Frau Prof. Stefanie Meilinger lehrt seit Juni 2013 am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE), der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS). Nach 15 Jahren Forschung und Praxis möchte Frau Prof. Meilinger nun junge Studierende für Nachhaltige Technologien begeistern.

Bonn-Voices---Notizzettel---Dr-MeilingerSehr geehrte Frau Professor Meilinger, seit Juni 2013 sind Sie am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Hochschule Bonn/ Rhein-Sieg für die Fachbereiche Elektrotechnik, Maschinenbau und Technikjournalismus zuständig. Welche Aspekte haben Sie persönlich zu einer Spezialisierung in diesem Bereich bewogen?

Zunächst habe ich Physik und Philosophie studiert, um eine gute wissenschaftliche Grundausbildung zu erlangen. Zunächst haben mich hier eher erkenntnistheoretische Fragen beschäftigt. Ich wollte herausfinden, wo wissenschaftliche Erkenntnis an ihre Grenzen stößt. Ich hatte dann das Glück, 1992/93 ein Jahr  mit Hilfe eines Fulbright Stipendiums in den USA studieren zu dürfen. Dieser Aufenthalt hat meinem Erkenntnisinteresse eine völlig neue Richtung gegeben. Vor dem Hintergrund der aufflammenden Nachhaltigkeitsdebatte im Anschluss an den Brundtland-Bericht und die Rio-Konferenz 1992 und im Kontext der lokalen Agenda Prozesse, habe ich nach meiner Rückkehr nach Deutschland beschlossen, mich wissenschaftlich der Lösung aktueller Umweltfragen zu widmen. Parallel engagierte ich mich in der Lokalen Agenda Bewegung in Mainz. Seither hat mich die Nachhaltigkeitsthematik nicht mehr losgelassen.Zunächst war mein Blick auf das Nachhaltigkeitsthema rein umweltnaturwissenschaftlich geprägt: Begonnen habe ich in der Ozonforschung, später ging es vermehrt um Klimafragen. Aber je mehr ich sah, dass der Klimawandel in vollem Gange war, desto weniger reichte es mir, nur zu verstehen, wie unsere Atmosphäre funktioniert. Ich fing an, zu fragen, was man tun kann, um den Klimawandel abzuschwächen. So kam ich schnell mit interdisziplinären Fragestellungen in Berührung. Gerade im Hinblick auf die Frage, wie saubere Luft und Klimaschutz erreicht werden können, boten sich Lösungsansätze wie der CO2-Emissionshandel, Ökobilanzen, die Planung klimaoptimierter Flugrouten, oder die Förderung Erneuerbare Energien und Energieeffizienz an. In verschiedensten F&E Projekten in Wissenschaft und Industrie bin ich solchen Lösungen nachgegangen. Und die Suche nach nachhaltigen Technologien motiviert mich auch weiterhin.

Welche technischen Optimierungen haben Sie in den letzten zehn Jahren besonders beeindruckt?

Was mich echt begeistert sind die Entwicklungen der letzten Jahre im IKT-Bereich. Wenn ich überlege, dass ich als erster Schuljahrgang auf einem Comodore 64 Basic gelernt habe und als eine der ersten Studierenden in Mainz einen Internetzugang hatte. Die Entwicklungen sind echt rasant. Für den effizienten Ausbau Regenerativer Energiesysteme bietet das tolle Möglichkeiten. IKT-Lösungen werden in der Optimierung der Energiesysteme der Zukunft eine zentrale und wichtige Rolle spielen. Viele Optimierungs- und Effizienzmaßnahmen wären ohne die neuen Möglichkeiten der Kommunikation und des Datenaustauschs nicht denkbar.

Eines der Themen mit denen Sie sich besonders befassen ist  das Thema „Energiemeteorologie“. Warum?

