung und Politik ist deshalb dringend notwendig.

Außerdem wird die Bedeutung von Forschungspolitik allgemein noch viel zu wenig wahrgenommen. Dabei werden hier Weichen für unsere Zukunft gestellt! Die Art und Weise wie wir forschen, zu welchen Technologien und Themen wir forschen und wer davon profitiert – darüber müsste in der Gesellschaft viel mehr diskutiert werden. Eine sehr begrüßenswerte Initiative zu dem Thema ist deshalb die Forschungswende, zu der sich verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen zusammengeschlossen haben. Hier finden sie eine Plattform, sich aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit mit Forschungspolitik auseinanderzusetzen.

 

Was ist Ihr ganz persönlicher Beitrag zur Nachhaltigkeit?

Ich glaube an die Verantwortung und die Macht des Einzelnen, etwas zu ändern – vor einigen Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass im Supermarkt Bioprodukte verkauft werden! Generell versuche ich, durch mein Konsumverhalten weder meinen Mitmenschen noch der Umwelt zu schaden: z.B. durch den Kauf von fair-gehandelten und biologisch angebauten Produkten,  aber auch durch eine vegetarische Lebensweise, den Verzicht auf unnötige Flugreisen und die Wahl eines Ökostromanbieters, um meinen CO2-Fussabdruck so klein wie möglich zu halten.

Zusammen mit ca. 80 anderen Bonnern bin ich seit Anfang des Jahres Teil der ersten Bonner „Solidarischen Landwirtschaft“, die uns mit nachhaltig und lokal erzeugtem Gemüse, Obst und Kräutern versorgt.

Unterstützt von „Bonn im Wandel“, der Transition-Initiative in Bonn, starten wir außerdem gerade am ZEF eine Initiative dazu, wie man Nachhaltigkeit und Entwicklung nicht nur erforscht, sondern auch in unserem alltäglichen Leben am Institut umsetzen kann.

Den Kontakt zu Frau Schwachula stellen wir gerne her. Bitte kontaktieren Sie uns hier.[:]