[:de]Bonn-Voices---Notizzettel---ArbenzBonn Sustainability Portal: Sehr geehrter Herr Arbenz, welche Rolle spielt IFOAM für den internationalen ökologischen Landbau? Markus Arbenz: Wir sind die einzige Dachorganisation der Biobewegung. IFOAM ist das internationale Netzwerk des ökologischen Landbaus. Wir sind die demokratische Struktur, um gemeinsame Grundlagen wie Werte, Ausschlusskriterien oder Positionen gegenüber neuen Phänomenen (wie z.B. die Nanotechnologie) festzulegen. Alle drei Jahre gibt es eine Weltgeneralversammlung. Und wir repräsentieren die Biobewegung gegenüber den Vereinten Nationen. Deshalb sitzen wir in Bonn und nicht etwa in München, Amsterdam oder Zürich. IFOAM existiert nun schon seit über 40 Jahren. Was hat IFOAM verändert und welche Ziele sind Ihnen heute besonders wichtig? IFOAM ist dazu da, die Weltbiogemeinschaft zu vereinen. Das tönt banaler als es ist, denn die Idee Bio ist nicht an einem Ort entstanden, sondern an zahlreichen Orten, in zahlreichen Varianten, mit zahlreichen Begriffen und Beschreibungen über Jahrzehnte gewachsen. Es ist gelungen, alles zusammenzuhalten! Ich mache ein Beispiel um das zu illustrieren: Wer heute ein Biomüsli kauft, hat wie selbstverständlich Zutaten aus Europa, der Türkei, Lateinamerika und China alles mit gleichwertiger Biozertifizierung drin. Voraussetzung dafür ist, dass es die Strukturen in diesen Ländern gibt. Es gibt heute biozertifizierte Flächen in 160 Ländern. Die Hälfte davon – alle größeren – hat eine Biogesetzgebung. Wir setzen uns seit 15 Jahren dafür ein, dass die Länder die Biogesetzgebungen gegenseitig als gleichwertig anerkennen. Das passiert erst jetzt in den Anfängen. So haben USA, EU, Kanada und die Schweiz in den letzten zwei drei Jahren bilaterale Abkommen geschlossen. Wichtig ist mir zudem, dass das Potential des ökologischen Landbaus, für Problemlösung von globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Verlust von Biodiversität, Hunger oder Bodenverlust von den Strategen der Landwirtschaftspolitik weltweit erkannt und genutzt wird. Sie sind Geschäftsführer von IFOAM. Wie sieht die praktische Seite Ihrer Arbeit aus? Ich praktiziere keine Landwirtschaft (leider), sondern stehe in ständigem, meist virtuellem Kontakt mit Akteuren des Biolandbaus aus der ganzen Welt.  Wir organisieren Veranstaltungen, wir präsentieren unsere Botschaften in Prozessen der Vereinten Nationen, wir entwickeln Konzepte, um die Standards weiterzuentwickeln, wir führen Projekte durch, um Bio-Akteure zu unterstützen und wir machen Kurse für Bio-Führungskräfte in aller Welt. Dank Internet können wir viel von Bonn aus machen, aber es braucht ab und zu auch Reisen zu Events. Und ja, als Geschäftsführer mit den Prinzipen des Biolandbaus im Kopf (Gesundheit, Ökologie, Fairness und Vorsorge) bin ich auch für die gute interne Führung und MitarbeiterInnenunterstützung zuständig. Bio-Produkte sind heutzutage fester Bestandteil der Supermarkt-Sortimente und von immer mehr Konsumenten geschätzt. Wie bewerten die Hersteller ökologischer Produkte den Absatz Ihrer Erzeugnisse? Vor 10 Jahren glaubten viele, Bio sei eine Mode, die kommt und geht. Seither wächst der Biomarkt fast überall konstant und selbst die heftigsten wirtschaftlichen Krisen haben das Wachstum nur gebremst aber nicht gestoppt. Dass Bio „in“ ist, ist natürlich für die Hersteller sehr befriedigend. Insgesamt hat sich das System sehr bewährt und wir arbeiten am Weiterausbau. Natürlich bleiben viele Herausforderungen: die schwarzen Schafe, die betrügen zum Beispiel. Oder dass die Nachfrage und die Natur nicht immer ausgeglichen wachsen, so dass Überangebot und Knappheit nebeneinander existieren. Eine Herausforderung ist auch, dass in manchen Ländern wie z.B. Deutschland, der Markt schneller wächst als die Produktion, was zu nicht unbedingt erwünschten erhöhten Einfuhren führt. Was motiviert Sie morgens und wie denken Sie abends darüber nach? Ich weiß, unser Planet braucht eine nachhaltige Landwirtschaft. Die Grüne Revolution und die konsequente Industrialisierung der Landwirtschaft mit Agrarfirmen statt bäuerlichen Familienbetrieben führt in eine Sackgasse. Diese Landwirtschaftspolitik hat es zwar geschafft, genügend zu produzieren, aber nicht die Menschen (gesund) zu ernähren und die natürlichen Ressourcen (wie z.B. die Bodenfruchtbarkeit) zu erhalten. Dafür gibt es genügend Beweise. Ich will konstruktiv an der Lösung arbeiten und nicht einfach dazu beitragen, das Problem zu verschärfen. Wir sollten alle der nächsten Generation einmal sagen können, wir haben unser Bestes getan, dass Mensch und Natur besser dastehen. Ich habe die Illusion nicht verloren, dass dies geht und wir alle – ich inklusive – einen Beitrag leisten können. Auch abends nicht!   