In diesem Sommer befindet sich das Textilbündnis nach Einschätzung der zivilgesellschaftlichen Mitglieder in einer entscheidenden Phase: Wie viele Roadmaps (jährliche Maßnahmenpläne der Mitglieder zur Umsetzung sozialer und ökologischer Ziele) werden die Plausibilitätsprüfung erfolgreich bestehen? Wie viele Mitglieder des Textilbündnisses werden ihre Roadmap veröffentlichen? Welchen Anspruchsgrad werden diese Roadmaps haben? Wird das Bündnis sich auf inhaltlich verbindliche Anforderungen für die Roadmaps der nächsten Jahre wie zum Beispiel Schritte hin zur Umsetzung von existenzsichernden Löhnen einigen?
Alle Mitglieder des Textilbündnisses mussten für 2017 zum ersten Mal eine Roadmap erstellen und diese einer externen Prüfung auf Plausibilität durch einen unabhängigen Dienstleister unterziehen. Zahlreiche Unternehmen sind dieser Pflicht nicht nachgekommen und wurden aus dem Bündnis ausgeschlossen oder sind vorher ausgetreten. Zu den umsatzstärksten und öffentlich bekannten Unternehmen, die das Bündnis verlassen haben, zählen Engbers, Ernsting’s Family, Real, Trigema und Walbusch.
„Das Bündnis jetzt zu verlassen, wo die Unternehmen über ein Lippenbekenntnis hinausgehen müssen, zeigt, dass ihr Engagement für Sozial- und Umweltstandards in ihren Lieferketten wohl doch nicht so ernst gemeint war” sagt Berndt Hinzmann vom INKOTA-netzwerk.
Die Roadmaps der 20 zivilgesellschaftlichen Mitglieder des Textilbündnisses wurden extern auf Plausibilität geprüft und angenommen. Ein Großteil davon ist auch bereit, diese zu veröffentlichen, obwohl das gegenwärtig vorgegebene Fragenraster schwierig mit den Aktivitäten der Zivilgesellschaft vereinbar war und ihr politisches Engagement weit über ihre Mitarbeit im Textilbündnis hinausreicht, was aber in der Roadmap nicht darstellbar war. Die Zivilgesellschaft fordert alle Unternehmen im Bündnis auf, ihre Roadmaps ebenfalls zu veröffentlichen, um ihr Engagement transparent in der Öffentlichkeit darzustellen.
„Transparenz ist ein wichtiger Aspekt, um zu nachprüfbaren Verbesserungen der sozialen und ökologischen Bedingungen in der textilen Kette zu gelangen. Daneben ist vor allem das Ambitionsniveau der geplanten Maßnahmen ein wichtiger Gradmesser”, erläutert Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero.
Für das Gelingen des Textilbündnisses sieht die Zivilgesellschaft die dringende Notwendigkeit, jetzt für alle Mitglieder verbindliche, messbare Anforderungen zu erarbeiten. Da die meisten Beschäftigten in der textilen Kette unter miserablen Lohnbedingungen arbeiten, müssen diese Anforderungen unter anderem die schrittweise Umsetzung von existenzsichernden Löhnen umfassen. „Um zudem die Umsetzung der Roadmap glaubwürdig nachzuweisen, ist eine unabhängige Verifizierung mit Hilfe von Stichproben in den Produktionsländern aus Sicht der Zivilgesellschaft unerlässlich”, fordert Dr. Gisela Burckhardt von FEMNET.
Quelle: Pressemitteilung FEMNET, 23.07.2017