Diskriminierung von Frauen und Gewalt gegen Frauen sind überall auf der Welt alltäglich. Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, riefen lateinamerikanische und karibische Feministinnen im Jahr 1981 – und im Jahr 1999 auch die Vereinten Nationen – den 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen aus.
Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM) ist so ein Fall von Gewalt gegen Frauen. In einigen Gegenden in Sierra Leone in Westafrika beispielsweise sind 95 Prozent der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren davon betroffen. Das Bewusstsein für die körperlichen und psychischen Folgen ist sehr gering, die Anreize, die Praxis fortzuführen sind hingegen groß: Frauen, die sich keiner Genitalverstümmelung unterziehen, werden stigmatisiert und ausgegrenzt. Beschneiderinnen verlieren ihr Ansehen und ihre Einnahmen.
Die sierra-leonische Frauenrechtsorganisation Amazonian Initiative Movement (AIM) hat es sich zum Ziel gemacht, Genitalverstümmelung entgegenzuwirken. AIM verfolgt dabei einen integrativen Ansatz: Sie wenden sich nicht nur an die unmittelbar Beteiligten wie Beschneiderinnen, Mädchen und Eltern, sondern binden in ihre Aufklärungsarbeit auch Gesundheitspersonal, Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte sowie in der Gemeinschaft respektierte Führungspersonen ein.
Gemeinsam mit dem deutschen Verein PfefferminzGreen e.V. und gefördert durch das Programm bengo von Engagement Global hat AIM das Projekt „Wasserbrunnen gegen Genitalverstümmelung (FGM)“ ins Leben gerufen. Mit dem Projekt gehen die Beteiligten gleich vier Probleme an: ungenügende Wasserversorgung, mangelhafte hygienische Bedingungen, Armut und Genitalverstümmelung.
Um Verbesserungen in diesen Bereichen zu erzielen, wurden 30 Wasserbrunnen in 30 Dörfern gebaut, die alle Bewohnerinnen und Bewohner mit fünf Litern Wasser pro Person und Tag versorgen. Die Brunnen wurden mit einfachen, leicht zu bedienenden Handpumpen ausgestattet. Für den Betrieb ist die Dorfgemeinschaft verantwortlich, Reparaturen und die Instandhaltung übernehmen 60 eigens dafür ausgebildete Fachkräfte für Mechanik.
Workshops, Gruppendiskussionen und kulturelle Aktivitäten vermittelten, wie Hygienestandards dauerhaft verbessert werden können, um den Ausbruch und die Verbreitung von Krankheiten zu reduzieren. Zudem wurden die Menschen sensibilisiert, welche negativen Folgen die Genitalverstümmelung für die Gesundheit von Mädchen und Frauen dauerhaft hat. Den Beschneiderinnen wurden Einkommensalternativen geboten wie zum Beispiel Landwirtschaftskurse oder andere Qualifizierungen.
Am Ende der Projektlaufzeit organisierte AIM im Dorf Mathaska im Port Loko Distrikt die allererste „Bondo without blood“-Zeremonie des Landes. Die Aufnahme junger Frauen in die Bondo Society, sogenannte Frauengeheimbünde, erfolgt üblicherweise durch das Ritual der Beschneidung. Zu Beginn der alternativen Zeremonie erklärten 40 Beschneiderinnen, dass sie ihre Messer und Klingen niederlegen und sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen werden. Auch tauschten die Beschneiderinnen ihre traditionell rot-weiße Kopfbedeckung gegen eine blau-gelbe, die seither für einen unblutigen Initiationsritus steht. 70 Mädchen über 18 unterzogen sich der alternativen Initiation: Sie gingen für 15 Tage in den Busch, lernten etwas über ihr kulturelles Erbe, traditionelle Medizin, aber auch über Körperpflege und Hauswirtschaft.
Über bengo
Bengo berät deutsche Nichtregierungsorganisationen zu Fragen rund um die Förderung von Auslandsprojekten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und unterstützt in allen Phasen eines Projekts: im Vorfeld, während der Antragstellung, bei der Projektdurchführung und beim Abschluss des Vorhabens
Quelle: Engagement Global, 25.11.2020