DIE: The microfinance crisis

Microfinance has in recent years evolved into a popular instrument of poverty reduction. At the latest since the Nobel Peace Prize was awarded to Muhammad Yunus and the Grameen Bank in 2006, even the broad public has been aware that microcredit may offer even the poorest of people a chance to escape absolute poverty.

However, the image of microfinance, often shaped by a certain social romanticism, has developed cracks in recent years. What has happened?

First of all, in some countries there have been problems with the huge growth of microfinance institutions (MFIs). The latter are often non-state institutions that in some countries have shot up like mushrooms since the 1990s. These institutions, some of them not managed with the necessary professionalism, have often grown too fast. Outside financing, provided by official and private donors, and for the most part not by mobilising local savings, has often set incentives for an expansion with which manpower capacities have been unable to keep pace. This has led, in Morocco, for instance, and in Bosnia-Herzegovina, to difficulties in a good number of MFIs. The outcome has been closures, mergers, and intensified government regulation.

There have also been problems in South Asia, the region with the widest dissemination of microcredit. In some regions in India, Bangladesh, and Pakistan, microcredit is now so widespread that MFIs, under competitive pressure, have shown a propensity to lower their credit standards, a practice that has had adverse effects on the quality of their credit portfolios. For their part, borrowers have shown a growing inclination to repay their microcredit by taking out another loan with a different MFI or from a money lender. This is one reason for the high repayment rates reported for MFIs, over 95 %, although these figures have started to decline in South Asia.

To come to grips with the problem of multiple borrowing from multiple MFIs and the overindebtedness of many borrowers associated with the practice, there is talk now of setting up credit information offices with which all loans, including microcredit, would have to be reported.

And finally, a contentious discussion has emerged in recent years on the poverty impact of microcredit. A good number of studies and evaluations have, to be sure, come up with positive results. They indicate that the incomes of borrowers have risen, with the levels of education and health of families that have received microloans showing signs of improvement. But only in rare cases is it possible to prove that this effect is due, unambiguously, to microloans. More recent, methodologically rigorous studies do not come up with a clear picture; indeed they are unable to prove any convincing positive effects on poverty reduction. Why is that?

More often than assumed, microloans are used not for microbusiness investments but for a multiplicity of needs that may emerge, almost daily and always unanticipated, in the imponderable life of a poor household that lacks any regular income: illness, crop failure, sudden price hikes, and so on. However, the fact that microloans contribute to steadying household incomes must be seen as positive. This may make it possible for the children of such households to attend school regularly. But it does not entail any durable increase in incomes, to say nothing of economic transformation towards the higher productivity levels that could serve as a durable basis for higher incomes. The sewing machine financed with a microloan is, as a rule, unlikely to develop into a garment company; the pig in the back yard is unlikely to serve as the foundation for a competitive farm. Still, microcredit does have the potential to alleviate the effects of poverty and often to improve people’s chances, and precisely those of women, to lead to lead a self-determined life. While that no doubt is a valuable contribution to poverty reduction, it does not mean escape from poverty for millions, let alone the foundation for an economic transformation of the kind that took place, say, in East Asia – without microcredit.

There are critics of microfinance, including e.g. Ha-Joon Chang, a Korean development economist teaching at Cambridge, who see in microfinance an economic misuse of capital, which would be better invested not in unproductive microbusinesses but in dynamic medium- and large-size companies, as was done in Korea’s model for success. In fact, though, this is not a matter of either-or. But it is correct that the “transformative” impact of microfinance is widely overestimated. The object of a poverty-reduction strategy must be – alongside microfinance – to finance larger-size, competitive firms as well as infrastructure. Otherwise poverty reduction is likely to remain very modest indeed.

Column

By Dr. Peter Wolff, German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
© German Development Institute, Bonn.Mikrofinanzierung hat sich in den letzten Jahren zu einem populären Instrument der Armutsbekämpfung entwickelt. Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus und die Grameen Bank 2006 ist auch der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass mithilfe von Kleinkrediten auch die Ärmsten eine Chance erhalten können, sich aus der absoluten Armut zu befreien. Das häufig etwas sozialromantisch geprägte Bild der Mikrofinanzierung hat jedoch in letzter Zeit Risse bekommen. Was ist passiert?

Zunächst gab es in einigen Ländern Probleme mit dem enormen Wachstum von Mikrofinanzinstitutionen (MFI). Häufig handelt es sich dabei um nicht-staatliche Institutionen, die in einigen Ländern seit den 1990er Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen. Das Wachstum dieser manchmal nur wenig professionell geführten Institutionen war häufig zu schnell. Die Finanzierung von Außen, durch staatliche und private Geber und zumeist nicht auf der Basis der Mobilisierung lokaler Ersparnisse, hat oft Anreize für eine Expansion gesetzt, mit der die personellen Kapazitäten nicht Schritt halten konnten. Dies führte etwa in Marokko und in Bosnien-Herzegowina zu Schwierigkeiten in einer ganzen Reihe von MFI, denen inzwischen mit Schließungen, Fusionen und einer verstärkten staatlichen Regulierung begegnet wurde.

