Abschlussveranstaltung im Rahmen der Jahrespartnerschaft der Stadt Bonn mit EADI: Entwicklungspolitik und Globale Gerechtigkeit, Einführungsvortrag von Prof. Thomas Pogge

Abschlussveranstaltung im Rahmen der Jahrespartnerschaft der Stadt Bonn mit EADI

Einführungsvortrag von Prof. Thomas Pogge, Direktor des “Global Justice Program“ und Professor für Philosophie und Internationale Beziehungen, Yale Universityzum Thema: Entwicklungspolitik und Globale Gerechtigkeit

Begrüßung durch Reinhard Limbach, Bürgermeister der Stadt Bonn, und Dr. Jürgen Wiemann, Vizepräsident von EADI.

Diskussion mit Prof. Katja Bender, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Adolf Kloke-Lesch, Sustainable Development Solutions Network (SDSN Germany), Dr. Jürgen Wiemann und Prof. Thomas Pogge.

Moderation: Patrick Leusch, DW-Akademie, Bonn

Vortrag von Prof. Thomas Pogge:

Die Kritik von Prof. Thomas Pogge stützt sich auf drei Thesen: (1) Wichtige ökonomische Spielregeln sind im letzten Vierteljahrhundert von der nationalen auf die supranationale Ebene verlagert worden. (2) Diese neuen supranationalen Spielregeln forcieren die nationale und globale Polarisierung von Einkommen und Vermögen. (3) Durch Reform dieser Spielregeln ließen sich Ungleichheit und Armut erheblich verringern, globale Gerechtigkeit erheblich befördern.

Die verschiedenen mächtigen Akteure in Politik und Wirtschaft erwidern, dass sie bereits viel für die Gerechtigkeit auf der Welt tun. Prof. Thomas Pogge widerlegte dies anhand eines Beispiels, welches sich auf den Welternährungsgipfel 1996 in Rom bezog. Dort wurde die Halbierung der Anzahl der Hungernden bis 2015 beschlossen.[1] Schon allein die Aussage, den Hunger binnen 19 Jahren nur zu halbieren, war nicht ambitioniert und absurd angesichts der hohen Anzahl von Todesopfern, die es im Zusammenhang mit Hunger gibt. Tatsächlich stieg jedoch die offizielle Anzahl der Hungernden von 788 Mio. (1996) auf 925 Mio. Menschen (2010), welches einem Anstieg von 17% innerhalb von 14 Jahren bedeutete. Bis 2015 müsste die Zahl jedoch auf 394 Mio. Menschen (also um die Hälfte von 788 Mio. im Jahre 1996) zurückgehen.

Im Jahre 2000 wurde die Millenniums Erklärung[2] verabschiedet, in der es eine Anpassung des vorherigen Zieles zur Halbierung des Hungers gab. Es bestand immer noch das Ziel, den Hunger in der Welt zu halbieren, nun jedoch relativ gemessen an der Weltbevölkerung (d.h. Zahl der Hungernden / Gesamtbevölkerung). Da die Weltbevölkerung wächst (und somit der Nenner größer wird), verringerte sich der relative Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung durch die neue Rechenmethode – der Anstieg des Hungers bis 2010 belief sich nur noch auf 2%.

In den Millenniums-Entwicklungszielen, welche vom damaligen Generalsekretär der UN, Kofi Annan, und anderen ausgearbeitet wurden,[3]wurde das Ziel noch einmal modifiziert, und zwar dahingehend, dass (1) die Anzahl der Hungernden in Relation zur Bevölkerung in den Entwicklungsländern gesetzt wurde. Da die Bevölkerung in den Entwicklungsländern schneller steigt als im Rest der Welt, hatte dies eine weitere Verringerung zur Folge (der Nenner wächst schneller). (2) Der Beginn der Berechnungsperiode wurde auf 1990 vorverlegt, wodurch das Wachstum im Nenner noch einmal vergrößert wurde. Außerdem hatte China seit 1990 erfolgreich den Hunger im eigenen Land reduzieren können; diesen Erfolg wollte man wohl mit einrechnen. Dank dieser Veränderung der Berechnungsmethodekonnte man nun für das Jahr 2010 eine 21-prozentige Verringerung des Anteils der Hungernden an der Bevölkerung der Entwicklungsländer melden.

