DEval | Strukturierte Fonds: ein Kriseninstrument in der Corona-Pandemie?

Die Corona-Pandemie hat die stärkste Wirtschaftskrise seit fast einem Jahrhundert ausgelöst: Die Weltwirtschaft könnte 2021 um bis zu 7,6 Prozent einbrechen (OECD, 2020). Der globale Süden ist zusätzlich davon betroffen, dass private Investoren in Krisenzeiten ihre Investitionen in vermeintlich sichere Märkte verlagern. Allein im März 2020 zogen sie 83 Milliarden US-Dollar aus Schwellenländern ab (IIF, 2020), was den Finanzierungbedarf dieser Länder weiter erhöht.

Kleinere Unternehmen sind besonders von den Folgen der Pandemie betroffen

Die Kapitalflucht verschärft die bestehenden Liquiditätsengpässe der kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU) in Entwicklungsländern, von denen bereits vor der Krise 40 bis 44 Prozent unzureichenden Zugang zu Krediten hatten (IFC, 2017). Auch das lokale Herunterfahren der Wirtschaft bedroht KKMU stärker als größere Unternehmen, da sie meistens über weniger Rücklagen verfügen und weniger digitalisiert sind (OECD, 2020). Millionen Arbeitsplätze sind gefährdet, denn KKMU stellen 30 Prozent der Arbeitsplätze im Privatsektor in Entwicklungsländern (EUIFI, ohne Datum).

Was sind Strukturierte Fonds?

Strukturierte Fonds sind ein Finanzierungsansatz, der sich sowohl dem Finanzierungsbedarf der Entwicklungs- und Schwellenländer als auch den Kreditrestriktionen der KKMU widmet. In der Regel kombinieren Strukturierte Fonds Haushaltsmittel des Bundes mit Marktmitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und/oder anderer Finanzinstitutionen mit privaten Investitionen. Die öffentlichen Geber im Fonds übernehmen einen Großteil des Investitionsrisikos und reduzieren damit das Risiko für Privatinvestoren. Die Fonds vergeben Kredite an Finanzinstitutionen wie Mikrofinanzbanken in Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese wiederum vergeben Kredite an KKMU oder andere Endkreditnehmende.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) plant, im Rahmen des Corona-Sofortprogramms, auch seine Beiträge zu den Strukturierten Fonds für KKMU (im Konzept genannt: REGMIFA und SANAD) aufzustocken (BMZ, 2020). Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit schloss kürzlich eine Evaluierung zu Strukturierten Fonds ab (siehe Policy Brief 3/2020). Dieser Blogbeitrag beleuchtet vor diesem Hintergrund das Potenzial der Strukturierten Fonds, Liquiditätsengpässe in der KKMU-Finanzierung in Entwicklungs- und Schwellenländern zu überbrücken und so dazu beizutragen, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern.

Chancen und Risiken für die Deckung des Finanzierungsbedarfs

Der große Risikopuffer der Strukturierten Fonds reduziert das Risiko für private Investoren, die dadurch einen Anreiz haben, in Regionen und Sektoren zu investieren, die sie als riskant wahrnehmen. Die Mobilisierung privater Mittel ist jedoch bisher vor allem in Ländern erfolgreich, die als weniger riskant gelten, unter anderem in Südosteuropa, während Fonds in Subsahara Afrika weniger erfolgreich in der Mobilisierung privater Mittel sind. Demnach stellen in den meisten Fonds private Investoren weniger als 30 Prozent der Gesamtmittel.

Dennoch tragen die Strukturierten Fonds durch ihr hohes Finanzierungsvolumen insgesamt (gestellt von öffentlichen Gebern, Entwicklungsfinanzinstitutionen und privaten Investoren) zur Deckung des Finanzierungsbedarfs in Entwicklungs- und Schwellenländern bei und haben so auch das Potenzial, die Kapitalflucht privater Investoren durch die Corona-Pandemie abzufedern. Eine Aufstockung der öffentlichen Mittel könnte zumindest verhindern, dass private Investoren weitere Mittel aus den Fonds abziehen. Dabei können die Strukturierten Fonds flexibel auf die Bedürfnisse besonders betroffener Länder und Sektoren eingehen, da sie meist regional oder sogar global agieren. Neue Fonds hingegen benötigen eine relativ lange Zeit zur Aufsetzung und eignen sich daher nicht für die kurzfristige Bereitstellung von Finanzierung, die in Krisen benötigt wird.

