• Die globale Energiewende nimmt Fahrt auf – doch kein Land ist schnell genug
• Die Staaten müssen ihre Ziele verbessern und bei der Umsetzung zulegen
• Schweden, Litauen, Marokko und Norwegen vorne, die USA im freien Fall
• Deutschland nur auf Rang 22 – CO2 Emissionen sinken nicht
Nach einer Phase des starken Wachstums der weltweiten Treibhausgasemissionen bis vor wenigen Jahren zeichnet sich nun ein stark verlangsamter Wachstumstrend ab. Die Energiesysteme scheinen weltweit weniger CO2-lastig zu werden. Der heute bei der Weltklimakonferenz in Bonn vorgestellte Klimaschutz-Index (KSI) 2018 zeigt weltweit positive Entwicklungen bei Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und in manchen Ländern auch bei den Emissionen. Allerdings wird klar sichtbar, dass die Ziele der Länder und die Umsetzung derselben insgesamt noch zu schwach sind um den Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Jan Burck von Germanwatch, Co-Autor des KSI, dazu: „Wir sehen eine starke Zustimmung zu den allgemeinen Zielen des Paris-Abkommens auf internationaler Ebene. Die Staaten müssen nun schnell Maßnahmen ergreifen und ihren Versprechungen auch Taten folgen lassen. In einigen Sektoren, zum Beispiel Verkehr und Energie, passiert häufig noch viel zu wenig.“
Zu Deutschland ergänzt Burck: „Gerade in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren insbesondere in den Bereichen Verkehr und bei der Kohleverstromung viel zu wenig Fortschritt. Deshalb landet Deutschland auch nur auf einem enttäuschenden 22. Rang.“
Positive Trends sind weltweit bei den Erneuerbaren Energien zu beobachten. „Die Daten zeigen ermutigendes Wachstum und deutlich niedrigere Preise bei Wind- und Sonnenenergie“, so Prof. Niklas Höhne vom NewClimate Institute, Co-Autor des KSI. „Dies erklärt die Stabilisierung der Emissionsentwicklung in den letzten Jahren. Allerdings ist dieser Trend noch viel zu langsam, um innerhalb weniger Jahrzehnte die globale Energieversorgung auf Erneuerbare Energien umzustellen. Insbesondere der weltweite Anstieg bei Erdgas und Erdöl konterkariert die Reduzierung beim Kohleverbrauch“, ergänzt Höhne.
KSI 2018: Hauptergebnisse
Die ersten drei Plätz bleiben frei. Kein Land unternimmt bislang genug um die Temperatur global deutlich unter zwei Grad zu halten.
„Insgesamt ist der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den mittel- und langfristigen Klimaschutzzielen der untersuchten Länder immer noch zu groß. Bei den Treibhausgasemissionen sehen wir beispielsweise relativ starke Ziele in Indien oder Norwegen, bezüglich Erneuerbare Energien sind die Ziele in Schweden, Norwegen und Neuseeland besser als in anderen Ländern. In Bezug auf den Energieverbrauch zeigt jedoch kein Land ein besonders gutes 2030-Ziel. Saudi-Arabien und die USA sind Staaten, die Ihre Ziele in allen Bereichen drastisch anheben müssen, um auch nur in die Nähe ihrer Paris-Versprechen zu kommen“, erklärt Höhne.
Die erneut mäßige Platzierung Deutschlands im Mittelfeld (22.) hätte mit Blick auf die internationale Klimapolitik der Bundesregierung deutlich besser ausfallen können. „Deutschlands mittel- und langfristigen Ziele – verankert im Klimaschutzplan 2050 – sind vergleichsweise stark”, kommentiert Jan Burck. „Die CO2-Emissionen in Deutschland zeigen aber bislang ein anderes Bild und wurden seit 2009 nicht mehr gesenkt. Die noch amtierende Bundesregierung hat es verpasst, ernsthafte Maßnahmen zur Umsetzung der Klimaziele zu ergreifen. Es unumgänglich, dass im kommenden Koalitionsvertrag die notwendigen Maßnahmen für schnell wirksamen Klimaschutz durch einen Kohleausstiegsplan und eine echte Verkehrswende verankert werden. Nur dann schafft es Deutschland vom Ankündigungs- und Braunkohle-Weltmeister zum echten Klimaschutz-Champion.“
Mit relativ guten Entwicklungen im Ausbau Erneuerbarer Energien und bei Pro-Kopf-Emissionen landet Schweden auf Platz vier im diesjährigen Ranking hinter den frei gebliebenen Top 3. In Kombination mit einem vergleichbar niedrigen Emissionsniveau sorgt eine starke Entwicklung Erneuerbarer auch bei Litauen für eine gute Positionierung (Rang fünf). Marokko (Platz sechs) profitiert neben seinem Ausbau Erneuerbarer Energien vor allem von guten Politik-Bewertungen seiner nationalen Klima- und Energieexperten und wird gefolgt von Norwegen auf Platz sieben. Mit noch immer vergleichsweise niedrigen Werten bei Emissionen und Primärenergienutzung (jeweils pro Kopf) liegt Indien auf Rang 14. China dagegen belegt mit relativ hohem Emissionsniveau und wachsendem Primärenergieverbrauch nur Platz 41 im Index. Eine bessere Positionierung in den nächsten Jahren ist jedoch zu erwarten, da chinesische Experten ihr Land für die Implementierung wichtiger Maßnahmen zur Abschaltung von Kohlekraftwerks-Kapazitäten sowie die Förderung Erneuerbarer Energien und Elektromobilität loben.
Wegen ihrer Ankündigung aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten und der Abkehr von einigen zentralen Klimagesetzgebungen der Vorgängerregierung landen die USA unter den am schlechtesten abschneidenden Ländern im Index (56.). Neben einer sehr schlechten Bewertung im Bereich der Klimapolitik sind das momentane Emissionsniveau und der Primärenergieverbrauch entschieden zu hoch für einen deutlich unter 2°C liegenden Pfad. Die letzten drei Plätze gehen an Korea (Rang 58), den Iran (Rang 59) und Saudi-Arabien (Rang 60), die alle keine Fortschritte bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen und ihrem Primärenergieverbrauch verzeichnen können.
Zum Klimaschutz-Index von Germanwatch und NewClimate Institute:
Der Index knüpft an den globalen Klimaschutz-Index von Germanwatch an, ein seit 2006 jährlich erstelltes Ranking der knapp 60 größten Emittenten weltweit. Zudem wurde die Methodik angepasst. Zwar betrachtet der Index wie bisher vier Bereiche: Emissionen (40%), Energieverbrauch (20%), Erneuerbare Energien (20%) und Klimapolitik (20%, bewertet von Experten/innen aus dem jeweiligen Land). Aber dank der neuen Methodik wird nun auch die Frage beantwortet, inwieweit das jeweilige Land in den Bereichen Emissionen, Erneuerbare Energien und Energieverbrauch adäquat handelt, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können.
Alle Ergebnisse und Länder-Scorecards unter: https://www.climate-change-performance-index.org/
Quelle: Pressemitteilung Germanwatch, 15.11.2017