Dennoch war die versprochene Halbierung des Hungers auch mit all diesen Tricks immer noch nicht in Sicht. Die FAO entschloss sich dann 2012 ihre Methodologie zur Zählung hungriger Menschen zu verändern.[4] Die Definition von Hungernden war nun wie folgt: (1) Menschen, die zu wenig Kalorien zu sich nehmen (Vitamine, Spurenelemente, Protein etc. wurden nicht berücksichtigt). (2) Die Kaloriengrenze entspricht einem „sitzenden Lebensstil“ (1800 kcal) (jedoch, gerade die Ärmsten (z.B. Rikschafahrer) verrichten oft harte physische Arbeit und benötigen mehr Kalorien). (3) dieser Zustand muss mindestens 1 Jahr anhalten (absurd, da niemand bei harter physischer Arbeit ein Jahr Hunger durchhält). All diese Änderungen der Kriterien verringerte die Anzahl der Hungernden um 36% im Jahre 2010.Dies kam dem Ziel der Halbierung der Hungernden im Jahre 2015 sehr nahe, ohne etwas zusätzlich zur Hungerbekämpfung zu leisten. Zur gleichen Zeit stiegen jedoch die realen und nominalen Nahrungsmittelpreise, was ein Sinken der Zahl der Hungernden eher unwahrscheinlich macht.

Prof. Pogge räumte ein, dass es Fortschritte in der Bekämpfung der Armut gebe. Dennoch stieg die Ungleichheit in Einkommen und Vermögen, da die Armen nicht proportional an der Weltwirtschaftsleistung profitierten. Während der Anteil des Einkommens der unteren 30% der Weltbevölkerung (mit niedrigen Einkommen) global zwischen 1988 und 2008 zurückgegangen ist, stiegim selben Zeitraum der Anteilderreichsten 5%. Sicherlich gab es schon immer in der Menschheitsgeschichte Armut und Ungleichheit. Jedoch moralisch relevant ist, dass Armut noch nie schlimmer war, als sie heutzutage angesichts des Wohlstandes in den reichen Industrieländern eigentlich sein müsste.

Viele globalen Probleme hängen mit Armut zusammen (zum Beispiel Unterernährung, kein Strom, Obdachlosigkeit, keine sanitären Einrichtungen, kein sicheres Trinkwasser etc.), und man schätzt, dass die Hälfte der Weltbevölkerung an mindestens 1 bis 2 dieser Probleme leidet. Darüber hinaus hängen ein Drittel aller weltweit auftretenden Todesfälle mit Armut zusammen (zum Beispiel sterben viele Menschen an Durchfallerkrankungen). Die Zahl der Menschen, die durch Gewalt im 20. Jahrhundert gestorben sind (ca. 200 Mio. Menschen) ist geringer, als die Anzahl armutsbedingten Todesfälle im letzten Vierteljahrhundert (450 Mio.).

Ein Gegenargument zu der These, dass die mächtigen Nationen die ökonomischen Spielregeln zu Ungunsten der Armutsbekämpfung bestimmen, sei, dass sich die Armut in den verschiedenen Entwicklungsländern und Regionen unterschiedlich entwickelt hat. So hätten sich Korea oder Taiwan wirtschaftlich verbessert, während verschiedene afrikanische Staaten nicht aus der Armut herauskämen. Somit wären lokale Faktoren verantwortlich und nicht das globale Wirtschaftssystem. Prof. Pogge bejahte, dass lokale Faktoren eine Rolle spielten. Es sei jedoch falsch, daraus zu schließen, dass globale Faktoren überhaupt keinen Einfluss hätten. Die jetzige globale Ordnung ist vor allem günstig für rohstoffarme Länder (wie Korea oder Taiwan). Rohstoffreiche Länder stünden im Einflussbereich verschiedener Interessengruppen, welches das Aufkommen schlechter Regierungen und Konflikte begünstigen würde.

Hinzu kommt eine supranationale institutionelle Ordnung, welche den mächtigeren Ländern und ihren Regierungen erlaubt,ihre Eigeninteressen gegenüber schwächeren Ländern durchzusetzen:(1) Protektionismus der EU gegen Importe von Agrarprodukten bei gleichzeitiger Marktöffnung afrikanischer Länder, (2) Patente auf Medikamente, welche arme Länder zwingen, zu höheren Preisen einzukaufen, als für Generika anfallen würden, (3) der Klimawandel wird hauptsächlich von reichen Ländern verursacht, die Folgen betreffen aber vor allem die armen Länder; es gibt keine Schadenskompensation, (4) das Finanzsystem erlaubt Steuervermeidung von Großkonzernen in armen Ländern, (5) Waffenhandel verschärft Konflikte in armen Ländern, (6) unzureichende Arbeitsschutzgesetzgebung und fehlende Gewerkschaften fördern die Niedriglohnkonkurrenz der armen Länder untereinander. Für diese supranationale institutionelle Ordnung sind die mächtigeren Regierungen verantwortlich. Diese Regierungen werden von den Bürgern und Konzernen getragen, welche somit eine Mitverantwortung an der jetzigen Situation tragen.

