Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert neuen Sonderforschungsbereich mit zehn Millionen Euro
Wenn es um den sozial-ökologischen Wandel von Gesellschaften geht, wird er häufig aus der Rückschau untersucht. Ein neuer Sonderforschungsbereich (SFB) unter Leitung der Universität Bonn untersucht solche Transformationen im ländlichen Afrika aus einer neuen Perspektive: Statt der Retrospektive untersuchen die beteiligten Wissenschaftler, welchen Einfluss Visionen von der Zukunft auf den Landnutzungswandel haben. Die Universität Köln und das Bonn International Center for Conversion (BICC) sind ebenfalls beteiligt. Der SFB wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in den nächsten vier Jahren mit rund zehn Millionen Euro gefördert.
Der regionale Forschungsfokus des neuen Sonderforschungsbereichs richtet sich auf das Kenianische Rift Valley, den landwirtschaftlichen Wachstumskorridor in Süd-Tansania und den grenzüberschreitenden Kavango-Zambezi-Park im südlichen Afrika. Die Wissenschaftler untersuchen, wie sich die scheinbar gegenläufigen Prozesse der landwirtschaftlichen Intensivierung einerseits und der Ausweitung von Naturschutzgebieten andererseits auf den künftigen Wandel der Landnutzung auswirken. Es geht dabei um so unterschiedliche Phänomene wie zum Beispiel den Einsatz von Mobiltelefonen in der Agrarberatung, die Nutzung alternativer Energien, Ertragssteigerungen und „Grünes Wachstum“, aber auch um Landkonflikte, neue Krankheiten und Armut.
„Während sozial-ökologische Transformation bisher vorwiegend aus der Vergangenheit abgeleitet wurde, folgt dieser SFB einem anderen Ansatz: Er greift aktuelle Debatten aus dem interdisziplinären Feld der Zukunftsstudien auf und befasst sich mit dem »Zukunft-Machen«“, sagt SFB-Sprecher Prof. Dr. Detlef Müller-Mahn vom Geographischen Institut der Universität Bonn. Vorstellungen von der Zukunft haben demnach einen großen Einfluss auf die aktuelle Dynamik der Landnutzung.
„Während sich die Naturwissenschaften primär mit einer Zukunft der Wahrscheinlichkeiten durch Berechnungen, Messungen und Modellierungen befassen, nehmen die Sozialwissenschaften außerdem in den Blick, wie eine »Zukunft der Möglichkeiten« in Visionen und Wunschbildern Ausdruck findet“, sagt Prof. Müller-Mahn.
Im neuen Sonderforschungsbereich „Future Rural Africa: Zukunft-Machen und sozial-ökologische Transformation“ (SFB/TR 228) untersuchen drei Projektgruppen unterschiedliche Teilaspekte des sozial-ökologischen Wandels und des „Zukunft-Machens“ im ländlichen Afrika. Eine Gruppe befasst sich damit, wie verschiedene Bestandteile innerhalb sozial-ökologischer Systeme zusammenwirken. Eine weitere Gruppe untersucht die sich verschiebenden Zonen der Interaktion und Konfrontation entlang von Entwicklungskorridoren. Das dritte Team erkundet, in welcher Weise bei der Gestaltung der Landnutzung lokale und globale Prozesse des Wandels ineinander greifen.
Der SFB baut auf umfangreiche Forschungserfahrungen der beteiligten Wissenschaftler und ihrer afrikanischen Partner auf. Das Vorhaben erweitert die einmalige Kombination der Expertise an den beiden Universitäten Bonn und Köln, vertieft die Beziehungen zu wissenschaftlichen Institutionen in Afrika und verfolgt das Ziel, Bonn und Köln zu einem führenden Zentrum der afrikabezogenen Zukunfts- und Transformationsforschung zu entwickeln.
Langfristige und intensive Forschung
Sonderforschungsbereiche sind fächerübergreifende und langfristige, auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen. Sie ermöglichen die gemeinsame Bearbeitung innovativer, anspruchsvoller und aufwendiger Forschungsvorhaben. Sie dienen der institutionellen Schwerpunkt- und Strukturbildung und bestehen aus einer Vielzahl von Teilprojekten.
Quelle: Pressemitteilung Universität Bonn, 27.11.2017