Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Direktwahlkreis Bonn: Katrin Uhlig von den Grünen hat das Direktmandat mit 216 Stimmen knapp vor ihrer SPD-Konkurrentin Jessica Rosenthal gewonnen.
Das war äußerst knapp: Nach stundenlangem Wahlkrimi und einem Kopf-an-Kopf-Rennen hat sich am Ende Katrin Uhlig von den Grünenmit nur wenigen Stimmen Vorsprung gegen ihre Mitbewerber von SPD und CDU, Jessica Rosenthal und Christoph Jansen, durchgesetzt. Die frühere Vorsitzende der Bonner Grünen zieht als direkt gewählte Bonner Bundestagsabgeordnete in das Berliner Parlament ein. Oberbürgermeisterin Katja Dörner verkündet um 0.21 Uhr das vorläufige Endergebnis. Uhlig gewinnt mit gerade einmal 216 Stimmen mehr gegen Rosenthal.
Damit ist Bonn mit Stand Sonntagnacht mit mindestens zwei Abgeordneten im Bundestag vertreten. Denn auch FDP-Kandidat Alexander Graf Lambsdorff kann sich per Listenplatz über einen Wiedereinzug in den Bundestag freuen. Und möglicherweise sind es am Ende sogar drei Bonner Abgeordnete in der Hauptstadt: Auch Rosenthal könnte über ihren NRW-Listenplatz 20 ein Ticket nach Berlin ergattert haben. Für Jansen ist der Traum von einem Mandat an der Spree vermutlich vorbei, da er lediglich auf Platz 34 der NRW-Liste steht.
Uhlig ist gerade weg von der Wahlparty der Grünen im Café Blau, als sie von ihrem knappen Sieg erfährt: „Es war ein unfassbar spannendes Rennen. Ich bin froh, dass mir die Wählerinnen und Wähler dieses Vertrauen geschenkt haben.“ Für sie sei es ein klares Votum für eine klimafreundliche Politik und die Mobilitätswende.
Es ist kurz vor 19 Uhr, als Bonns neue Stadtsprecherin Barbara Löcherbach im Pressezentrum im Stadthaus das erste Bonner Ergebnis bekannt gibt: Es stammt aus dem Wahlbezirk 423 Duisdorf Mitte. CDU-Kandidat Christoph Jansen liegt dort mit 27,35 Prozent knapp vor Mitbewerberin Jessica Rosenthal, die dort auf 27,07 Prozent kommt. Grünen-Kandidatin Katrin Uhlig liegt da auf Platz drei mit 20,51 Prozent. Der Trend dreht sich im Laufe der Stunden allerdings: Zwar bleibt Rosenthal fast durchgängig vor ihren beiden engsten Konkurrenten. Allerdings schmilzt ihr Vorsprung mit der Zeit. Uhlig und Jansen machen sich bis zuletzt Hoffnungen.
Christoph Jansen gibt sich als fairer Verlierer: „Wir lagen ja die ganze Zeit nur wenige Herzschläge auseinander“, sagt der CDU-Politiker, der in Bad Godesberg Bezirksbürgermeister ist. Er wertet sein Ergebnis durchaus positiv: „Das ist für mich schon ein persönlicher Erfolg angesichts des Gegenwinds, dem die CDU auf Bundesebene ausgesetzt ist.“ Fest steht für den CDU-Politiker: Er wird wahrscheinlich nicht über seinen Platz auf der NRW-Landesliste in den Bundestag einziehen. „Damit habe ich sowieso von Anfang an nicht gerechnet“, sagt er, „ich habe stets auf Sieg in Bonn gesetzt.“
Rosenthal selbst meldet sich nicht mehr beim GA für eine Stellungnahme zur späten Stunde. SPD-Ratsfraktionschefin Angelika Esch bleibt dagegen bis zum Ende im Ratssaal: „Jessica Rosenthal hat einen Super-Wahlkampf hingelegt. Leider hat es am Ende nicht gereicht.“
Dörner, die bis zu ihrer OB elf Jahre im Bundestag saß, freut sich über den Erfolg ihrer Parteifreundin Uhlig: „Das ist ein sensationelles Ergebnis für die Grünen in Bonn. Exakt ein Jahr nach der Kommunalwahl und OB-Wahl eine Bestätigung für die Grüne Politik in Bonn.“ Bevor sie sich nach Hause ins Bett begibt, umarmt sie Katrin Uhlig, die noch einmal ins Stadthaus vorbeigekommen ist.
Bereits gegen 18 Uhr haben sich neben Pressevertretern auch Mitglieder der Bonner Parteien und Ratsfraktionen im Ratssaal eingefunden, um von der OB die Ergebnisse für Bonn aus erster Hand zu erfahren.
Zu diesem Zeitpunkt steht bereits fest: Der Bonner FDP-Direktkandidat Alexander Graf Lambsdorff mit Listenplatz 3 in NRW kann sich über seinen Wiedereinzug ins Parlament freuen. Er verfolgte den Ausgang der Wahl in der Berliner Parteizentrale an der Reinhardtstraße. „Bonn bleibt eine liberale Hochburg“, freut sich der Bundestagsabgeordnete, der vor seinem Einzug in den Bundestag Europaabgeordneter war. „Ich bin super happy.“ Aus Sicht von Lambsdorff haben die Wählerinnen und Wähler die demokratische Mitte In Deutschland gestärkt. Die Ränder seien geschwächt worden. „Das ist die wichtigste Nachricht für Deutschland“, findet er.
Auf die Frage, welche Koalition er bevorzuge, sagt er: „Wir reden mit allen demokratischen Kräften“. Erste Glückwünsche aus Bonn erhält er vom Ehrenvorsitzenden des Kreisverbands der FDP, Werner Hümmrich: „Wir haben die Zweistelligkeit beim Erst- und Zweitstimmenergebnis geschafft. Darüber ich sehr glücklich.“
Recht eindeutiger Trend: Die Grünen gehen in der Stadt Bonn bei den Zweitstimmen als klare Wahlsieger hervor. Mit 27,2 Prozent liegen sie um 21.30 Uhr vor der SPD mit 22,58 Prozent und der CDU mit 22,53 Prozent. Gegenüber den vergangenen Bundestagswahlen vor vier Jahren legen die Grünen damit um 13,1 Prozentpunkte zu, während die CDU um 7,2 Prozentpunkte verliert. Die SPD kann um 2,5 Prozentpunkte zulegen. FDP, AfD und Linke verlieren gegenüber der Wahl von 2017.
Damit können die Grünen an ihre Erfolge aus den letzten Wahlen anknüpfen. Aus den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr waren sie als stärkste Kraft vor der CDU hervorgegangen und konnten nach der gewonnenen Stichwahl mit Katja Dörner erstmals eine Grüne Oberbürgermeisterin in Bonn stellen. Auch die Europawahl ein Jahr zuvor hatten sie mit 31,9 Prozent klar gewonnen.
Zutiefst enttäuscht zeigt sich Linken-Kandidat Ilja Bergen. „Das Ergebnis ist für uns eine Katastrophe.“ Die Linken hätten auch in Bonn ihre Themen nicht so platzieren können, dass sie bei den Menschen angekommen seien, sagt er. Obwohl die Armut weiter zugenommen habe.
Alle Ergebnisse der Bundestagswahl für Bonn: https://wahlen2.bonn.de/wahlen/BTW2021/05314000/praesentation/index.html
Quelle: General-Anzeiger Bonn, Lisa Inhoffen, Philipp Königs, 27.09.2021