In einer Diskussion zwischen Callies, Enderlein, Fischer und Habermas (Blätter für deutsche und internationale Politik Nr. 5/2011), stieß der Vorschlag, die Euro-Krise als Chance zu nehmen und eine europapolitische „Flucht nach vorn” anzutreten, auf Zustimmung. Dem schließe ich mich an. Damit ist über die Fluchtroute noch nichts gesagt. Idealtypisch bieten sich drei Möglichkeiten an: 1) Regelunion, 2) Liquiditätsunion, 3) Transferunion. Der „Fall Griechenland” liefert nun Gründe, anhand derer wir zwischen diesen Optionen wählen können. Diese Gründe sprechen gegen die Idee einer Transferunion, die nach der Maßgabe des deutschen Länderfinanzausgleichs konzipiert wäre. Warum? Man kann das Verhalten Griechenlands als nachvertraglichen Opportunismus werten, durch den zentrale Erfolgsbedingungen des gemeinsamen Projektes „Euro” leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurden. Unbestritten ist, dass die ökonomischen Fundamentaldaten eine Aufnahme Griechenlands in die Eurozone nicht gerechtfertigt hätten und dass die übermittelten Daten „frisiert” waren. Die Einführung des Euros als „staatenloser” Währung erfolgte zunächst ohne institutionellen Rahmen. Daraus ergaben sich für die Nationalstaaten der Eurozone Möglichkeiten, günstige Kredite aufzunehmen. In Griechenland wurden nach 2000 hohe konsumtive Staatsausgaben zu immer größeren Anteilen kreditfinanziert. Vor allem aber wurden Tendenzen zum „rent seeking” gefördert. In „rent seeking economies” macht sich Patronagewirtschaft und Klientelismus breit. Griechische Studien schätzen die Größenordnung des „rent grabbing” auf 42.79 % aller Transfers und auf 8.49 % des griechischen BIPs. Die Wohlfahrtseffekte eines Rückgangs von „rent seeking” wären erheblich. Das Beste, was man für Griechenland tun könnte, wäre somit eine Reduktion von Transfers, um rent seeking” unattraktiv zu machen. Transferzahlungen in Richtung Griechenland wären aber Dauersubventionen, die die „rent-seeking“-Tendenzen belohnen und verstärken würden – und demnach keine wirkliche Hilfe für Griechenland.
Konrad Ott ist Professor für Umweltethik am Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald
ZwischenrufIn einer Diskussion zwischen Callies, Enderlein, Fischer und Habermas (Blätter für deutsche und internationale Politik Nr. 5/2011), stieß der Vorschlag, die Euro-Krise als Chance zu nehmen und eine europapolitische „Flucht nach vorn” anzutreten, auf Zustimmung. Dem schließe ich mich an. Damit ist über die Fluchtroute noch nichts gesagt. Idealtypisch bieten sich drei Möglichkeiten an: 1) Regelunion, 2) Liquiditätsunion, 3) Transferunion. Der „Fall Griechenland” liefert nun Gründe, anhand derer wir zwischen diesen Optionen wählen können. Diese Gründe sprechen gegen die Idee einer Transferunion, die nach der Maßgabe des deutschen Länderfinanzausgleichs konzipiert wäre. Warum? Man kann das Verhalten Griechenlands als nachvertraglichen Opportunismus werten, durch den zentrale Erfolgsbedingungen des gemeinsamen Projektes „Euro” leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurden. Unbestritten ist, dass die ökonomischen Fundamentaldaten eine Aufnahme Griechenlands in die Eurozone nicht gerechtfertigt hätten und dass die übermittelten Daten „frisiert” waren. Die Einführung des Euros als „staatenloser” Währung erfolgte zunächst ohne institutionellen Rahmen. Daraus ergaben sich für die Nationalstaaten der Eurozone Möglichkeiten, günstige Kredite aufzunehmen. In Griechenland wurden nach 2000 hohe konsumtive Staatsausgaben zu immer größeren Anteilen kreditfinanziert. Vor allem aber wurden Tendenzen zum „rent seeking” gefördert. In „rent seeking economies” macht sich Patronagewirtschaft und Klientelismus breit. Griechische Studien schätzen die Größenordnung des „rent grabbing” auf 42.79 % aller Transfers und auf 8.49 % des griechischen BIPs. Die Wohlfahrtseffekte eines Rückgangs von „rent seeking” wären erheblich. Das Beste, was man für Griechenland tun könnte, wäre somit eine Reduktion von Transfers, um rent seeking” unattraktiv zu machen. Transferzahlungen in Richtung Griechenland wären aber Dauersubventionen, die die „rent-seeking“-Tendenzen belohnen und verstärken würden – und demnach keine wirkliche Hilfe für Griechenland.
Konrad Ott ist Professor für Umweltethik am Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald