Millionen von Menschen sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien in die Türkei und den Irak geflohen. Carl Taestensen ist für die GIZ in der Region und berichtet über Unterstützung für Geflüchtete und Aufnahmegemeinden.
Herr Taestensen, die Lage in Nordsyrien hat sich erneut dramatisch verschärft, wieder sind Zehntausende über die Grenzen geflohen. Was tut die GIZ, um den dort gestrandeten Menschen zu helfen?
Carl Taestensen: Sprechen wir erst einmal über die Türkei: Dort unterstützen wir vor allem die aufnehmenden Gemeinden, denn dort leben neunzig Prozent der rund zweieinhalb Millionen Flüchtlinge, die sich in der Türkei aufhalten. Nur etwa zehn Prozent sind in Flüchtlingslagern untergekommen. Die Türkei kümmert sich vorbildlich um diese Menschen, sorgt zum Beispiel dafür, dass die Kinder zur Schule gehen, um ihnen bessere Integrationsmöglichkeiten zu bieten. Das müssen die Gemeinden aber auch bewältigen können, deshalb unterstützen wir das mit Mitteln der Bundesregierung und unserer Arbeit.
Im Nordirak arbeitet die GIZ überwiegend in Flüchtlingslagern, vor allem in Dohuk. Die Herausforderungen sind vielfältig: Wir leisten Nothilfe und sorgen zum Beispiel dafür, dass die Menschen im kalten Winter trocken und warm bleiben, dass sie ärztliche Unterstützung bekommen. Ich bin neulich einem Vater begegnet, der auf der Flucht sein Kind auf dem Arm trug, das eine schwere Rückenverletzung hatte. Diesen Menschen können wir eine Erstversorgung anbieten, dafür haben wir mobile Kliniken installiert. Dann werden sie in ein Krankenhaus vermittelt. Diese sind in der Region enormen Belastungen ausgesetzt, daher unterstützen wir ihre Notaufnahmen. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit in Lagern wie Dohuk ist auch die psychosoziale Beratung von Flüchtlingen. Wir müssen dort alles tun, um die seelische Qual der Menschen und ihre Traumata zu lindern. Trotzdem werden ihre Erfahrungen sie ein Leben lang begleiten. Das ist eine Tragödie.
Oft müssen Menschen viele Jahre in und um Flüchtlingslager ausharren. Was können Sie tun, damit diese Menschen nicht zu Hunderttausenden nach Europa aufbrechen?
Perspektiven entscheiden darüber, ob Menschen an einem Ort bleiben oder sich – zum Teil unter Inkaufnahme großer Gefahren – auf den weiteren Weg zum Beispiel nach Europa machen. Perspektive bedeutet für Familien meist erstmal, dass ihre Kinder zur Schule gehen können, damit keine „verlorene Generation“ heranwächst. Daher fördern wir die Schulbildung der Kinder besonders.
Es ist aber auch so, dass viele Flüchtlinge keine Beschäftigung finden. Das ist ein wesentlicher Aspekt: Sie wollen arbeiten, sie wollen nicht abhängig sein. Daher fördern wir Kurzqualifizierungsmaßnahmen, damit diese Menschen erst mal eine Arbeit finden. Und wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, sind sie mit einer Ausbildung gerüstet, sie können dann ihr Land wieder aufbauen und haben dort eine Perspektive.
Was ist aber, wenn die Menschen gar nicht zurück können, weil ihre Lebensgrundlagen zerstört sind?
Wir untersuchen gerade die nächsten Schritte, damit wir die Flüchtlinge auch nach ihrer Rückkehr in ihr Land unterstützen können. Denn wir wissen, dass in vielen Bereichen die großen Herausforderungen erst dann kommen, wenn die Menschen zurückkehren und das vorfinden, was wir teilweise in den Medienberichten über Syrien sehen: eine völlig zerstörte Heimat. Viele Gebiete werden fast unbewohnbar sein, weil dort noch Minen liegen und die Gefahr vor allem für Familien mit Kindern viel zu groß ist. Das wird auch eine Aufgabe für die internationale Gemeinschaft sein: das Land wieder bewohnbar zu machen.
