Wenn es darum geht den Luftverkehr umweltverträglicher zu machen, gilt der erste Gedanke oft den Emissionen. Leisere und effizientere Triebwerke, die durch alternative Kraftstoffe vom Bio-Kerosin bis hin zum Wasserstoff, oder gar elektrisch angetrieben werden. Dies sind gute Wege zu einer kohlenstoffärmeren Luftfahrt. – Doch sie sind nicht die Einzigen: Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) setzen im Rahmen des EU-Projekts „SUSTAINair“ bereits bei der Fertigung des Flugzeugs auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz.
So schwer wie nötig, so stark wie möglich
Bei einem Flugzeug hängt alles miteinander zusammen. Rein mechanisch, aber auch metaphorisch. So gilt es möglichst leichte Materialien so dauerhaft wie möglich miteinander zu verbinden. Im klassischen Flugzeugbau werden aus Aluminium gefertigte Segmente mit Metallnieten verbunden. Diese Methode ist haltbar, trägt aber nicht unwesentlich zu einem hohen Gesamtgewicht des Flugzeuges bei.
Neue Flugzeugdesigns und -konzepte setzen auf leichte Verbundwerkstoffe, allen voran faserverstärkte Kunststoffe. Diese Faserverbundwerkstoffe sind nicht nur leichter, sie verfügen auch in Hinsicht auf Flexibilität über sehr gute Materialeigenschaften. Zudem ist hier auch der Einsatz von recycelten Materialien denkbar.
Die sichere und dauerhafte Verbindung von unterschiedlichen Materialien, insbesondere von Kunststoffen und Metallen in einem Luftfahrzeug, ist eine besondere Herausforderung. Das fertige Flugzeug soll später jahrzehntelang Passagiere sicher befördern, ist dabei stets Schwingungen und anderen mechanischen Belastungen ausgesetzt sowie extremen Temperaturunterschieden.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DLR-Instituts für Werkstoff-Forschung in Köln entwickeln und testen daher Kombinationen aus verschiedenen Fügetechniken. Dabei wird die Oberfläche von metallischen Bauteilen (Titan- und Aluminiumlegierungen) per Laser auf Nanoebene so aufgeraut, dass eine optimale Klebeverbindung mit faserverstärkten Kunststoffen erzielt wird. Zusätzlich werden mithilfe von additiven Fertigungsverfahren (3D-Druck) Makrostrukturen geschaffen, die für eine zusätzliche mechanische Verbindung beider Werkstoffe sorgen. Dabei kann es sich beispielsweise um kleine Stifte auf Metallplatten handeln, welche eine doppelte Sicherung der Verbindungsstelle darstellen.
Durch die fortgeführte Erforschung der Festigkeit solcher Fügetechniken lassen sich in Zukunft Sicherheitsmargen präziser definieren, was zu einer weiteren Gewichtsreduktion beitragen kann.
Laser und Titan
Eine weitere Fertigungstechnik mit rapide wachsender Bedeutung für die Luft- und Raumfahrtindustrie ist „Laser Powder Bed Fusion (LPBF)“, besser bekannt als der 3D Laser-Druck von metallischen Bauteilen. Es handelt sich um ein additives Verfahren, bei dem metallische Legierungen in Pulverform in einem flachen Bett aufgetragen und dann per Laser schichtweise und punktgenau verschweißt wird. Dadurch lassen sich komplexe Bauteile, wie zum Beispiel Verdichterschaufeln von Flugzeugturbinen, mit zuvor nur schwierig bis unmöglich zu produzierenden Geometrien aufbauen. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Technologie auch die wirtschaftliche Produktion von Einzelteilen oder Kleinserien ermöglicht, wie sie in der Luft- und Raumfahrt häufig vorkommen. Herkömmliche Fertigungsverfahren, wie beispielsweise das Fräsen eines Bauteils aus einem Metallblock, führen zu einem hohen Anteil von Abfällen, die nicht oder nur schwierig wieder aufzubereiten sind.
Das für hochbelastete Strukturen häufig verwendete Titanpulver aus dem 3D-Druck kann grundsätzlich aufbereitet und wiederverwendet werden. Bei der Aufbereitung muss jedoch auf die Gleichmäßigkeit der granularen Struktur geachtet sowie die Versprödung des Titans durch Oxidation vermieden werden.
Der Schlüssel zur Vermeidung der Oxidation des pulverförmigen Werkstoffs liegt in der im Laserdrucker vorhandenen Feuchtigkeit und Gasdichtigkeit des Werkraums. Nach aktuellen Vorgaben muss Titanpulver, das für Luftfahrtanwendungen genutzt wird, komplett neu sein. „Unser Ziel ist es, gute mechanische Eigenschaften auch bei Komponenten zu erzielen, die aus wiederverwendetem Pulver gefertigt wurden, um ein Pulverrecycling zu ermöglichen. Bei Kosten von rund 300 Euro pro Kilogramm und in Anbetracht des Produktionsaufwandes wäre dies aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht ein großer Schritt,“ sagt Dr. Miriam Löbbecke, Abteilung Metallische und hybride Werkstoffe am DLR-Institut für Werkstoff-Forschung.
SUSTAINair
SUSTAINair ist Teil des EU-Programms „Horizon 2020“. Es hat zum Ziel, im Sinne eines kreislaufwirtschaftlichen Ansatzes Lösungen zur Steigerung der Ressourceneffizienz von Flugzeugen zu identifizieren und zu entwickeln. Gleichzeitig sollen Abfall und Materialkosten über den gesamten Lebenszyklus des Flugzeugs reduziert werden. SUSTAINair startete 2021, und ist mit einem Budget von fünf Millionen Euro auf eine Laufzeit von dreieinhalb Jahren angelegt. Das Konsortium besteht aus elf europäischen Forschungs- und Industriepartnern.
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 19.04.2021