Seit über einem Jahr ist die Agenda 2030 in Kraft. Im Fokus steht nun die Operationalisierung, Umsetzung und Überprüfung der SDGs. Akteure der Friedens- und Entwicklungsarbeit stehen vor der Herausforderung, die Relevanz, die Chancen und Risiken des neuen Rahmenwerkes für die eigene Arbeit zu bestimmen und darauf aufbauend Prioritäten und Umsetzungsstrategien zu entwickeln. Ein FriEnt-Arbeitsgespräch am 15. März gab den FriEnt-Mitgliedsorganisationen die Gelegenheit, sich über erste Schritte und Herausforderungen der SDG-Umsetzung auszutauschen.
Zunächst standen die Beiträge des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zur Umsetzung im Mittelpunkt. Marie-Lena May, Referentin für die Agenda 2030 im BMZ, gab einen Überblick über die drei Umsetzungsebenen: Auf nationaler Ebene bildet die Neuauflage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie den Rahmen für die SDG-Umsetzung. Das BMZ hat sich für die stärkere Berücksichtigung der internationalen Dimension der Strategie eingesetzt. Auch SDG 16 zu friedlichen und inklusiven Gesellschaften hat Eingang gefunden. Die zweite Umsetzungsebene ist die Unterstützung von Partnerländern, Verantwortung für die nationale Umsetzung der Agenda 2030 zu übernehmen. Dafür sollen die Prinzipien und Ziele der Agenda 2030 in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigt werden. Auf der dritten Umsetzungsebene setzt sich das BMZ dafür ein, die internationalen Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung zu verbessern, zum Beispiel im Rahmen der derzeitigen deutschen G20-Präsidentschaft.
Dr. Thomas Helfen, Referatsleiter Frieden und Sicherheit, ergänzte, dass die Agenda 2030 auch den Kompass für die Erarbeitung der neuen Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ bilde. Außerdem helfe der integrative Charakter der SDGs dabei, Friedensentwicklung und Konfliktprävention als Schwerpunkt in Länderprogrammen und Sonderinitiativen zu verankern und darüber hinaus nach aktiven Beiträgen anderer Sektoren zu Friedensförderung zu suchen. Dass es dabei zu einer engeren Verknüpfung zwischen Governance- und Konfliktthemen kommen müsse, bestätigte Kerstin Remke, Referentin im Governance-Referat. Dies gelte gerade in Staaten, in denen Gewalt und Fragilität Hand in Hand gehen.
In der anschließenden Diskussion wurde das Potential der Agenda 2030 hervorgehoben, einen umfassenden und positiven Friedensbegriff in die politische Diskussion einzubringen. Das derzeitige Momentum könne und sollte sowohl vom BMZ als auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen genutzt werden.
Wie vielfältig die Umsetzung der Friedensdimension konkret aussehen kann, zeigte sich in den weiteren Beiträgen der Vertreterinnen und Vertreter der FriEnt-Mitglieder: Das Engagement reicht hier von der Projektarbeit für inklusive und friedliche Gesellschaften in Deutschland, über die Schattenberichterstattung zur Umsetzung in und durch Deutschland sowie die Unterstützung von lokalen Partnerorganisationen beim Monitoring der SDG-Umsetzung bis hin zur zivilgesellschaftlichen Begleitung globaler Prozesse.
Bei aller Vielfalt wurden aber auch gemeinsame Herausforderungen identifiziert: Dazu gehört die Übersetzung des komplexen, teils vagen und recht abstrakten Rahmens der Agenda 2030 in konkrete Umsetzungsschritte mit lokaler Relevanz. Gerade in Staaten, die nicht gerade Motor für die Umsetzung der Friedensdimension sind, brauche es mehr Nachdenken darüber, wie die Agenda 2030 als politischer Hebel für friedlichen Wandel genutzt werden kann. Hier stellen häufig auch eingeschränkte Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft große Fragezeichen hinter eine inklusive Umsetzung und Überprüfung.
Als Chance und Herausforderung zugleich wurde der integrative Ansatz gesehen. Viele Organisationen stehen vor der Herausforderung, Schnittstellen zwischen Friedensförderung und anderen Sektoren zu identifizieren. Gleichzeitig biete die Agenda 2030 einen hilfreichen Referenzpunkt, um in den Dialog mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Arbeitsfeldern zu treten und dabei Wechselwirkungen und Synergien auszuloten. Im politischen Diskurs hingegen sei es noch lange kein Selbstläufer, friedensrelevanten Themen den notwendigen Platz einzuräumen, um friedenspolitische Kohärenz einzufordern.
Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die Zusammenarbeit im Rahmen von FriEnt wichtige Voraussetzungen für die Umsetzung der Friedensdimension der Agenda 2030 schaffen könne. Unter anderem sei eine Verstetigung des Austauschs zu Umsetzungserfahrungen wünschenswert. Angedacht wurde auch, sich gemeinsam mit der Umsetzung in einem ausgewählten Land zu beschäftigen und Kooperationspotentiale zu ermitteln. Auch die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch mit internationalen Partnerschaften und Initiativen könne intensiviert werden. Diese und weitere Anregungen wird FriEnt in der weiteren Arbeit zur Agenda 2030 aufgreifen.
Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.frient.de/2017/sdg-umsetzung/
Quelle: FriEnt-Impulse, 29.03.2017