Diese Beeinflussung der Regeln zugunsten der zahlungskräftigsten Lobbyisten (regulatory capture) lässt Ungleichheitsspiralen entstehen, da reiche Menschen mehr Einfluss nehmen können, und damit wieder reicher werden. Arme Menschen hingegen müssen sich erst organisieren, um eine gleiche Summe wie eine reiche Person, und damit den gleichen Einfluss, zu haben. Dieses System mag alt sein, jedoch kommt heutzutage noch eine neue Komponente hinzu: das supranationale Lobbying. Auf dieser Ebene können noch weniger Menschen die Spielregeln beeinflussen. Prof. Pogge zeigte anhand eines Artikels aus dem „Economist“[5], und eines wissenschaftlichen Artikels[6], dass sich die Veränderungen der Spielregeln durch Lobbying für Konzerne wirtschaftlich auszahlen.

Diskussion:

Patrick Leusch (PL): Teilen Sie die Aussage Prof. Pogges, dass Armut noch nie so vermeidbar war wie heutzutage?

Katja Bender (KB): Nicht ganz. Es geht nicht nur um die Verteilung von Vermögen, sondern es gibt auch institutionelle Probleme. So konnten EZ-Mittel für das Gesundheitssystem in Ruanda für zwei Jahre nicht abgerufen werden, weil die Strukturen fehlten. Es gibt also die Ressourcen und die finanziellen Möglichkeiten, aber es gibt nicht die Institutionen, um mit den vorhandenen Geldern echte Verbesserungen der Lebensbedingungen zu erreichen. Zweitens fehle den Regierungen und den Bürgern in reichen Nationen oft der Wille oder das Bewusstsein, Armut zu bekämpfen.

PL: Teilen Sie die Aussage Prof. Pogges, dass die Strukturen und Spielregeln die Armut verfestigen?

Adolf Kloke-Lesch (KL): Im Kern sei diese Aussage richtig, da die Regeln für Gerechtigkeit sorgen könnten. Jedoch ist es auch richtig, dass supranationale Organisationen ökonomische Fortschritte geschaffen haben. Es liege also eher an der ungenügenden Durchsetzung dieser Regeln. So gibt es einen Mangel an Freihandel (zum Beispiel Protektionismus im Agrarbereich), und ein Abbau von Handelshemmnissen kann für Wohlstand sorgen. Dabei gibt es zwei verschiedene Formen von Armut: (1) Armut in Niedrigeinkommensländern und (2) Armut in fragilen und Konfliktstaaten.

Thomas Pogge (TP): Die Ideologie der freien Marktwirtschaft spielt nur eine geringe Rolle. Wichtig sind die Eigeninteressen der jeweiligen Länder. Darüber legt man dann eine Ideologie.

PL: Kann man eine Weltordnung mit Gleichheit und Wohlstand für alle schaffen?

TP: Man kann es erreichen, aber es gibt keine Anstrengungen dazu. Die jetzigen Regeln helfen nur den Eliten. So kaufen die reichen Länder Rohstoffe anderer Länder auf, unabhängig ihrer demokratischen Entwicklung. Die reine Tatsache, dass ein Diktator an der Macht ist, hindert nicht den Rohstoffhandel.

PL: …aber es gab immer wieder Embargos in der jüngeren Geschichte.

TP: Das stimmt. Embargos waren aber auch immer an Eigeninteressen gebunden.

KL: Regierungen und Gesellschaften sind nicht so homogen wie im Vortrag beschrieben. So gibt es in jeder Gesellschaft Advokaten gegen die Ungleichheit. Es gibt auch cash transfer Systeme (zum Beispiel die Bolsa Familía in Brasilien). Ärmere Länder können sich cash transfers nicht leisten, und dies könnte von den reichen Ländern übernommen werden. Darüber hinaus klänge es in dem Vortrag so, als ob „dunkle Mächte“ am Werk wären. Jedoch handelt es sich hierbei wohl eher um einfache bürokratische Prozesse.

PL: Sind es wirklich „dunkle Mächte“, die für die jetzige Situation verantwortlich sind?

TP: Die treibende Kraft dahinter ist das Gelingen des Globalisierungsprojekts. Die Millenniums-Entwicklungsziele müssen gelingen. Deshalb braucht man gute Zahlen.

PL: Wer ist verantwortlich?

TP: Wir alle. Sicher setzen sich viele für ein gerechtes System ein. Umso erschreckender ist es, dass die Armut schlimmer wird. Das hängt mit den systemischen Faktoren zugunsten der Reichen zusammen. Niemand hat etwas gegen die Armen. Jedoch ist es eine vorhersehbare Nebenwirkung, dass die Armen weniger haben, wenn der Gesamtwohlstand ungleich verteilt wird.

PL: Bedeutet Solidarität mit den Armen nicht Abstriche am Wohlstand? Wer würde das wollen?

TP: Das ist das “collective action problem”. Wenn man einzelnen Familien sagt, sie mögen 200 Euro zur Bekämpfung der Armut geben, dann stimmen manche zu, andere verneinen. Wenn man aber fragt, ob jemand die 200 Euro geben würde, wenn alle anderen Mitbürger sich ebenfalls verpflichten, 200 Euro zu geben, um den Welthunger zu bekämpfen, dann würde wahrscheinlich der größte Teil der Bevölkerung zustimmen. Es geht hierbei nicht nur um Solidarität, sondern es ist eine echte Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Die Spielregeln schädigen aktiv die Armen. Das wirkliche Problem ist, dass man viel zu viel tut, um uns auf Kosten der Armen zu bereichern.

