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All eyes are on London, and specifically the House of Commons, right now. Political dynamics in Brussels fundamentally changed right after the British referendum in 2016. This also affects European policy on Africa, where the UK once played a leading role but is now almost invisible on the European stage. The EU will need to realign its cooperation with Africa following Brexit. Germany will have multiple opportunities in the near future to proactively shape this new orientation, whether in negotiations on the new EU budget and the post-Cotonou agreement with the African, Caribbean and Pacific (ACP) countries, or after the inauguration of the next European Commission.
Three fundamental questions arise for European cooperation with Africa post Brexit: to what extent will the EU’s goals, interests, strategies and instruments change? Will Europe become more or less attractive to African partners and will there be any change in what these partners expect of Europe? And how can the EU reshape its relationship with the UK on Africa policy?
More competition in economic cooperation
Competition in economic cooperation with Africa has increased in recent years due to the greater presence of China and other actors. The UK’s departure weakens the EU’s global position, even if its 27 remaining member countries will together continue to be Africa’s key trading partners for the foreseeable future. While small in number, the nations with which Britain has close economic relations, such as Nigeria, South Africa and Kenya, are economically significant. The extent to which the UK will step up competition with the EU in this area and, for example, attempt to offer its African partners more attractive and development friendly trade agreements, also depends on whether it will, as announced, realign its relationships with the Commonwealth countries.
Peace and security: opportunities for cooperation
Thanks to its significant financial and political contributions to the EU, Britain has traditionally been a driving force in Europe’s peace and security policy in Africa. Focusing on conflict prevention and peacebuilding, the UK has made particular efforts at regional level to promote conflict transformation in the Horn of Africa, while France has concentrated its activities on West Africa.
Germany has also become more involved in peace and security work in recent years. The Treaty of Aachen stresses the importance of peace and security to Franco-German cooperation with Africa. Conflict prevention and peacebuilding are still likely to be areas of cooperation in which the EU and Britain have a common interest after Brexit.
Who will assume the role of agenda-setter in development policy?
The UK is the fourth largest European donor in Africa after the EU institutions, France and Germany. British funding is especially important in countries such as Zimbabwe, Malawi, Tanzania, Uganda, Ethiopia and Somalia. These nations, with the exception of Ethiopia, are not the focus of migration policy initiatives such as the EU Emergency Trust Fund for Africa, nor are they at the heart of efforts to promote investment. The EU needs to examine the extent to which close development cooperation with Britain is possible and beneficial within these countries even after Brexit.
Aside from key financial contributions, the UK will primarily be missed as an agenda setter in European (and global) development policy. Britain has committed to championing topics such as results-oriented development cooperation, the promotion of equality and a focus on low-income countries.
Additionally, the UK has traditionally advocated within the EU for the furthering of human rights and good governance in Africa. It is not clear who will take these topics forward in future within the EU and shape the content of European development policy.
Germany’s new responsibility
The EU and its member states must pull together more in their cooperation with African partners. Given the structural challenges in African societies and greater international competition (with China, for instance), bilateral measures by individual EU member states are losing relevance. As a result, there is already growing scope for Germany to assume more responsibility for shaping things not only at the bilateral level but also with regard to the EU’s policy towards Africa. The Federal Republic cannot and should not move forward in this area alone. Instead, it must actively seek to form (new) coalitions and alliances – not only with France, but also with other member states.
Hackenesch, Christine / Niels Keijzer
The Current Column (2019)
Source: The Current Column Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 25.02.2019[:de]
Alle Augen sind dieser Tage auf das House of Commons in London gerichtet. In Brüssel hat sich die politische Dynamik schon seit dem britischen Referendum in 2016 grundlegend verändert. Dies betrifft auch die europäische Afrikapolitik, wo Großbritannien vorher eine Hauptrolle spielte, aber heute auf europäischer Bühne fast nicht mehr wahrnehmbar ist. Nach dem Brexit muss die EU ihre Zusammenarbeit mit Afrika neu justieren. Deutschland hat in naher Zukunft mehrere Gelegenheiten, um die Neuausrichtung proaktiv mitzugestalten: die Verhandlungen zum nächsten EU-Haushalt, die Verhandlungen zum Post-Cotonou Abkommen mit den Afrikanischen-, Karibischen und Pazifikstaaten (AKP) und den Amtsantritt der neuen Europäischen Kommission.
