UN Women: Neuer Bericht zeigt deutliche Herausforderungen für Frauen und Gleichstellung der Geschlechter bei Erreichung der Entwicklungsziele

UN Women, die Frauenorganisation der Vereinten Nationen, stellt am 15. Februar zusammen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ), der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) und dem Deutschen Komitee für UN Women den neuen globalen Bericht „Den Versprechen Taten folgen lassen: Gleichstellung der Geschlechter in der Agenda 2030“ mit zahlreichen aktuellen Daten zur Gleichstellung der Geschlechter vor.

Erstmals seit Verabschiedung der Agenda 2030 und der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) im Jahr 2015 liegen nun Zahlen vor, die das erschreckende Ausmaß der allgegenwärtigen Diskriminierung von Frauen und Mädchen weltweit zeigen.

Die Daten belegen, dass die Gleichstellung der Geschlechter der Schlüssel zum Erreichen aller globalen Entwicklungsziele ist. Der Bericht beleuchtet deshalb die 17 Ziele aus einer Geschlechterperspektive und nennt konkrete Möglichkeiten zu deren erfolgreicher Umsetzung bis zum Jahr 2030.

„Der Fokus der Agenda 2030 liegt derzeit auf den Themen Frieden, Gleichheit, Wohlstand und Nachhaltigkeit und ist damit ein starker Gegenentwurf zu den sich verstärkenden weltweiten Konflikten, zu Ausgrenzung und Umweltproblemen“, sagt Yannick Glemarec, stellvertretender Exekutivdirektor UN Women, der den Bericht in Berlin vorstellt. „Frauen sind besonders stark betroffen von allen weltweiten Herausforderungen und spüren häufig die Auswirkungen als erste. Es ist deshalb dringend notwendig, ihre Perspektive für die Erreichung der globalen Entwicklungsziele noch stärker zu berücksichtigen“, so Glemarec.

Die neuen Analysen von UN Women zeigen unter anderem:

  • In 89 Staaten mit verfügbaren Daten zählen Frauen und Mädchen zu den ärmsten 330 Millionen Menschen weltweit. Auf 100 Männer kommen jeweils 4 Frauen mehr, die von weniger als 1,90 US-Dollar (ca. 1,55 Euro) leben. Besonders in den reproduktiven Jahren zwischen 25 und 34 Jahren sind Frauen von starker Armut betroffen.
  • Mehr als die Hälfte der Frauen in Entwicklungsländern leben auch in städtischen Bereichen in Umständen, in denen mindestens eines der folgenden Dinge fehlt: Zugang zu sauberem Wasser, gute sanitäre Anlagen, dauerhafte Wohnunterkünfte und eine ausreichend sichere und lebenswerte Umgebung.
  • Das Beenden aller Formen von Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen ist eine Grundvoraussetzung für friedliche Gesellschaften. Derzeit ist eine von 5 Frauen unter 50 Jahren in den letzten zwölf Monaten von physischer und/oder sexualisierter Gewalt durch einen Intimpartner betroffen.
  • Zwischen 2010 und 2015 gab es einen weltweiten Verlust von 3,3 Millionen Hektar Wald-/Forstgebieten. Besonders für arme Frauen auf dem Land bedeutet das häufig den Verlust ihrer Lebensgrundlage.

Der Bericht hält umfangreiches Datenmaterial bereit und schaut dabei erstmals nicht nur auf Entwicklungsländer, sondern gezielt auch auf Frauen in Industrie- und Schwellenländern. Eine Fallstudie zu den USA belegt beispielsweise, dass das Armutsrisiko für schwarze Frauen mehr als doppelt so hoch ist wie für weiße oder asiatische Frauen.

Wir haben uns mit der Agenda 2030 weltweit darauf verständigt, niemanden zurück zu lassen. Unser neuer Bericht zeigt eindrucksvoll, dass uns das nicht gelingen wird, wenn wir keine deutlichen Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter erreichen“, sagte UN Women Exekutivdirektorin Phumzile Mlambo-Ngcuka gestern in New York. „Wir begreifen die neuen Daten als dringendes Signal, jetzt zu handeln und zeigen im Bericht die dafür notwendigen Schritte auf”, so Mlambo-Ngcuka weiter.

Notwendige Schritte sind zum Erreichen der Entwicklungsziele sind für UN Women u.a.:

  • Integrierte politische Maßnahmen, die helfen, mehrere Ziele zur gleichen Zeit zu erreichen. Der Bericht zeigt beispielsweise, dass kostenlose Kinderbetreuung Frauen nicht nur Zugang zu bezahlter Arbeit verschafft, sondern dass das Einkommen gleichzeitig dazu beiträgt, dass die Kinder gesünder sind und mit besserer Nahrung versorgt werden können. Beispiele aus Südafrika und Uruguay zeigen, dass die Investition in Kinderbetreuung durch neu geschaffene Jobs für Frauen und den daraus entstehenden Steuern in großen Teilen refinanziert werden können.
  • Mehr und bessere Statistiken: Derzeit ist es nicht möglich, die Auswirkungen auf und den Einfluss von Frauen und Mädchen auf alle 17 Entwicklungsziele zu analysieren. Sechs Ziele haben keine Indikatoren, die das Geschlecht berücksichtigen; für andere Indikatoren fehlen verfügbare Daten. Das Fehlen von frühzeitigen und regelmäßigen Daten erschwert das Monitoring erheblich.
  • Finanzkluft schließen: Die finanzielle Kluft, die derzeit eine nachhaltige Welt verhindert, kann geschlossen werden. Beispielsweise durch die bessere Kontrolle von Finanzströmen und durch das Verhindern von Kapitalflucht, die insbesondere Entwicklungsländer betrifft. Gesellschaftliche Sicherheitsnetze und essenzielle soziale Dienstleistungen könnten durch eine Umkehr der Kapitalströme massiv gestärkt werden.
  • Regierungsverantwortliche müssen Gleichheit der Geschlechter berücksichtigen: Dazu gehört, dass politische Zusagen eingehalten werden und auch eine starke Zivilgesellschaft gefördert wird.

 

Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller anlässlich der Vorstellung heute in Berlin: „Benachteiligung beginnt bereits vor der Geburt, denn manche Mädchen werden aufgrund ihres Geschlechtes gar nicht erst geboren. Und Benachteiligung verfolgt viel zu viele Frauen ein Leben lang. Der Bericht ist daher Appell an uns alle: Wir müssen den Versprechen endlich Taten folgen lassen und Mädchen und Frauen zu ihrem Recht verhelfen! Der Bericht belegt leider allzu deutlich, wie weit der Weg noch ist.“

Hier finden Sie die deutsche Zusammenfassung des Berichts: https://www.unwomen.de/schwerpunkte/die-agenda-2030-fuer-nachhaltige-entwicklung.html

Hier gelangen Sie zum Gesamtbericht (Englisch):http://www.unwomen.org/en/digital-library/publications

Quelle: Pressemitteilung UN Women, 15.02.2018