PL: Ist das Problem des Lobbying so groß? Es gab doch viele Maßnahmen zur Stärkung der politischen Teilhabe und der Zivilgesellschaft.

Jürgen Wiemann: Es gibt einen Unterschied zwischen den USA und Europa. In den USA gibt es extreme Lobbyarbeit („one dollar, one vote“). In Europa ist die EU für die Handelspolitik verantwortlich. Da ist es für den einzelnen Bürger schwierig, das Thema auf allen EU Ebenen zu durchschauen und zu handeln.

PL: Nehmen die Schwellenländer und Entwicklungsländer heutzutage global nicht mehr Einfluss?

KL: In der Tat ist das eine neue Situation. So haben Post-Konflikt Staaten erfolgreich dafür gesorgt, dass der Erhalt von Frieden in den Katalog der 17 Ziele[1] der Weltbank mit aufgenommen wurde. Und diese Ziele, welche auch die Verringerung der Ungleichheit einschließt, richten sich an die Weltgemeinschaft, an denen sich auch Deutschland messen lassen muss. Dies ist schon revolutionär. Eine andere Frage in diesem Zusammenhang müsste lauten: Ist der Fokus auf die Bekämpfung der absoluten Armut richtig, oder sollte man sich nicht besser auf Ungleichheitsfragen konzentrieren?

TP: Ungleichheit ist verbunden mit der Armut. Man muss einen vernünftigen Anteil des Wohlstands für Arme sichern, um Armut zu verringern. Es hat aber auch politische Gründe: die Regeln werden von einer kleinen Clique gemacht, und die Menschen sind zu arm, um sich politisch zu beteiligen. Es hängt auch ganz davon ab, wie die Ziele zur Bekämpfung der Ungleichheit umgesetzt werden, denn in dem Verhandlungskatalog der Weltbank zur Bekämpfung der Ungleichheit bis 2030 gibt es Gutes und Schwaches. Es fehlen klare, systemische Ziele, die eine abschreckende Wirkung haben (zum Beispiel Strafzölle gegen Protektionismus), oder eine Entschädigung für arme Länder.

Fragen aus dem Publikum an Prof. Thomas Pogge:

F: Wie ließe sich aus philosophischer Sicht ein Umdenken bewerkstelligen?

TP: Es bedarf einer Revolutionierung der Denkungsart. Man benötigt Regeln, die ähnlich wirken wie die Ächtung des Nepotismus in Deutschland: Ein Äquivalent auf internationaler Ebene wäre, dass die Spielregeln nicht nach den Eigeninteressen der mächtigen Verhandlungsdelegationen, sondern im Interesse der Weltgemeinschaft gesetzt würden (so wie ein Staatschef die gesamte Bevölkerung und nicht nur die Parteimitglieder oder bestimmte Interessengruppen vertreten sollte).

F: Glauben Sie, dass die Fair Trade Bewegung etwas bewegen könnte, da sie das ökonomische System aushebelt?

TP: Ökonomisch hat die Fair Trade Bewegung geringen Einfluss, weil es nur zu einer lokalen Verschiebung des Problems, aber nicht zu einer Lösung führt. Jedoch kann Fair Trade etwas auf politischer Ebene bewegen, indem es zur Bewusstseinsbildung beiträgt, und als Symbol für die Regierenden wirkt, um zu zeigen, dass Bürger für gerechtere Regeln eintreten.

F: Sollten die Eliten der Entwicklungsländer nicht endlich Verantwortung für ihre eigene, verarmte Bevölkerung übernehmen, anstelle der Weltgemeinschaft es zu überlassen, Armut zu bekämpfen?

TP: Es gibt eine Tendenz, dass jeder Schuldzuweisungen zum jeweils Anderen macht. Jeder solle aber die Schuld bei sich selbst suchen. Es ist wahr, dass es Korruption und Ungerechtigkeit unter den Eliten der jeweiligen Länder gibt. Diese Situation wird aber auch gefördert. Ein Lösungsansatz wäre, minimale demokratische Standards einzufordern, und bis dahin auf wirtschaftliche Zusammenarbeit zu verzichten. In den Industriestaaten bedarf es andererseits einer Re-Demokratisierung zum Beispiel der EU, oder einer Ablösung des one-dollar-one-vote Systems in den USA.

PL: Was ist das Judo-Prinzip?

TP: Das Judo-Prinzip beschreibt die Möglichkeit für Einzelne, die Kräfte von stärkeren Akteuren zu nutzen, um das System in die gewünschte Richtung umzuleiten. So ließe sich mit kleinen Korrekturen das bestehende Parallelogramm der Kräfte aushebeln.


