Universität Bonn: Eine wachsende Weltbevölkerung ohne Hunger ist möglich

Die Herausforderung ist gigantisch: Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung um rund zwei Milliarden auf mehr als neun Milliarden Menschen wachsen. Gleichzeitig wird ein zunehmender Teil der Agrarflächen für die Erzeugung von Energiepflanzen und Futtermitteln verwendet – für den Anbau von Grundnahrungsmitteln bleibt immer weniger Platz. Lassen sich zur Mitte unseres Jahrhunderts die Menschen auf der Erde ausreichend ernähren und gleichzeitig die Umweltbelastung durch den Agrarsektor reduzieren? Das Ziel ist erreichbar – sofern bestimmte Maßnahmen ergriffen werden. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Bonn. Insgesamt 21 Autoren arbeiteten an der Studie, die nun im Fachmagazin „Nature“ erschienen ist.

„Erstmals konnten wir zeigen, dass beides möglich ist: Den Hunger der wachsenden Weltbevölkerung zu stillen und gleichzeitig den bedrohten Planeten zu schützen“, sagt Erstautor Jonathan Foley, Leiter des Umweltinstituts der University of Minnesota (USA). „Es sind aber große Anstrengungen erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.“ Mehr als zwei Jahre arbeiteten die Wissenschaftler daran, um zu Lösungen für diese überlebenswichtige Frage der Menschheit zu kommen. Die Forscher kombinierten Geodaten mit globalen Computermodellen, um sowohl die landwirtschaftliche Produktion als auch ihre Umweltauswirkungen zu simulieren.

Ohne Gegenstrategien verschärfen sich Hunger und Umweltbelastung

Das Team entwickelte ein Konzept, wie sich die weltweite Nahrungsmittelproduktion steigern und gleichzeitig die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft verringern lassen. Es gibt aber laut Autoren große Herausforderungen, die auf dem Weg zu dieser Vision gemeistert werden müssen. Bereits heute hungert rund eine Milliarde Menschen. Das Problem wird sich ohne Gegenstrategien verschärfen, weil die Zahl der Menschen bis 2050 global um zwei Milliarden auf mehr als neun Milliarden steigt. Die Landwirtschaft sorgt zwar für die Ernährung der Menschen, hat aber nicht nur positive Wirkungen. Durch falsche oder zu intensive Ressourcennutzung gehen zum Beispiel die Bodenfruchtbarkeit und vor allem in den Tropen wertvolle natürliche Ökosysteme verloren.

„Die heutige Landwirtschaft ist in vielen Bereichen nicht nachhaltig“, sagt Dr. Stefan Siebert, Mitautor und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Pflanzenbau am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn. „Wenn wir das nicht ändern, werden die Umweltauswirkungen und damit auch die Hungernden weiter zunehmen.“ So würden nach wie vor in weiten Teilen der Erde Dünger, Pflanzenschutzmittel und Bewässerungswasser nicht optimal eingesetzt. „Weltweit steigt zudem der Energie- und Fleischbedarf“, stellt der Agrarwissenschaftler der Universität Bonn fest. „Das hat drastische Folgen für die Welternährung.“ Energiepflanzen – etwa für die Produktion von Biokraftstoffen – und Futterpflanzen für die Fleischproduktion konkurrieren mit dem Anbau von traditionellen Grundnahrungsmitteln. „Im globalen Durchschnitt stellen tierische Produkte etwa 481 kcal Energie pro Kopf und Tag zur Verfügung, während in den Futtermitteln 1110 kcal Energie pro Kopf und Tag enthalten ist“, erläutert Dr. Siebert. „Auf dem Weg durch das Tier gehen also rund 57 Prozent der wertvollen, für die menschliche Ernährung auch direkt nutzbaren Energie aus den Futterpflanzen verloren.“

