FEMNET | Nie wieder Rana Plaza: Nur ein verbindliches Gesetz kann Menschen entlang der Lieferkette schützen

Der schwerste Fabrikunfall in der Geschichte der Textilindustrie jährt sich diese Woche zum achten Mal. Im April 2013 wurden 1.135 Arbeiter*innen des Rana Plaza Gebäudes in Dhaka (Bangladesch) getötet und 2.438 verletzt. Noch heute leiden zahlreiche von ihnen unter den Folgen. Die Entschädigungszahlungen an Opfer und Hinterbliebene stehen in keinem Verhältnis zu dem Leid, dass diese Menschen erfahren mussten.

Als Antwort auf das Unglück wurde noch im gleichen Jahr der sogenannte ACCORD ins Leben gerufen – ein rechtlich verbindliches Abkommen, das für erhöhte Gebäudesicherheit (Statik, Elektrik und Brandschutz) sorgte, über 1.600 Textilfabriken überprüfte und die Arbeitssicherheit von zwei Millionen Arbeiter*innen verbessern konnte.

Im Jahr 2020 übernahm die neu gegründete staatliche Institution RMG Sustainability Council (RSC) die Aufgaben des ACCORD Büros. Wie die Clean Clothes Campaign (CCC) bei einer Analyse des RSC jedoch feststellte, fällt die neue Institution hinter den Standards des ACCORD zurück. So sind Gewerkschaften im neuen Entscheidungsgremium in der Minderheit, während Akteur*innen der Zivilgesellschaft (wie z.B. die CCC) der im ursprünglichen ACCORD gewährte Beobachter*innenstatus gänzlich entzogen wurde.

Mit Blick auf diese negativen Entwicklungen und weitere beunruhigende Nachrichten von Rückschritten bei Arbeitsrechten, wie sie aus Indien berichtet werden, erscheinen Reglementierungen von Sorgfaltspflichten der Modeunternehmen wichtiger denn je. Seit Februar ist klar: Ein deutsches Lieferkettengesetz wird und muss kommen, um Unternehmen zur Wahrung von Menschenrechten und Einhaltung von Umweltstandards zu verpflichten. Der von den Ministern Gerd Müller und Hubertus Heil ursprüngliche verfasste Entwurf wurde jedoch vom Wirtschaftsministerium, das dem Drängen der Wirtschaft nachgab, stark verwässert. Der derzeitige Entwurf enthält keine zivilrechtliche Haftung, durch die Opfer und Hinterbliebene von Katastrophen wie dem Fabrikeinsturz von Rana Plaza eine rechtliche Grundlage zur Klage vor deutschen Gerichten hätten. Zudem deckt der Gesetzesentwurf derzeit lediglich die erste Produktionsstufe (Tier 1) ab, doch auch in vorhergehenden Stufen wie z.B. in Spinnereien und Veredlungsbetrieben geschehen schwere Menschenrechtsverletzungen.

Am 22. und 23. April 2021 soll der Entwurf zur ersten Lesung in den Bundestag kommen. Die Initiative Lieferkettengesetz hat hierzu die Aktion Lieferkettenbrief gestartet. Mit wenigen Klicks kann man den Abgeordneten des eigenen Wahlkreises auffordern, sich für ein starkes Lieferkettengesetz einzusetzen.

Weitere Informationen

Quelle: Femnet e.V., 19.04.2021