Abschlussveranstaltung im Rahmen der Jahrespartnerschaft der Stadt Bonn mit EADI

Einführungsvortrag von Prof. Thomas Pogge, Direktor des “Global Justice Program“ und Professor für Philosophie und Internationale Beziehungen, Yale Universityzum Thema: Entwicklungspolitik und Globale Gerechtigkeit

Begrüßung durch Reinhard Limbach, Bürgermeister der Stadt Bonn, und Dr. Jürgen Wiemann, Vizepräsident von EADI.

Diskussion mit Prof. Katja Bender, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Adolf Kloke-Lesch, Sustainable Development Solutions Network (SDSN Germany), Dr. Jürgen Wiemann und Prof. Thomas Pogge.

Moderation: Patrick Leusch, DW-Akademie, Bonn

Vortrag von Prof. Thomas Pogge:

Die Kritik von Prof. Thomas Pogge stützt sich auf drei Thesen: (1) Wichtige ökonomische Spielregeln sind im letzten Vierteljahrhundert von der nationalen auf die supranationale Ebene verlagert worden. (2) Diese neuen supranationalen Spielregeln forcieren die nationale und globale Polarisierung von Einkommen und Vermögen. (3) Durch Reform dieser Spielregeln ließen sich Ungleichheit und Armut erheblich verringern, globale Gerechtigkeit erheblich befördern.

Die verschiedenen mächtigen Akteure in Politik und Wirtschaft erwidern, dass sie bereits viel für die Gerechtigkeit auf der Welt tun. Prof. Thomas Pogge widerlegte dies anhand eines Beispiels, welches sich auf den Welternährungsgipfel 1996 in Rom bezog. Dort wurde die Halbierung der Anzahl der Hungernden bis 2015 beschlossen.[1] Schon allein die Aussage, den Hunger binnen 19 Jahren nur zu halbieren, war nicht ambitioniert und absurd angesichts der hohen Anzahl von Todesopfern, die es im Zusammenhang mit Hunger gibt.Tatsächlich stieg jedoch die offizielle Anzahl der Hungernden von 788 Mio. (1996) auf 925 Mio. Menschen (2010), welches einem Anstieg von 17% innerhalb von 14 Jahren bedeutete. Bis 2015 müsste die Zahl jedoch auf 394 Mio. Menschen (also um die Hälfte von 788 Mio. im Jahre 1996) zurückgehen.

Im Jahre 2000 wurde die Millenniums Erklärung[2] verabschiedet, in der es eine Anpassung des vorherigen Zieles zur Halbierung des Hungers gab. Es bestand immer noch das Ziel, den Hunger in der Welt zu halbieren, nun jedoch relativ gemessen an der Weltbevölkerung (d.h. Zahl der Hungernden / Gesamtbevölkerung). Da die Weltbevölkerung wächst (und somit der Nenner größer wird), verringerte sich der relative Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung durch die neue Rechenmethode – der Anstieg des Hungers bis 2010 belief sich nur noch auf 2%.

In den Millenniums-Entwicklungszielen, welche vom damaligen Generalsekretär der UN, Kofi Annan, und anderen ausgearbeitet wurden,[3]wurde das Ziel noch einmal modifiziert, und zwar dahingehend, dass (1) die Anzahl der Hungernden in Relation zur Bevölkerung in den Entwicklungsländern gesetzt wurde. Da die Bevölkerung in den Entwicklungsländern schneller steigt als im Rest der Welt, hatte dies eine weitere Verringerung zur Folge (der Nenner wächst schneller). (2) Der Beginn der Berechnungsperiode wurde auf 1990 vorverlegt, wodurch das Wachstum im Nenner noch einmal vergrößert wurde. Außerdem hatte China seit 1990 erfolgreich den Hunger im eigenen Land reduzieren können; diesen Erfolg wollte man wohl mit einrechnen. Dank dieser Veränderung der Berechnungsmethodekonnte man nun für das Jahr 2010 eine 21-prozentige Verringerung des Anteils der Hungernden an der Bevölkerung der Entwicklungsländer melden.

Dennoch war die versprochene Halbierung des Hungers auch mit all diesen Tricks immer noch nicht in Sicht. Die FAO entschloss sich dann 2012 ihre Methodologie zur Zählung hungriger Menschen zu verändern.[4] Die Definition von Hungernden war nun wie folgt: (1) Menschen, die zu wenig Kalorien zu sich nehmen (Vitamine, Spurenelemente, Protein etc. wurden nicht berücksichtigt). (2) Die Kaloriengrenze entspricht einem „sitzenden Lebensstil“ (1800 kcal) (jedoch, gerade die Ärmsten (z.B. Rikschafahrer) verrichten oft harte physische Arbeit und benötigen mehr Kalorien). (3) dieser Zustand muss mindestens 1 Jahr anhalten (absurd, da niemand bei harter physischer Arbeit ein Jahr Hunger durchhält). All diese Änderungen der Kriterien verringerte die Anzahl der Hungernden um 36% im Jahre 2010.Dies kam dem Ziel der Halbierung der Hungernden im Jahre 2015 sehr nahe, ohne etwas zusätzlich zur Hungerbekämpfung zu leisten. Zur gleichen Zeit stiegen jedoch die realen und nominalen Nahrungsmittelpreise, was ein Sinken der Zahl der Hungernden eher unwahrscheinlich macht.

