Würden alle Länder weltweit so haushalten wie Deutschland, bräuchten wir drei Erden
Am nächsten Mittwoch (2. Mai) ist der deutsche Erdüberlastungstag. Wäre der Ressourcenverbrauch der Weltbevölkerung so groß wie in Deutschland, dann hätte sie schon bis zu diesem Zeitpunkt die regenerierbaren Ressourcen verbraucht, die ihr für das gesamte Jahr zur Verfügung stehen. Um einen solchen Verbrauch nachhaltig zu decken, bräuchten wir drei Erden. Die Menschen hierzulande leben ab dem 2. Mai daher auf Kosten kommender Generationen und der Menschen im globalen Süden, die deutlich weniger verbrauchen, aber stärker von den ökologischen Folgen betroffen sind.
„Es ist bisher keine Trendwende bei unserem viel zu großen Ressourcenverbrauch in Sicht”, sagt Julia Otten von Germanwatch. „Der Tag zeigt, dass wir schnell unseren CO2-Ausstoß verringern müssen, der in Deutschland seit 2009 nicht mehr gesunken ist. Der ökologische Fußabdruck der Menschen und der Wirtschaft hierzulande muss deutlich kleiner werden.” Vor allem bei den Emissionen aus der Energieversorgung und dem Verkehr bestehe dringender Handlungsbedarf.
Darüber hinaus seien der enorme Flächenbedarf für die Fleischproduktion sowie die Überlastung der Böden durch den Düngemitteleinsatz in der industriellen Landwirtschaft zentrale Faktoren, die unseren Planeten überfordern. „Die neue Bundesregierung muss die Klima- und die Agrarpolitik zusammen denken”, sagt Lena Michelsen von INKOTA. „Die geplante Fusion der Agrarkonzerne Bayer und Monsanto zementiert hingegen das klimaschädliche Modell der industriellen Landwirtschaft. Durch den Einsatz von Stickstoffdünger, die Flächenumwandlung in Monokulturen und den enormen Energieaufwand wird der Klimawandel angeheizt. Die Stimme gegen das Glyphosat-Verbot im vergangenen Jahr belegt den industriefreundlichen Kurs der deutschen Agrarpolitik.”
Der deutsche Erdüberlastungstag verdeutlicht die ökologischen Grenzen des Planeten und zeigt, wie immens diese in Industrienationen wie Deutschland überschritten werden. Zum Vergleich: Bei einem weltweiten Ressourcenverbrauch wie heute in den USA bräuchten wir fünf Erden, bei einem wie in China 2,2, wie in Frankreich 2,8 und in Großbritannien 2,9 Erden. Die gesamte Weltbevölkerung bräuchte 1,7 Erden, um den globalen Bedarf an natürlichen Rohstoffen wie Ackerland und Wäldern nachhaltig zu decken. Der globale Erdüberlastungstag wird im August erwartet.
Der Erdüberlastungstag (global und für einzelne Länder) wird vom Global Footprint Network errechnet. Nach diesen Berechnungen sind wir weltweit seit den frühen Siebzigerjahren in einer globalen Raubbausituation. „Dieser ‚Overshoot‘ ist einer der wesentlichsten Trends, die die Zukunft der Menschheit bestimmen. Erstaunlicherweise fehlt uns das entsprechend präzise Wort auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch etc. Das ist, wie wenn wir von einer Krankheit befallen wären, aber der Doktor keinen Namen dafür hat, und nur eine vage Therapie“, sagt Mathis Wackernagel vom Global Footprint Network. In Deutschland ist der Tag im Vergleich zum Vorjahr (24. April) etwas nach hinten gewandert. Das Global Footprint Network erklärt jedoch, dass die leichte Verbesserung in dem Basisjahr für die aktuelle Berechnung (2014) vor allem auf Schwankungen bei den CO2-Emissionen zurückzuführen ist. Diese waren wegen eines milden Winters von 2013 auf 2014 leicht gesunken. Sie stiegen danach aber wieder an.
Zum Hintergrund: Bei der Berechnung des Erdüberlastungstages werden zwei Größen gegenübergestellt: zum einen die biologische Kapazität der Erde, Ressourcen aufzubauen und Abfälle wie CO2-Emissionen aufzunehmen (Biokapazität), zum anderen der gesamte Bedarf an nutzbaren natürlichen Ressourcen wie Wäldern, Ackerland und Flächen, den die Menschen für ihre derzeitige Lebens- und Wirtschaftsweise brauchen (ökologischer Fußabdruck). Diese ökologische Buchhaltung wird auch auf Länder angewendet, hier für den Erdüberlastungstag auf Deutschland. Er wird mit UN-Daten berechnet.
Für Daten zu allen Ländern: data.footprintnetwork.org
Fragen und Antworten zum deutschen Erdüberlastungstag: https://germanwatch.org/de/15394
Quelle: Pressemitteilung Germanwatch e.V., 26.04.2018