Da die Fonds Kredite zu marktüblichen Konditionen vergeben, sind sie weniger dafür geeignet, die ärmsten Länder oder Finanzinstitutionen mit besonders riskantem Portfolio und marginalisierte Gruppen zu finanzieren, obwohl diese von Krisen besonders betroffen sind. Strukturierte Fonds sind daher in Ergänzung zu anderen Ansätzen wie Zuschüssen zu sehen, die nicht zurückgezahlt werden und daher keinen Anspruch an Wirtschaftlichkeit stellen. Hinzu kommt, dass die Fonds derzeit vor allem im KKMU-Bereich aktiv sind. Durch die Corona-Pandemie sind jedoch auch die erheblichen Finanzierungsbedarfe in anderen Sektoren, in denen die Fonds bisher nur vereinzelt oder gar nicht investieren, dringlicher geworden. Dies trifft vor allem auf das Gesundheitswesen zu, aber auch auf die Sektoren Bildung, Wasser und Abwasser.

Chancen und Risiken für die Überbrückung von Liquiditätsengpässen

Strukturierte Fonds stellen langfristige Finanzierung zur Verfügung und tragen damit zur Stabilität und finanziellen Nachhaltigkeit der Finanzinstitutionen und des Finanzsystems im jeweiligen Land bei. Das gilt besonders für die sieben der neun untersuchten Fonds, die einen Teil der Finanzierung in Lokalwährung anbieten. In diesen Fällen übernehmen sie das volle Währungsrisiko. Die Corona-Pandemie zeigt, warum das für Finanzinstitutionen wichtig ist: Währungen wie der südafrikanische Rand und der brasilianische Real verloren zwischen Jahresbeginn und April 20 Prozent ihres Werts gegenüber dem US-Dollar (Handelsblatt, 2020), was die Kosten für Rückzahlungen in US-Dollar in die Höhe treibt.

Die Evaluierung zeigt, dass die Finanzierung der Fonds es den Finanzinstitutionen ermöglicht, mehr Kredite zu vergeben, wodurch mehr Endkreditnehmende – oftmals KKMU – Zugang zu Finanzierung haben, um Liquiditätsengpässe durch Umsatzeinbrüche zu überbrücken. Da die Fonds hauptsächlich finanziell stabile Institutionen fördern, können diese eher als kleine, jüngere Institutionen den Zugang zu Finanzierung auch in Krisenzeiten sicherstellen.

Diese Auswahl bedeutet jedoch auch, dass die meisten Finanzinstitutionen kaum Endkreditnehmende erreichen, die zuvor keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hatten. Das hängt auch damit zusammen, dass die Fonds die Wirkung auf Endkreditnehmende generell zu wenig beispielsweise über Indikatoren nachhalten. Dadurch ist kaum nachvollziehbar, ob die Institutionen die Kredite während der Corona-Pandemie auch an die KKMU vergeben, die die größten Zahlungsschwierigkeiten haben, und ob sie die Endkreditnehmenden anderweitig unterstützen. Eine Möglichkeit könnte etwa sein, Rückzahlungsforderungen auszusetzen. Hier kommt verschärfend hinzu, dass Kundenschutzprinzipien nicht in allen Fällen eingehalten werden. So ermöglichen einige Finanzinstitutionen Endkreditnehmenden die Aufnahme mehrerer Kredite und erhöhen damit das Risiko einer Überschuldung. Gerade bei den finanziellen Einbußen, die durch die Corona-Pandemie entstehen, steigt so auch das Insolvenzrisiko.

Das Potenzial von Strukturierten Fonds nutzen

Strukturierte Fonds haben das Potenzial, zur Stabilisierung von Entwicklungs- und Schwellenländern in der Corona-Pandemie beizutragen. In Krisenzeiten spielen sie ihre Stärken aus: die Investitionen tragen dazu bei, die Kapitalflucht privater Investoren aus Entwicklungs- und Schwellenländern abzufedern und die Flexibilität der Strukturen erlaubt es den Fonds, kurzfristig auf veränderte Bedarfe zu reagieren. Durch die Finanzierung – auch in Lokalwährung – von finanziell stabilen Finanzinstitutionen tragen die Strukturierten Fonds zur Stabilität des Finanzsystems im Partnerland bei und unterstützen die Institutionen darin, KKMU den Zugang zu Finanzierung auch in Krisenzeiten zu ermöglichen, wodurch diese Liquiditätsengpässe überbrücken können. Ob dies tatsächlich stattfindet, ist jedoch nur schwer nachvollziehbar, da die Fonds nur unzureichend nachhalten, welche Endkreditnehmenden erreicht werden und wie sich die Fondsfinanzierung auf diese auswirkt. Um das Risiko von Überschuldung und Insolvenz zu minimieren, sollten die Fonds ihre Wirkung auf Endkreditnehmende gerade in Krisenzeiten besonders nachhalten. Außerdem sollte geprüft werden, inwiefern die Strukturierten Fonds auch zur Deckung der Finanzierungsbedarfe in anderen Sektoren als dem KKMU-Bereich beitragen können, um die Resilienz der Partnerländer für zukünftige Pandemien zu stärken – beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wasser- und Abwasser.

Weitere Informationen

Quelle: Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval), Valerie Habbel, Johanna Richter, Magdalena Orth-Rempel, 21.01.2021