Prof. Pogge räumte ein, dass es Fortschritte in der Bekämpfung der Armut gebe. Dennoch stieg die Ungleichheit in Einkommen und Vermögen, da die Armen nicht proportional an der Weltwirtschaftsleistung profitierten. Während der Anteil des Einkommens der unteren 30% der Weltbevölkerung (mit niedrigen Einkommen) global zwischen 1988 und 2008 zurückgegangen ist, stiegim selben Zeitraum der Anteilderreichsten 5%. Sicherlich gab es schon immer in der Menschheitsgeschichte Armut und Ungleichheit. Jedoch moralisch relevant ist, dass Armut noch nie schlimmer war, als sie heutzutage angesichts des Wohlstandes in den reichen Industrieländern eigentlich sein müsste.

Viele globalen Probleme hängen mit Armut zusammen (zum Beispiel Unterernährung, kein Strom, Obdachlosigkeit, keine sanitären Einrichtungen, kein sicheres Trinkwasser etc.), und man schätzt, dass die Hälfte der Weltbevölkerung an mindestens 1 bis 2 dieser Probleme leidet. Darüber hinaus hängen ein Drittel aller weltweit auftretenden Todesfälle mit Armut zusammen (zum Beispiel sterben viele Menschen an Durchfallerkrankungen). Die Zahl der Menschen, die durch Gewalt im 20. Jahrhundert gestorben sind (ca. 200 Mio. Menschen) ist geringer, als die Anzahl armutsbedingten Todesfälle im letzten Vierteljahrhundert (450 Mio.).

Ein Gegenargument zu der These, dass die mächtigen Nationen die ökonomischen Spielregeln zu Ungunsten der Armutsbekämpfung bestimmen, sei, dass sich die Armut in den verschiedenen Entwicklungsländern und Regionen unterschiedlich entwickelt hat. So hätten sich Korea oder Taiwan wirtschaftlich verbessert, während verschiedene afrikanische Staaten nicht aus der Armut herauskämen. Somit wären lokale Faktoren verantwortlich und nicht das globale Wirtschaftssystem. Prof. Pogge bejahte, dass lokale Faktoren eine Rolle spielten. Es sei jedoch falsch, daraus zu schließen, dass globale Faktoren überhaupt keinen Einfluss hätten. Die jetzige globale Ordnung ist vor allem günstig für rohstoffarme Länder (wie Korea oder Taiwan). Rohstoffreiche Länder stünden im Einflussbereich verschiedener Interessengruppen, welches das Aufkommen schlechter Regierungen und Konflikte begünstigen würde.

Hinzu kommt eine supranationale institutionelle Ordnung, welche den mächtigeren Ländern und ihren Regierungen erlaubt,ihre Eigeninteressen gegenüber schwächeren Ländern durchzusetzen:(1) Protektionismus der EU gegen Importe von Agrarprodukten bei gleichzeitiger Marktöffnung afrikanischer Länder, (2) Patente auf Medikamente, welche arme Länder zwingen, zu höheren Preisen einzukaufen, als für Generika anfallen würden, (3) der Klimawandel wird hauptsächlich von reichen Ländern verursacht, die Folgen betreffen aber vor allem die armen Länder; es gibt keine Schadenskompensation, (4) das Finanzsystem erlaubt Steuervermeidung von Großkonzernen in armen Ländern, (5) Waffenhandel verschärft Konflikte in armen Ländern, (6) unzureichende Arbeitsschutzgesetzgebung und fehlende Gewerkschaften fördern die Niedriglohnkonkurrenz der armen Länder untereinander. Für diese supranationale institutionelle Ordnung sind die mächtigeren Regierungen verantwortlich. Diese Regierungen werden von den Bürgern und Konzernen getragen, welche somit eine Mitverantwortung an der jetzigen Situation tragen.

Diese Beeinflussung der Regeln zugunsten der zahlungskräftigsten Lobbyisten (regulatory capture) lässt Ungleichheitsspiralen entstehen, da reiche Menschen mehr Einfluss nehmen können, und damit wieder reicher werden. Arme Menschen hingegen müssen sich erst organisieren, um eine gleiche Summe wie eine reiche Person, und damit den gleichen Einfluss, zu haben. Dieses System mag alt sein, jedoch kommt heutzutage noch eine neue Komponente hinzu: das supranationale Lobbying. Auf dieser Ebene können noch weniger Menschen die Spielregeln beeinflussen. Prof. Pogge zeigte anhand eines Artikels aus dem „Economist“[5], und eines wissenschaftlichen Artikels[6], dass sich die Veränderungen der Spielregeln durch Lobbying für Konzerne wirtschaftlich auszahlen.