Darüber hinaus gibt es auch in Südasien, der Region mit der größten Verbreitung von Mikrokrediten, Probleme. In einigen Regionen in Indien, Bangladesch und Pakistan gibt es inzwischen eine so große Verbreitung von Mikrokrediten, dass die MFI dazu neigen, im Wettbewerb die Standards für die Kreditvergabe niedriger anzusetzen, wodurch sich die Qualität ihres Kreditportfolios verschlechtert. Auf der Seite der Kreditnehmer ist es zunehmend üblich geworden, einen Mikrokredit durch die Aufnahme eines Kredits bei einer anderen MFI oder bei einem Geldverleiher zurück zu zahlen. Auch daraus erklären sich die hohen Rückzahlungsraten der MFI von über 95 %, die allerdings in Südasien zu sinken beginnen.

Um der Problematik der multiplen Kreditaufnahme bei mehreren MFI und der damit verbundenen Überschuldung vieler Kreditnehmer zu begegnen, wird an die Einrichtung von Kreditinformationsstellen gedacht, bei denen alle Kredite, auch Mikrokredite, gemeldet werden müssen.

Schließlich ist in letzter Zeit auch die Wirkung der Mikrofinanzierung auf die Armut kontrovers diskutiert worden. Aus einer Vielzahl von Studien und Evaluierungen ergaben sich zwar positive Resultate. Sie zeigen, dass sich die Einkommen der Kreditnehmer erhöht haben und dass sich der Bildungs- und Gesundheitsstand von Familien, die Mikrokredite erhalten haben, verbesserte. Es kann aber nur in seltenen Fällen nachgewiesen werden, dass dies ursächlich auf die Mikrokredite zurückgeführt werden kann. Aus neueren, methodisch rigorosen Studien ergibt sich kein klares Bild. Es können keine überzeugenden positiven Effekte auf die Armutsreduzierung nachgewiesen werden. Woran liegt das?

Häufiger als angenommen werden Mikrokredite nicht für kleingewerbliche Investitionen verwendet, sondern für vielerlei Zwecke, die sich im unwägbaren Leben eines armen Haushalts, der über kein regelmäßiges Einkommen verfügt, fast täglich und immer überraschend, ergeben: Krankheitsfälle, Ernteausfälle, plötzliche Preissteigerungen usw. Schon die Tatsache, dass Mikrokredite zu einer Verstetigung der Haushaltseinkommen beitragen, ist indes positiv zu werten. Dadurch wird es vielleicht erst ermöglicht, dass die Kinder regelmäßig zur Schule gehen. Es ist damit aber noch keine dauerhafte Erhöhung des Einkommens verbunden, geschweige denn eine wirtschaftliche Transformation hin zu einem höheren Produktivitätsniveau als Grundlage für Einkommenssteigerungen. Aus der mit einem Mikrokredit finanzierten Nähmaschine wird in aller Regel kein Bekleidungsunternehmen; aus dem Schwein im Hinterhof wird kein wettbewerbsfähiger landwirtschaftlicher Betrieb. Dennoch werden die Auswirkungen der Armut gemildert und die Möglichkeiten für ein selbst bestimmtes Leben, gerade auch für die Frauen, oft verbessert. Das ist ein wertvoller Beitrag zur Armutsbekämpfung, aber es ist nicht der Ausbruch aus der Armut für Millionen, geschweige denn Grundlage einer wirtschaftlichen Transformation wie sie etwa in Ostasien – ohne Mikrokredite – vonstatten ging.

Es gibt Kritiker der Mikrofinanzierung, wie etwa der in Cambridge lehrende Koreaner Ha-Joon Chang, die in der Mikrofinanzierung eine falsche volkswirtschaftliche Verwendung von Kapital sehen, welches besser nicht in unproduktive Kleinstbetriebe sondern vielmehr in dynamische Mittel- und Großbetriebe investiert werden sollte, wie eben im Erfolgsmodell Korea. Tatsächlich geht es nicht um ein Entweder-Oder. Richtig ist aber, dass die „transformative“ Wirkung der Mikrofinanzierung weithin überschatzt wird. Eine Strategie der Armutsbekämpfung muss komplementär zur Mikrofinanzierung die Finanzierung von größeren, wettbewerbsfähigen Betrieben sowie von Infrastruktur zum Inhalt haben. Sonst wird die Armutsreduzierung sehr bescheiden bleiben.

Kolumne

Von Dr. Peter Wolff, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Bonn.