Vom 23. bis 27. Oktober findet im UN-Menschenrechtsrat in Genf die dritte Verhandlungsrunde zur Erarbeitung eines internationalen Abkommens („UN-Treaty“) zur Haftung von Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen statt. Die Sitzungsleitung hat nun erstmals konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung des Vertrags vorgelegt. 15 deutsche Entwicklungs-, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen der „Treaty Alliance Deutschland“ begrüßen den Text als gute Verhandlungsgrundlage und fordern die Bundesregierung auf, sich konstruktiv an den anstehenden Verhandlungen zu beteiligen. In einem gemeinsamen Positionspapier legen die Organisationen ihre konkreten Vorschläge zur Ausgestaltung des Abkommens vor.
Armin Paasch, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte bei MISEREOR: „Das neue Abkommen bietet die Chance, die globale Wirtschaftsordnung grundlegend zu verändern. Unternehmen ist es dann nicht mehr möglich, Regierungen vor sich herzutreiben und vor Schiedsgerichten auf Schadensersatz zu verklagen, wenn sie Konzerne daran hindern wollen, Grundgewässer zu verseuchen, die Luft zu verschmutzen oder die Rechte von Ureinwohnern zu missachten. Zwei Drittel dieser Klagen richten sich heute gegen Länder des Globalen Südens. Menschenrechte hätten endlich Vorrang vor den Interessen von Investoren und transnationalen Konzernen.“
Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Für einen Erfolg des Treaty ist die Mitarbeit Europas von zentraler Bedeutung. Wir wollen, dass Deutschland als ökonomisch stärkstes Land der EU für den Erfolg der Verhandlungen Verantwortung übernimmt. Nicht immer mehr Rechte für internationale Konzerne, sondern der Schutz von Bürgerinnen und Bürgern und Belegschaften stehen auf der Tagesordnung. Die Bundesregierung muss nun zeigen, dass sie es mit dem Schutz sozialer und umweltbezogener Menschenrechte ernst meint.“
Sarah Lincoln, Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Brot für die Welt: „Deutsche Unternehmen profitieren in ihren weltweiten Geschäften von niedrigen Umweltstandards und sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen, immer wieder kommt es zu Katastrophen wie dem Einsturz der Rana-Plaza Textilfabrik in Bangladesch, bei dem mehr als 1000 Menschen starben. Eine Entschädigung bekommen die Betroffenen in der Regel nicht. Das soll der Treaty ändern: Unternehmen sollen verpflichtet werden, in ihren globalen Geschäften die Menschenrechte zu achten und müssen bei Verstößen haften.“
Der UN-Menschenrechtsrat hatte im Juni 2014 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um verbindliche Regeln für Unternehmen zu schaffen und den Geschädigten Klagemöglichkeiten zu eröffnen. Wesentliche Ziele sind die Haftung von Konzernen für ihre komplette Zulieferkette, Rechtsschutz für Geschädigte auch in den Heimatländern der Unternehmen, der Vorrang der UN-Menschenrechtsverträge vor Handels- und Investitionsschutzabkommen sowie die Schaffung von Mechanismen zur Einhaltung des Abkommens.
Die „Treaty Alliance Deutschland“ unterstützt und begleitet den Verhandlungsprozess. Dem Bündnis gehören bislang folgende Verbände an: Attac Deutschland, Brot für die Welt, BUND, Christliche Initiative Romero, CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, FIAN Deutschland, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile- Lateinamerika (FDCL), Forum Fairer Handel, Forum Umwelt und Entwicklung, Global Policy Forum, Medico International, MISEREOR, PowerShift, SÜDWIND und WEED.
weiterführende Informationen:
· Vertragsentwurf der Regierung von Ecuador: bit.ly/2fF5crq
· Positionspapier der Treaty Alliance: bit.ly/TA_Positionspapier
· tägliche Berichte von den Verhandlungen: www.attac.de/genf-treaty-tagung
Quelle: Pressemitteilung SÜDWIND u.a., 10.10.2017