Diskussion:

Patrick Leusch (PL): Teilen Sie die Aussage Prof. Pogges, dass Armut noch nie so vermeidbar war wie heutzutage?

Katja Bender (KB): Nicht ganz. Es geht nicht nur um die Verteilung von Vermögen, sondern es gibt auch institutionelle Probleme. So konnten EZ-Mittel für das Gesundheitssystem in Ruanda für zwei Jahre nicht abgerufen werden, weil die Strukturen fehlten. Es gibt also die Ressourcen und die finanziellen Möglichkeiten, aber es gibt nicht die Institutionen, um mit den vorhandenen Geldern echte Verbesserungen der Lebensbedingungen zu erreichen. Zweitens fehle den Regierungen und den Bürgern in reichen Nationen oft der Wille oder das Bewusstsein, Armut zu bekämpfen.

PL: Teilen Sie die Aussage Prof. Pogges, dass die Strukturen und Spielregeln die Armut verfestigen?

Adolf Kloke-Lesch (KL): Im Kern sei diese Aussage richtig, da die Regeln für Gerechtigkeit sorgen könnten. Jedoch ist es auch richtig, dass supranationale Organisationen ökonomische Fortschritte geschaffen haben. Es liege also eher an der ungenügenden Durchsetzung dieser Regeln. So gibt es einen Mangel an Freihandel (zum Beispiel Protektionismus im Agrarbereich), und ein Abbau von Handelshemmnissen kann für Wohlstand sorgen. Dabei gibt es zwei verschiedene Formen von Armut: (1) Armut in Niedrigeinkommensländern und (2) Armut in fragilen und Konfliktstaaten.

Thomas Pogge (TP): Die Ideologie der freien Marktwirtschaft spielt nur eine geringe Rolle. Wichtig sind die Eigeninteressen der jeweiligen Länder. Darüber legt man dann eine Ideologie.

PL: Kann man eine Weltordnung mit Gleichheit und Wohlstand für alle schaffen?

TP: Man kann es erreichen, aber es gibt keine Anstrengungen dazu. Die jetzigen Regeln helfen nur den Eliten. So kaufen die reichen Länder Rohstoffe anderer Länder auf, unabhängig ihrer demokratischen Entwicklung. Die reine Tatsache, dass ein Diktator an der Macht ist, hindert nicht den Rohstoffhandel.

PL: …aber es gab immer wieder Embargos in der jüngeren Geschichte.

TP: Das stimmt. Embargos waren aber auch immer an Eigeninteressen gebunden.

KL: Regierungen und Gesellschaften sind nicht so homogen wie im Vortrag beschrieben. So gibt es in jeder Gesellschaft Advokaten gegen die Ungleichheit. Es gibt auch cash transfer Systeme (zum Beispiel die Bolsa Familía in Brasilien). Ärmere Länder können sich cash transfers nicht leisten, und dies könnte von den reichen Ländern übernommen werden. Darüber hinaus klänge es in dem Vortrag so, als ob „dunkle Mächte“ am Werk wären. Jedoch handelt es sich hierbei wohl eher um einfache bürokratische Prozesse.

PL: Sind es wirklich „dunkle Mächte“, die für die jetzige Situation verantwortlich sind?

TP: Die treibende Kraft dahinter ist das Gelingen des Globalisierungsprojekts. Die Millenniums-Entwicklungsziele müssen gelingen. Deshalb braucht man gute Zahlen.

PL: Wer ist verantwortlich?

TP: Wir alle. Sicher setzen sich viele für ein gerechtes System ein. Umso erschreckender ist es, dass die Armut schlimmer wird. Das hängt mit den systemischen Faktoren zugunsten der Reichen zusammen. Niemand hat etwas gegen die Armen. Jedoch ist es eine vorhersehbare Nebenwirkung, dass die Armen weniger haben, wenn der Gesamtwohlstand ungleich verteilt wird.

PL: Bedeutet Solidarität mit den Armen nicht Abstriche am Wohlstand? Wer würde das wollen?

TP: Das ist das “collective action problem”. Wenn man einzelnen Familien sagt, sie mögen 200 Euro zur Bekämpfung der Armut geben, dann stimmen manche zu, andere verneinen. Wenn man aber fragt, ob jemand die 200 Euro geben würde, wenn alle anderen Mitbürger sich ebenfalls verpflichten, 200 Euro zu geben, um den Welthunger zu bekämpfen, dann würde wahrscheinlich der größte Teil der Bevölkerung zustimmen. Es geht hierbei nicht nur um Solidarität, sondern es ist eine echte Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Die Spielregeln schädigen aktiv die Armen. Das wirkliche Problem ist, dass man viel zu viel tut, um uns auf Kosten der Armen zu bereichern.

