Landbesitz konzentriert sich weltweit in immer weniger Händen. Das Nachsehen haben kleinbäuerliche Betriebe, Ureinwohner*innen und insbesondere auch Frauen, deren Existenz vom Zugang zu Land abhängt. Der diese Woche veröffentlichte Bericht „Uneven Ground: Land Inequality at the Heart of Unequal Societies“ der International Land Coalition – der auch die Welthungerhilfe und Oxfam angehören – zeigt: Bereits seit den 1980er Jahren verschärft sich die Ungleichheit bei Land und liegt aktuell um 41 Prozent höher als angenommen.
Heute kontrollieren die reichsten 10 Prozent der ländlichen Bevölkerung über 60 Prozent der Grundstückswerte, während die ärmsten 50 Prozent gerade einmal über drei Prozent der Grundstückswerte verfügen. Auf diese Weise bedroht ungleicher Zugang zu Land die Existenzgrundlage von rund 2,5 Milliarden Menschen in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sowie 1,4 Milliarden der Ärmsten weltweit, deren Existenz weitgehend von der Landwirtschaft abhängt.
Aktuell bewirtschaften ein Prozent der größten Landwirtschaftsbetriebe mehr als 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit. Über 80 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe wiederum sind Kleinbauern. Selbst in der EU ist dieser Trend zu beobachten: Denn weniger als drei Prozent der Höfe beanspruchen mehr als die Hälfte des Ackerlandes.
Verantwortlich für den wachsenden Trend von Land-Ungleichheit ist u.a. das zunehmende Interesse von Unternehmen und Finanzakteuren an Investitionen in landwirtschaftliche Flächen. Dazu gehört auch die US-amerikanische Firma BlackRock als größter globaler Vermögensverwalter mit einem Vermögen von 7,43 Billionen US-Dollar, einem fast doppelt so großen Volumen wie das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland mit vier Billionen US-Dollar für das Jahr 2019. Auf diese Weise werden Landbesitz und -kontrolle immer stärker konzentriert und gleichzeitig intransparenter.
„Wachsende Ungleichheit beim Zugang zu Land ist ein Treiber für Hunger und Armut. Die Erde gehört uns allen, Land darf kein Spekulationsobjekt sein. Es muss alle Menschen ausreichend ernähren, die Umwelt muss für künftige Generationen bewahrt werden“, unterstreicht Marion Aberle, Politikreferentin der Welthungerhilfe für das Thema Landrechte. „Für alle Bauern weltweit und in der Landwirtschaft beschäftigte Menschen ist entscheidend, dass sie über gesicherte Landrechte und ein existenzsicherndes Auskommen verfügen. Hier stehen die Regierungen in der Pflicht. Alle Investoren müssen ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen.“
„Das Land ist viel ungerechter verteilt als angenommen. Wenige Großgrundbesitzer verfügen über tausende Hektar wertvollen Landes, während kleinbäuerliche Familien häufig nicht von ihren ein bis zwei Hektar Land leben können und vielfach hungern“, sagt Marita Wiggerthale, Oxfam-Referentin für Welternährung und globale Agrarfragen. „Es besteht zudem ein enger Zusammenhang zwischen Landungleichheit, dem Verlust der biologischen Vielfalt, der globalen Gesundheitskrise und der Verbreitung von Krankheiten durch Zoonosen. Um den sozial-ökologischen Umbau der Landwirtschaft vorantreiben zu können, muss die Macht der Großgrundbesitzer gebrochen werden.“
Die Welthungerhilfe und Oxfam sind Mitglieder der International Land Coalition: einem Netzwerk von über 250 Organisationen weltweit, die sich für die Stärkung von Landrechten, der Unterstützung von Frauen, Männern und Gemeinschaften einsetzen, deren Existenzgrundlage vom Zugang zu Land abhängt. Weitere Informationen zum „Global Land Inequality Report“ finden Sie unter www.landcoalition.org und www.unevenground.org
Quelle: Deutsche Welthungerhilfe e.V., 24.11.2020