Mehr als ein Drittel der Lebensmittel verdirbt oder landet im Müll

Das internationale Team schlägt anhand seiner Berechnungsergebnisse Lösungen vor. „Wir konnten zeigen, dass sich der steigende Nahrungsmittelbedarf der wachsenden Weltbevölkerung ohne zusätzliche Umweltauswirkungen befriedigen lässt, wenn fünf Maßnahmen umgesetzt werden“, sagt Dr. Siebert. Erstens: Die Wissenschaftler fordern, die Ausbreitung landwirtschaftlicher Flächen, besonders in den Tropen, zu stoppen. Zweitens: Durch Einsatz angepassterer Sorten und besserer Anbaumethoden insbesondere in Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Osteuropas lässt sich die Nahrungsmittelproduktion global um fast 60 Prozent steigern. Drittens: Strategischer Einsatz von Bewässerungswasser und Düngemitteln dort, wo es sich wirklich lohnt. Viertens: Die besten Ackerböden sollen der Produktion von Grundnahrungsmitteln vorbehalten sein. Energiepflanzen und Futtermittel werden nur auf schlechteren Standorten angebaut. Fünftens: Mehr als ein Drittel der Lebensmittel verdirbt, wird von Schädlingen gefressen oder landet im Müll. Durch einen effizienteren Umgang ließen sich die verfügbaren Kalorien pro Person laut Forscher demnach um fast 50 Prozent steigern.

Die Wissenschaftler der Professur Pflanzenbau der Universität Bonn trugen mit ihrer Expertise in der Modellierung von Feldfruchterträgen und Ressourcennutzung zur Studie bei. Die Forscher errechneten Erträge und Wassernutzung landwirtschaftlicher Kulturen in hoher räumlicher Auflösung. Bislang habe es zum Thema lediglich Fallstudien zu speziellen Regionen oder globale Studien zu Teilaspekten gegeben, sagt Dr. Siebert. „Das Neue an der Studie ist, dass wir erstmals die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Umwelt und wachsender Bevölkerung global betrachtet und mit Daten hinterlegt haben.“

Publikation: Solutions for a Cultivated Planet, Fachmagazin „Nature“, doi: 10.1038/nature10452, Internet: http://dx.doi.org/10.1038/nature10452

PressemitteilungDie Herausforderung ist gigantisch: Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung um rund zwei Milliarden auf mehr als neun Milliarden Menschen wachsen. Gleichzeitig wird ein zunehmender Teil der Agrarflächen für die Erzeugung von Energiepflanzen und Futtermitteln verwendet – für den Anbau von Grundnahrungsmitteln bleibt immer weniger Platz. Lassen sich zur Mitte unseres Jahrhunderts die Menschen auf der Erde ausreichend ernähren und gleichzeitig die Umweltbelastung durch den Agrarsektor reduzieren? Das Ziel ist erreichbar – sofern bestimmte Maßnahmen ergriffen werden. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Bonn. Insgesamt 21 Autoren arbeiteten an der Studie, die nun im Fachmagazin „Nature“ erschienen ist.

„Erstmals konnten wir zeigen, dass beides möglich ist: Den Hunger der wachsenden Weltbevölkerung zu stillen und gleichzeitig den bedrohten Planeten zu schützen“, sagt Erstautor Jonathan Foley, Leiter des Umweltinstituts der University of Minnesota (USA). „Es sind aber große Anstrengungen erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.“ Mehr als zwei Jahre arbeiteten die Wissenschaftler daran, um zu Lösungen für diese überlebenswichtige Frage der Menschheit zu kommen. Die Forscher kombinierten Geodaten mit globalen Computermodellen, um sowohl die landwirtschaftliche Produktion als auch ihre Umweltauswirkungen zu simulieren.

Ohne Gegenstrategien verschärfen sich Hunger und Umweltbelastung

Das Team entwickelte ein Konzept, wie sich die weltweite Nahrungsmittelproduktion steigern und gleichzeitig die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft verringern lassen. Es gibt aber laut Autoren große Herausforderungen, die auf dem Weg zu dieser Vision gemeistert werden müssen. Bereits heute hungert rund eine Milliarde Menschen. Das Problem wird sich ohne Gegenstrategien verschärfen, weil die Zahl der Menschen bis 2050 global um zwei Milliarden auf mehr als neun Milliarden steigt. Die Landwirtschaft sorgt zwar für die Ernährung der Menschen, hat aber nicht nur positive Wirkungen. Durch falsche oder zu intensive Ressourcennutzung gehen zum Beispiel die Bodenfruchtbarkeit und vor allem in den Tropen wertvolle natürliche Ökosysteme verloren.