PL: Ist das Problem des Lobbying so groß? Es gab doch viele Maßnahmen zur Stärkung der politischen Teilhabe und der Zivilgesellschaft.

Jürgen Wiemann: Es gibt einen Unterschied zwischen den USA und Europa. In den USA gibt es extreme Lobbyarbeit („one dollar, one vote“). In Europa ist die EU für die Handelspolitik verantwortlich. Da ist es für den einzelnen Bürger schwierig, das Thema auf allen EU Ebenen zu durchschauen und zu handeln.

PL: Nehmen die Schwellenländer und Entwicklungsländer heutzutage global nicht mehr Einfluss?

KL: In der Tat ist das eine neue Situation. So haben Post-Konflikt Staaten erfolgreich dafür gesorgt, dass der Erhalt von Frieden in den Katalog der 17 Ziele[1] der Weltbank mit aufgenommen wurde. Und diese Ziele, welche auch die Verringerung der Ungleichheit einschließt, richten sich an die Weltgemeinschaft, an denen sich auch Deutschland messen lassen muss. Dies ist schon revolutionär. Eine andere Frage in diesem Zusammenhang müsste lauten: Ist der Fokus auf die Bekämpfung der absoluten Armut richtig, oder sollte man sich nicht besser auf Ungleichheitsfragen konzentrieren?

TP: Ungleichheit ist verbunden mit der Armut. Man muss einen vernünftigen Anteil des Wohlstands für Arme sichern, um Armut zu verringern. Es hat aber auch politische Gründe: die Regeln werden von einer kleinen Clique gemacht, und die Menschen sind zu arm, um sich politisch zu beteiligen. Es hängt auch ganz davon ab, wie die Ziele zur Bekämpfung der Ungleichheit umgesetzt werden, denn in dem Verhandlungskatalog der Weltbank zur Bekämpfung der Ungleichheit bis 2030 gibt es Gutes und Schwaches. Es fehlen klare, systemische Ziele, die eine abschreckende Wirkung haben (zum Beispiel Strafzölle gegen Protektionismus), oder eine Entschädigung für arme Länder.

Fragen aus dem Publikum an Prof. Thomas Pogge:

F: Wie ließe sich aus philosophischer Sicht ein Umdenken bewerkstelligen?

TP: Es bedarf einer Revolutionierung der Denkungsart. Man benötigt Regeln, die ähnlich wirken wie die Ächtung des Nepotismus in Deutschland: Ein Äquivalent auf internationaler Ebene wäre, dass die Spielregeln nicht nach den Eigeninteressen der mächtigen Verhandlungsdelegationen, sondern im Interesse der Weltgemeinschaft gesetzt würden (so wie ein Staatschef die gesamte Bevölkerung und nicht nur die Parteimitglieder oder bestimmte Interessengruppen vertreten sollte).

F: Glauben Sie, dass die Fair Trade Bewegung etwas bewegen könnte, da sie das ökonomische System aushebelt?

TP: Ökonomisch hat die Fair Trade Bewegung geringen Einfluss, weil es nur zu einer lokalen Verschiebung des Problems, aber nicht zu einer Lösung führt. Jedoch kann Fair Trade etwas auf politischer Ebene bewegen, indem es zur Bewusstseinsbildung beiträgt, und als Symbol für die Regierenden wirkt, um zu zeigen, dass Bürger für gerechtere Regeln eintreten.

F: Sollten die Eliten der Entwicklungsländer nicht endlich Verantwortung für ihre eigene, verarmte Bevölkerung übernehmen, anstelle der Weltgemeinschaft es zu überlassen, Armut zu bekämpfen?

TP: Es gibt eine Tendenz, dass jeder Schuldzuweisungen zum jeweils Anderen macht. Jeder solle aber die Schuld bei sich selbst suchen. Es ist wahr, dass es Korruption und Ungerechtigkeit unter den Eliten der jeweiligen Länder gibt. Diese Situation wird aber auch gefördert. Ein Lösungsansatz wäre, minimale demokratische Standards einzufordern, und bis dahin auf wirtschaftliche Zusammenarbeit zu verzichten. In den Industriestaaten bedarf es andererseits einer Re-Demokratisierung zum Beispiel der EU, oder einer Ablösung des one-dollar-one-vote Systems in den USA.

PL: Was ist das Judo-Prinzip?

TP: Das Judo-Prinzip beschreibt die Möglichkeit für Einzelne, die Kräfte von stärkeren Akteuren zu nutzen, um das System in die gewünschte Richtung umzuleiten. So ließe sich mit kleinen Korrekturen das bestehende Parallelogramm der Kräfte aushebeln.