Das Gespräch führte Janine Dornbusch Weitere Informationen[:en]Bonn-Voices---Notizzettel---ArbenzBonn Sustainability Portal: Sehr geehrter Herr Arbenz, welche Rolle spielt IFOAM für den internationalen ökologischen Landbau? Markus Arbenz: Wir sind die einzige Dachorganisation der Biobewegung. IFOAM ist das internationale Netzwerk des ökologischen Landbaus. Wir sind die demokratische Struktur, um gemeinsame Grundlagen wie Werte, Ausschlusskriterien oder Positionen gegenüber neuen Phänomenen (wie z.B. die Nanotechnologie) festzulegen. Alle drei Jahre gibt es eine Weltgeneralversammlung. Und wir repräsentieren die Biobewegung gegenüber den Vereinten Nationen. Deshalb sitzen wir in Bonn und nicht etwa in München, Amsterdam oder Zürich. IFOAM existiert nun schon seit über 40 Jahren. Was hat IFOAM verändert und welche Ziele sind Ihnen heute besonders wichtig? IFOAM ist dazu da, die Weltbiogemeinschaft zu vereinen. Das tönt banaler als es ist, denn die Idee Bio ist nicht an einem Ort entstanden, sondern an zahlreichen Orten, in zahlreichen Varianten, mit zahlreichen Begriffen und Beschreibungen über Jahrzehnte gewachsen. Es ist gelungen, alles zusammenzuhalten! Ich mache ein Beispiel um das zu illustrieren: Wer heute ein Biomüsli kauft, hat wie selbstverständlich Zutaten aus Europa, der Türkei, Lateinamerika und China alles mit gleichwertiger Biozertifizierung drin. Voraussetzung dafür ist, dass es die Strukturen in diesen Ländern gibt. Es gibt heute biozertifizierte Flächen in 160 Ländern. Die Hälfte davon – alle größeren – hat eine Biogesetzgebung. Wir setzen uns seit 15 Jahren dafür ein, dass die Länder die Biogesetzgebungen gegenseitig als gleichwertig anerkennen. Das passiert erst jetzt in den Anfängen. So haben USA, EU, Kanada und die Schweiz in den letzten zwei drei Jahren bilaterale Abkommen geschlossen. Wichtig ist mir zudem, dass das Potential des ökologischen Landbaus, für Problemlösung von globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Verlust von Biodiversität, Hunger oder Bodenverlust von den Strategen der Landwirtschaftspolitik weltweit erkannt und genutzt wird. Sie sind Geschäftsführer von IFOAM. Wie sieht die praktische Seite Ihrer Arbeit aus? Ich praktiziere keine Landwirtschaft (leider), sondern stehe in ständigem, meist virtuellem Kontakt mit Akteuren des Biolandbaus aus der ganzen Welt.  Wir organisieren Veranstaltungen, wir präsentieren unsere Botschaften in Prozessen der Vereinten Nationen, wir entwickeln Konzepte, um die Standards weiterzuentwickeln, wir führen Projekte durch, um Bio-Akteure zu unterstützen und wir machen Kurse für Bio-Führungskräfte in aller Welt. Dank Internet können wir viel von Bonn aus machen, aber es braucht ab und zu auch Reisen zu Events. Und ja, als Geschäftsführer mit den Prinzipen des Biolandbaus im Kopf (Gesundheit, Ökologie, Fairness und Vorsorge) bin ich auch für die gute interne Führung und MitarbeiterInnenunterstützung zuständig. Bio-Produkte sind heutzutage fester Bestandteil der Supermarkt-Sortimente und von immer mehr Konsumenten geschätzt. Wie bewerten die Hersteller ökologischer Produkte den Absatz Ihrer Erzeugnisse? Vor 10 Jahren glaubten viele, Bio sei eine Mode, die kommt und geht. Seither wächst der Biomarkt fast überall konstant und selbst die heftigsten wirtschaftlichen Krisen haben das Wachstum nur gebremst aber nicht gestoppt. Dass Bio „in“ ist, ist natürlich für die Hersteller sehr befriedigend. Insgesamt hat sich das System sehr bewährt und wir arbeiten am Weiterausbau. Natürlich bleiben viele Herausforderungen: die schwarzen Schafe, die betrügen zum Beispiel. Oder dass die Nachfrage und die Natur nicht immer ausgeglichen wachsen, so dass Überangebot und Knappheit nebeneinander existieren. Eine Herausforderung ist auch, dass in manchen Ländern wie z.B. Deutschland, der Markt schneller wächst als die Produktion, was zu nicht unbedingt erwünschten erhöhten Einfuhren führt. Was motiviert Sie morgens und wie denken Sie abends darüber nach? Ich weiß, unser Planet braucht eine nachhaltige Landwirtschaft. Die Grüne Revolution und die konsequente Industrialisierung der Landwirtschaft mit Agrarfirmen statt bäuerlichen Familienbetrieben führt in eine Sackgasse. Diese Landwirtschaftspolitik hat es zwar geschafft, genügend zu produzieren, aber nicht die Menschen (gesund) zu ernähren und die natürlichen Ressourcen (wie z.B. die Bodenfruchtbarkeit) zu erhalten. Dafür gibt es genügend Beweise. Ich will konstruktiv an der Lösung arbeiten und nicht einfach dazu beitragen, das Problem zu verschärfen. Wir sollten alle der nächsten Generation einmal sagen können, wir haben unser Bestes getan, dass Mensch und Natur besser dastehen. Ich habe die Illusion nicht verloren, dass dies geht und wir alle – ich inklusive – einen Beitrag leisten können. Auch abends nicht! Das Gespräch führte Janine Dornbusch Weitere Informationen[:]