„Die heutige Landwirtschaft ist in vielen Bereichen nicht nachhaltig“, sagt Dr. Stefan Siebert, Mitautor und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Pflanzenbau am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn. „Wenn wir das nicht ändern, werden die Umweltauswirkungen und damit auch die Hungernden weiter zunehmen.“ So würden nach wie vor in weiten Teilen der Erde Dünger, Pflanzenschutzmittel und Bewässerungswasser nicht optimal eingesetzt. „Weltweit steigt zudem der Energie- und Fleischbedarf“, stellt der Agrarwissenschaftler der Universität Bonn fest. „Das hat drastische Folgen für die Welternährung.“ Energiepflanzen – etwa für die Produktion von Biokraftstoffen – und Futterpflanzen für die Fleischproduktion konkurrieren mit dem Anbau von traditionellen Grundnahrungsmitteln. „Im globalen Durchschnitt stellen tierische Produkte etwa 481 kcal Energie pro Kopf und Tag zur Verfügung, während in den Futtermitteln 1110 kcal Energie pro Kopf und Tag enthalten ist“, erläutert Dr. Siebert. „Auf dem Weg durch das Tier gehen also rund 57 Prozent der wertvollen, für die menschliche Ernährung auch direkt nutzbaren Energie aus den Futterpflanzen verloren.“

Mehr als ein Drittel der Lebensmittel verdirbt oder landet im Müll

Das internationale Team schlägt anhand seiner Berechnungsergebnisse Lösungen vor. „Wir konnten zeigen, dass sich der steigende Nahrungsmittelbedarf der wachsenden Weltbevölkerung ohne zusätzliche Umweltauswirkungen befriedigen lässt, wenn fünf Maßnahmen umgesetzt werden“, sagt Dr. Siebert. Erstens: Die Wissenschaftler fordern, die Ausbreitung landwirtschaftlicher Flächen, besonders in den Tropen, zu stoppen. Zweitens: Durch Einsatz angepassterer Sorten und besserer Anbaumethoden insbesondere in Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Osteuropas lässt sich die Nahrungsmittelproduktion global um fast 60 Prozent steigern. Drittens: Strategischer Einsatz von Bewässerungswasser und Düngemitteln dort, wo es sich wirklich lohnt. Viertens: Die besten Ackerböden sollen der Produktion von Grundnahrungsmitteln vorbehalten sein. Energiepflanzen und Futtermittel werden nur auf schlechteren Standorten angebaut. Fünftens: Mehr als ein Drittel der Lebensmittel verdirbt, wird von Schädlingen gefressen oder landet im Müll. Durch einen effizienteren Umgang ließen sich die verfügbaren Kalorien pro Person laut Forscher demnach um fast 50 Prozent steigern.

Die Wissenschaftler der Professur Pflanzenbau der Universität Bonn trugen mit ihrer Expertise in der Modellierung von Feldfruchterträgen und Ressourcennutzung zur Studie bei. Die Forscher errechneten Erträge und Wassernutzung landwirtschaftlicher Kulturen in hoher räumlicher Auflösung. Bislang habe es zum Thema lediglich Fallstudien zu speziellen Regionen oder globale Studien zu Teilaspekten gegeben, sagt Dr. Siebert. „Das Neue an der Studie ist, dass wir erstmals die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Umwelt und wachsender Bevölkerung global betrachtet und mit Daten hinterlegt haben.“

Publikation: Solutions for a Cultivated Planet, Fachmagazin „Nature“, doi: 10.1038/nature10452, Internet: http://dx.doi.org/10.1038/nature1045

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