Auch wenn das Leben in Unterkünften für Geflüchtete in der Regel friedlich verläuft, kann es in Gemeinschaftsunterkünften doch zu Konflikten kommen, die manchmal sogar in Gewalt münden. Anlässlich des UN-Weltflüchtlingstags legt das Bonner Friedens- und Konfliktforschungszentrum BICC ein Politikpapier mit Handlungsempfehlungen zur Prävention von Konflikten in Flüchtlingsunterkünften vor. Um Konflikten vorzubeugen, sie zu mindern oder zu lösen, muss vor allem die Selbstverantwortung geflüchteter Menschen gestärkt werden.
„Ziel unserer Studie war es, Schutzbedarf kenntlich zu machen sowie Handlungsoptionen auf der Ebene von Unterkunftsleitung, Landes- und Bundespolitik aufzuzeigen – nicht zuletzt auch vor der Erkenntnis, dass Konflikte, die in dieser Zeit entstehen, sich auch auf das Leben nach dieser Unterbringungsphase auswirken können“, erläutert Projektleiterin Esther Meininghaus. Die Befragung von 220 Geflüchteten, Sozialarbeitern, Hauspersonal, Angestellten von Sicherheitsdiensten sowie Mitarbeitern aus Stadtverwaltungen, Bezirksregierungen und Beratungsorganisationen in 34 Unterkünften für Geflüchtete (UfGs) in Nordrhein-Westfalen brachte deutlich zutage, dass ein Großteil von Konflikten durch das Asyl- und Unterbringungssystem strukturell bedingt ist.
Um diese strukturellen Konfliktursachen zu beheben, empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor allem „Transparenz im Asylverfahren sowie einen schnellstmöglichen Umzug von Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen bzw. abgeschlossene Wohneinheiten.“ Auch müssten verbindliche Mindest- und Qualitätsstandards geschaffen werden. „Dies gilt sowohl für bauliche Anforderungen als auch für Mitarbeiterqualifikation“, erklärt Meininghaus.
In manchen Unterbringungen habe es Fälle von geschlechterbasierter und häuslicher Gewalt gegeben. „Die räumlichen Strukturen in UfGs müssen so gestaltet sein, dass Bewohner sicher sind und sich sicher fühlen. Dementsprechend müssen Zimmer, Duschen und Toiletten abschließbar sein“, schlagen die Autoren konkret vor.
In Bezug auf die Mitarbeiterqualifikation halten die Forscher ein „Mindestmaß an Schulungen und Fortbildungen z. B. in sozialarbeiterischer Tätigkeit, Kultur- und Traumasensibilität und Deeskalation“ für notwendig. Gleichzeitig sollten „die Bewohner in Entscheidungsprozesse in der UfG eingebunden und ihre Eigenverantwortung gestärkt werden.“
Das Projektteam betont: „Klare Kommunikation und konsequente Anwendung von Regeln – einschließlich einheitlicher Sanktionsmaßnahmen bei Regelverstößen – sind ebenso entscheidend wie der respektvolle Umgang miteinander.“
Sie finden den Volltext des BICC Policy Briefs 3\2017 unter: https://www.bicc.de/publications/publicationpage/publication/konfliktpraevention-in-unterkuenften-selbstverantwortung-gefluechteter-menschen-staerken-701
Quelle: Pressemitteilung 19.06.2017