Quelle: Mitteilung der GIZ vom 21.03.2016Millionen von Menschen sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien in die Türkei und den Irak geflohen. Carl Taestensen ist für die GIZ in der Region und berichtet über Unterstützung für Geflüchtete und Aufnahmegemeinden.
Herr Taestensen, die Lage in Nordsyrien hat sich erneut dramatisch verschärft, wieder sind Zehntausende über die Grenzen geflohen. Was tut die GIZ, um den dort gestrandeten Menschen zu helfen?
Carl Taestensen: Sprechen wir erst einmal über die Türkei: Dort unterstützen wir vor allem die aufnehmenden Gemeinden, denn dort leben neunzig Prozent der rund zweieinhalb Millionen Flüchtlinge, die sich in der Türkei aufhalten. Nur etwa zehn Prozent sind in Flüchtlingslagern untergekommen. Die Türkei kümmert sich vorbildlich um diese Menschen, sorgt zum Beispiel dafür, dass die Kinder zur Schule gehen, um ihnen bessere Integrationsmöglichkeiten zu bieten. Das müssen die Gemeinden aber auch bewältigen können, deshalb unterstützen wir das mit Mitteln der Bundesregierung und unserer Arbeit.
Im Nordirak arbeitet die GIZ überwiegend in Flüchtlingslagern, vor allem in Dohuk. Die Herausforderungen sind vielfältig: Wir leisten Nothilfe und sorgen zum Beispiel dafür, dass die Menschen im kalten Winter trocken und warm bleiben, dass sie ärztliche Unterstützung bekommen. Ich bin neulich einem Vater begegnet, der auf der Flucht sein Kind auf dem Arm trug, das eine schwere Rückenverletzung hatte. Diesen Menschen können wir eine Erstversorgung anbieten, dafür haben wir mobile Kliniken installiert. Dann werden sie in ein Krankenhaus vermittelt. Diese sind in der Region enormen Belastungen ausgesetzt, daher unterstützen wir ihre Notaufnahmen. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit in Lagern wie Dohuk ist auch die psychosoziale Beratung von Flüchtlingen. Wir müssen dort alles tun, um die seelische Qual der Menschen und ihre Traumata zu lindern. Trotzdem werden ihre Erfahrungen sie ein Leben lang begleiten. Das ist eine Tragödie.
Oft müssen Menschen viele Jahre in und um Flüchtlingslager ausharren. Was können Sie tun, damit diese Menschen nicht zu Hunderttausenden nach Europa aufbrechen?
Perspektiven entscheiden darüber, ob Menschen an einem Ort bleiben oder sich – zum Teil unter Inkaufnahme großer Gefahren – auf den weiteren Weg zum Beispiel nach Europa machen. Perspektive bedeutet für Familien meist erstmal, dass ihre Kinder zur Schule gehen können, damit keine „verlorene Generation“ heranwächst. Daher fördern wir die Schulbildung der Kinder besonders.
Es ist aber auch so, dass viele Flüchtlinge keine Beschäftigung finden. Das ist ein wesentlicher Aspekt: Sie wollen arbeiten, sie wollen nicht abhängig sein. Daher fördern wir Kurzqualifizierungsmaßnahmen, damit diese Menschen erst mal eine Arbeit finden. Und wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, sind sie mit einer Ausbildung gerüstet, sie können dann ihr Land wieder aufbauen und haben dort eine Perspektive.
Was ist aber, wenn die Menschen gar nicht zurück können, weil ihre Lebensgrundlagen zerstört sind?
Wir untersuchen gerade die nächsten Schritte, damit wir die Flüchtlinge auch nach ihrer Rückkehr in ihr Land unterstützen können. Denn wir wissen, dass in vielen Bereichen die großen Herausforderungen erst dann kommen, wenn die Menschen zurückkehren und das vorfinden, was wir teilweise in den Medienberichten über Syrien sehen: eine völlig zerstörte Heimat. Viele Gebiete werden fast unbewohnbar sein, weil dort noch Minen liegen und die Gefahr vor allem für Familien mit Kindern viel zu groß ist. Das wird auch eine Aufgabe für die internationale Gemeinschaft sein: das Land wieder bewohnbar zu machen.
Quelle: Mitteilung der GIZ vom 21.03.2016