Das regenerative Energieangebot fluktuiert stark mit der jeweiligen Tageszeit, dem Wetter und  der Jahreszeit. Für funktionierende Technologie sind Planbarkeit und Vorhersagbarkeit wichtige Voraussetzung. Der Abgleich von Energieangebot und Energiebedarf ist eine notwendige Voraussetzung, um Versorgungssicherheit zu erlangen. Als Atmosphärenphysikerin ist mir hier die Vorhersage der Angebotsseite natürlich sehr nahe. Dabei sehe ich die Vorhersage immer als ein Glied der Gesamtkette. Nur wenn ich weiß, was ich ernten werde, kann ich rechtzeitig ausreichend Vorräte anlegen. Daher ist eine der zentralen Fragen meiner jetzigen Forschung, wie wir Ertragsvorhersagen für die Steuerung dezentraler Speicher (z.B. im Eigenheimbereich oder in der Elektromobilität), nutzen können.

Ein weiterer Themenschwerpunkt liegt im Bereich der  „Elektromobilität“:  Wie nachhaltig sind Ihrer Meinung nach elektrisch betriebene Fahrräder?

Die Elektromobilität eröffnet neue Möglichkeiten, regenerative Primärenergie für Mobilitätszwecke zu nutzen. Gerade in Ballungsräumen sind typische Distanzen häufig im Bereich bis zu 10km. Hier bieten Elektrofahrräder oder Elektroroller eine gute Alternative zu herkömmlichen Mobilitätslösungen. Dies halte ich für einen guten Weg, um zum einen das Verkehrsaufkommen des Autoverkehrs zu reduzieren und  zum anderen, um die Luftqualität in urbanen Gebieten zu verbessern und damit sowohl Klimaschutz als auch Gesundheitsschutz zu betreiben. Allerdings erfordert dies auch dringend eine Anpassung der Infrastruktur im Sinne eines Ausbaus von an regenerative Energiequellen angeschlossener Ladeinfrastruktur und den Ausbau von Radschnellwegen. Die Region Bonn-Rhein-Sieg ist hier ja auf einem guten Weg und die Hochschule spielt hier gerne eine aktive Rolle beim Ausbau von Elektromobilität.

Im Mittelpunkt Ihres Lehrauftrags am IZNE steht es, Fachwissen zum Thema Nachhaltige Technologien, besonders zu erneuerbaren Energien zu vermitteln. Liegt es in Ihrem Interesse auch ein Nachhaltigkeits-Bewusstsein unter den Studenten zu schaffen?

Dies ist mir ein sehr großes Anliegen. Wie ich bereits sagte, sehe ich in einer nachhaltigen Entwicklung eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Gesellschaft. Daher möchte ich gerne mein Wissen in diesem Bereich weitergeben und die Studierenden für die Themen begeistern, die ich selbst seit Beginn meines Studiums mit großem Interesse verfolgt habe. So plane ich im Rahmen meiner Vorlesung zum Thema Energiespeicher, ein Proseminar, das sich ausschließlich den Nachhaltigkeitsaspekten einzelner Speichertechnologien widmet. Dies soll dazu führen, dass die Studierenden neben den physikalischen Grundlagen und der Funktionsweise aktueller Technologien auch ökonomische, ökologischen und soziale Aspekte in den Blick nehmen und lernen, dass die Frage nach der Nachhaltigkeit einer technologischen Lösung in verschiedenen Kontexten sehr unterschiedlich gestellt werden kann und muss.

Was motiviert Sie morgens und wie denken Sie abends darüber nach?

Wenn ich morgens meine drei Kinder sehe, dann weiß ich wofür und für wen die Frage nach einer nachhaltigen Entwicklung relevant ist. Es ist aus meiner Sicht eine Überlebensfrage für die nächsten Generationen. Ich habe das Glück einer Arbeit nachgehen zu dürfen, die es mir erlaubt, nach Lösungen zu suchen.

Abends ist vieles vom Alltagsgeschäft überdeckt.  Ich konzentriere mich dann ganz auf meine Kinder. Wohl die natürlichste Form der Nachhaltigkeit (lacht).

Das Gespräch führte Janine Dornbusch

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