Im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels nutzen Bäuer*innen auf der ganzen Welt Anpassungsmaßnahmen. Sie optimieren zum Beispiel ihre Bewässerungssysteme, um ihre Ernte vor Dürre zu schützen. Bei langanhaltenden Dürreperioden jedoch sind Ernteausfälle irgendwann nicht mehr vermeidbar – die Grenzen der Anpassung sind erreicht. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Menschen dabei, mit solchen sogenannten residualen Klimarisiken umzugehen. Allerdings werden die dabei genutzten Instrumente nicht immer zielgruppengerecht eingesetzt, wie eine Untersuchung des Deutschen Evaluierungsinstituts der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) zeigt.
Residuale Klimarisiken bezeichnen Restrisiken, die verbleiben, obwohl Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel getroffen werden. Sie bedrohen die Lebensgrundlagen zahlreicher Menschen, insbesondere in den ärmsten und vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern. Und sie können mühsam errungene Entwicklungserfolge wieder zunichte machen. In der Entwicklungszusammenarbeit kommen bereits verschiedene Instrumente zum Umgang mit residualen Klimarisiken zum Einsatz. Ernteausfälle aufgrund von Dürre werden beispielsweise durch Klimarisikoversicherungen oder Fonds zur Kompensation von Schäden und Verlusten abgefangen. Wird das Ackerland durch die Folgen des Klimawandels zur Wüste und kann daher nicht mehr bewirtschaftet werden, sind Ansätze gefragt, die den Menschen ermöglichen, sich andernorts eine neue Existenz aufzubauen. Das DEval hat die bisherigen Erfahrungen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit diesen Instrumenten untersucht.
Deutschland ist Vorreiter
Die Evaluierung hat gezeigt, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bereits vielfältige Erfahrungen mit der Durchführung von Maßnahmen zum Umgang mit residualen Klimarisiken hat. Dabei setzt sie vor allem auf Klimarisikoversicherungen; auch bei Instrumenten der Katastrophenvorsorge ist sie breit aufgestellt. „Angesichts zunehmender residualer Klimarisiken sind Klimarisikoversicherungen ein wichtiges Instrument, das international noch zu wenig genutzt wird. Deutschland ist einer der Vorreiter auf diesem Gebiet, muss für eine bessere Wirksamkeit der Maßnahmen allerdings noch stärker die Bedürfnisse der vom Klimawandel betroffenen Zielgruppen in den Blick nehmen“, betont DEval-Direktor Prof. Dr. Jörg Faust.
Bedürfnisse der Zielgruppen nicht ausreichend berücksichtigt
Die Evaluierung hat bestätigt, dass das deutsche Repertoire an Instrumenten zum Umgang mit residualen Klimarisiken größtenteils mit den Zielen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung übereinstimmt. Allerdings zeigen die betrachteten Fallstudien, dass die Zielgruppen nur teilweise in die Planung und Durchführung der Maßnahmen eingebunden werden. Zudem bewerten sie die eingesetzten Instrumente oftmals als wenig relevant. „Die Zielgruppen in den Partnerländern würden teilweise andere Instrumente bevorzugen. Die dort eingesetzten Instrumente werden daher zum Teil nicht angenommen beziehungsweise nicht genutzt“, so Dr. Gerald Leppert, Teamleiter der Evaluierung. Auf Madagaskar etwa haben die Erhebungen ergeben, dass Klimarisikoversicherungen für die Menschen im ländlichen Raum kaum geeignet sind. Viele von ihnen betreiben Subsistenzlandwirtschaft und haben nicht die finanziellen Mittel, um den Versicherungsbeitrag aufzubringen. Statt Zugang zu Klimarisikoversicherungen wünschten sie sich vielmehr Trainings zu verbesserten Agrartechniken, den Zugang zu materieller Ausstattung sowie Informationsangebote zu Klimarisiken.
Migrationsansätze stärker in den Mittelpunkt rücken
Menschen, die durch klimawandelbedingte negative Veränderungen ihrer Umwelt ihre Lebensgrundlage verlieren, bleibt oft nur die Abwanderung. Die Entwicklungszusammenarbeit kann diese Menschen über unterschiedlichste Maßnahmen unterstützen. Neben Hilfe bei der Migration in neue Regionen können beispielsweise Umschulungen gefördert und so neue Lebensgrundlagen geschaffen werden. Im Vergleich zu Versicherungsansätzen werden solche Instrumente von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bisher allerdings nur vereinzelt eingesetzt. Da existenzielle und irreversible Klimafolgen zunehmen werden, sollte sie sich dieser Thematik stärker widmen, empfiehlt das DEval.
Über die Evaluierung
Die Evaluierung ist Teil einer mehrstufigen DEval-Evaluierung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Der Fokus dieses Teils der Evaluierung lag auf der Relevanz, Effektivität und entwicklungspolitischen Wirksamkeit von Maßnahmen zum Umgang mit residualen Klimarisiken. Zum Einsatz kamen dabei qualitative und quantitative Datenerhebungs- und Analysemethoden, unter anderem eine groß angelegte standardisierte Haushalts- und Firmenbefragung und eine Flutmodellierung unter Nutzung von Geodaten. Für Fragen zur Evaluierung steht Dr. Sven Harten zur Verfügung.
Über den Bericht
Der Bericht “Evaluierung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Instrumente zum Umgang mit residualen Klimarisiken” ist auf der Website des DEval abrufbar.
Quelle: Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval), 02.12.2021