Für europäische Kooperation mit Afrika stellen sich nach dem Brexit drei grundsätzliche Fragen: Inwiefern verändern sich die Ziele, Interessen, Strategien und Instrumente der EU? Ändert sich die Attraktivität von Europa für afrikanische Partner und die Erwartungen der Partner an Europa? Und wie kann die EU ihre Beziehungen zu Großbritannien in der Afrikapolitik neu gestalten?
Mehr Wettbewerb in der Wirtschaftskooperation
Der Wettbewerb in der Wirtschaftskooperation mit Afrika hat in den letzten Jahren durch die stärkere Präsenz von China und anderen Akteuren zugenommen. Der Austritt Großbritanniens schwächt die globale EU-Position, auch wenn die EU-27 auf absehbare Zeit der wichtigste Handelspartner Afrikas bleiben. Die engen Wirtschaftsbeziehungen Großbritanniens sind auf einige wenige, aber wirtschaftlich wichtige Länder wie Nigeria, Südafrika oder Kenia konzentriert. Inwiefern Großbritannien hier in einen stärkeren Wettbewerb mit der EU tritt und beispielsweise versucht afrikanischen Partnern attraktivere und entwicklungsfreundlichere Handelsabkommen anzubieten, wird auch davon abhängen, ob das Land wie angekündigt die Beziehungen zu den Ländern des Commonwealth neu ausrichtet.
Frieden und Sicherheit: Chancen für Kooperation
Großbritannien ist durch die signifikanten finanziellen sowie politischen Beiträge in der EU traditionell eine treibende Kraft der europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik in Afrika. Es setzt dabei besonders auf Konfliktprävention und Friedensförderung. Regional hat Großbritannien sich insbesondere für die Konfliktbearbeitung am Horn von Afrika eingesetzt, während Frankreich sich stärker in Westafrika einbringt.
Auch Deutschland hat sich in den letzten Jahren stärker im Bereich Frieden und Sicherheit engagiert. Der im Januar unterzeichnete Vertrag von Aachen betont die Bedeutung von Frieden und Sicherheit für die deutsch-französische Kooperation mit Afrika. Konfliktprävention und Friedensförderung sind auch nach dem Brexit vermutlich Bereiche, in denen EU-Kooperation mit Großbritannien im gemeinsamem Interesse ist.
Wer übernimmt die Rolle des „Agenda-Setters“ in der Entwicklungspolitik?
Großbritannien ist in Afrika der viertgrößte europäische Geber – nach den EU-Institutionen, Frankreich und Deutschland. In Ländern wie Simbabwe, Malawi, Tansania, Uganda, Äthiopien oder Somalia sind britische Gelder besonders wichtig. Mit Ausnahme von Äthiopien sind dies Länder, die weder bei migrationspolitischen Initiativen wie beispielsweise dem EU-Treuhandfonds für Afrika oder bei der Förderung von Investitionen besonders im Fokus stehen. Die EU muss prüfen, inwiefern innerhalb dieser Länder auch nach dem Brexit eine enge entwicklungspolitische Kooperation mit Großbritannien möglich und sinnvoll ist.
Jenseits der wichtigen finanziellen Beiträge wird Großbritannien vor allem als agenda setter in der europäischen (und globalen) Entwicklungspolitik fehlen. Großbritannien hat sich eingesetzt für Themen wie die Ergebnisorientierung der Entwicklungszusammenarbeit, Genderförderung, und für die Fokussierung auf Niedrigeinkommensländer.
Darüber hinaus hat Großbritannien sich innerhalb der EU traditionell für die Förderung von Menschenrechten und guter Regierungsführung in Afrika stark gemacht. Wer diese Themen innerhalb der EU künftig vorantreibt und die europäische Entwicklungspolitik inhaltlich prägt, ist unklar.
Neue deutsche Verantwortung
Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Partnern stärker gemeinsam handeln. Angesichts der strukturelle Herausforderungen afrikanischer Gesellschaften und des stärkeren internationalen Wettbewerbs (beispielsweise mit China) verlieren bilaterale Einzelmaßnahmen einzelner EU-Mitgliedsstaaten an Relevanz. Schon jetzt erwächst damit für Deutschland mehr Verantwortung, sich nicht nur bilateral, sondern auch in der europäischen Afrikapolitik stärker gestaltend einzubringen. Deutschland kann und sollte dabei nicht alleine voranschreiten, aber muss sich aktiv um (neue) Koalitionen und Allianzen bemühen – nicht nur mit Frankreich, sondern auch mit anderen Mitgliedsstaaten.
Hackenesch, Christine / Niels Keijzer
Die aktuelle Kolumne (2019)
Quelle: Die aktuelle Kolumne Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 25.02.2019[:]