DIE: South-South Cooperation: Global force, uncertain identity

[:de]Im März veranstaltete Indien in New Delhi die zweite globale Konferenz für Süd-Süd-Kooperation (SSC). Verglichen mit der Konferenz im April 2013 zeigte Delhi 2, wie schnell sich SSC als wichtige Modalität internationaler Entwicklungszusammenarbeit weiterentwickelt hat. Aufstrebende Mächte im Süden wie Brasilien, China, Indonesien, Indien, Mexiko und Südafrika sind jetzt bereit, sich aktiv in kollektive Bemühungen für die internationalen Nachhaltigkeitsziele, die Addis-Agenda zur Entwicklungsfinanzierung und für den Pariser Klimavertrag einzubringen.

Dennoch herrscht Unsicherheit über die Natur und Ausrichtung von SCC, da Diskussionen und praktisches Handeln im Süden noch keine gemeinsame Basis gefunden haben. Konzepte und Definitionen sind weiterhin vage und umstritten. Methoden der Berichterstattung und Wirkungsanalyse stehen noch ganz am Anfang. Um das Potenzial der Süd-Süd-Kooperation voll zu entfalten, müssen die Regierungen im Süden Mechanismen institutionalisieren, die Transparenz, Rechenschaftspflicht und Wissen schaffen. Diese Herausforderungen in den Griff zu bekommen ist von zentraler Bedeutung für die ganze Welt. Wenn sich SSC zu einer echten Quelle internationaler Solidarität entwickelt, könnten die Geber des Südens die Nord-Süd-Kooperation ergänzen und traditionelle Geber dazu bringen, sich stärker für eine globale nachhaltige Entwicklung einzusetzen.

Verschwommene Konturen

In den letzten Jahren hat SSC deutlich an Umfang und wirtschaftlichem wie politischem Gewicht gewonnen. Dennoch haben Entscheidungs- und Wissensträger im Süden noch kein einheitliches Verständnis entwickelt, was SSC eigentlich bedeutet. So fokussieren sich einige Verantwortliche in Lateinamerika und China auf die Bereitstellung staatlicher Gelder für Entwicklungsländer – ähnlich der klassischen „Entwicklungshilfe“. Andere – wie die indische Regierung – beharren auf einer umfassenderen Auslegung von SSC. Sie würden gern Technologietransfer, Handelserleichterungen, Friedensmissionen und private Investitionen und Darlehen einbeziehen. Aus ähnlichen Gründen haben Geber im Norden unlängst ihr Konzept zur Unterstützung von Entwicklungsländern um eine Kategorie erweitert: die „Öffentliche Gesamtleistung zur Förderung Nachhaltiger Entwicklung“ (Total Official Support for Sustainable Development – TOSSD), die auch private Geschäfte umfasst.

Lateinamerika sticht mit seinem einheitlichen Ansatz aus der Gruppe der SSC-Geber heraus. Das Iberoamerikanische Generalsekretariat veröffentlicht jährliche Berichte von SSC-Aktivitäten, die lateinamerikanische Regierungen auf Basis einheitlicher Definitionen und Berichtsmodalitäten abgeben. Jedoch beinhaltet SSC bei diesem Ansatz nur die technische Zusammenarbeit von Regierungen. Der Vorschlag Lateinamerikas, seinen Rahmen als Ausgangspunkt für einen globalen SSC-Bericht zu nutzen, wird von asiatischen Regierungen abgelehnt. Sie sind der Ansicht, die Vielfältigkeit von SSC-Ansätzen mache ein gemeinsames Monitoring derzeit unmöglich.

Bislang ist es dem Süden nicht gelungen, eine funktionierende Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch einzurichten. Die lose Allianz von ca. 20 SSC-Gebern, die auf der Konferenz in New Delhi 2013 zusammenkamen, hat aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen von SSC keine greifbaren Ergebnisse erzielt. Die Vereinten Nationen schenken SSC zwar große Beachtung, konnten aber nicht bei der Überwindung dieser Differenzen helfen. Das UN-Forum für Entwicklungszusammenarbeit stellt in seiner Arbeit die SSC konsequent in den Vordergrund, jedoch ohne im Süden großes Interesse zu wecken.

Kann NeST die Heimat sein?

Mit dem kürzlich etablierten Network of Southern Think Tanks (NeST) ist ein starker Motor für eine Annäherung verschiedener SSC-Konzepte und -Methoden entstanden. Die Bildung dieses Netzwerks wurde auf einem Workshop des UN-Entwicklungsprogramms in Peking im März 2014 vorgeschlagen. Es gewann weiter an Profil am Rand des Treffens der Globalen Partnerschaft für wirksame Entwicklungskooperation in Mexiko später im Jahr und betrat die internationale Bühne auf der SSC-Konferenz 2016 in New Delhi. Die Hauptakteure von NeST sind Denkfabriken in Indien, China, Brasilien und Südafrika. Sie haben einen methodischen Rahmen für die SSC-Berichterstattung und Wirkungsmessung erarbeitet, der derzeit in Fallstudien in China und Brasilien erprobt wird.

Aktuell kann die Süd-Süd-Kooperation ihr Potenzial als kollektive Kraft nicht voll entfalten, da lateinamerikanische und asiatische Geber nicht an einem Strang ziehen. Nur mit einem einheitlichen Verständnis von Konzepten, Zielen und Definitionen im Süden kann SSC uneingeschränkt zu den Zielen nachhaltiger Entwicklung, der Addis-Agenda und dem Pariser Klimavertrag beitragen. Der globale Wandel hin zu umfassender Nachhaltigkeit ist alternativlos. Deshalb brauchen die Regierungen des Südens, wie der Norden auch, einen neuen Ansatz für den Ausgleich nationaler Interessen und internationaler Solidarität. Insofern ist der Süden gut beraten, nationale Denkfabriken zu fördern, die gemeinsames Wissen schaffen und die Politik beraten können.

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Quelle: Fues, Thomas, Die aktuelle Kolumne vom 11.04.2016, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)[:en]In March, India hosted the second global conference on South-South Cooperation (SSC) in Delhi. Compared to its predecessor in April 2013, Delhi2 demonstrated the rapid evolution of SSC as an important modality in international development cooperation. Rising powers in the South, such as China, India, Brazil, Indonesia, South Africa and Mexico, are now ready to play a pro-active part in collective action on the Sustainable Development Goals, the Financing for Development Addis Agenda and the Paris Agreement on climate change.

However, uncertainties about the nature and direction of SSC remain since discourses and practices in the South have not yet converged on a common narrative. Concepts and definitions are still vague and contested. Methodologies for reporting and impact assessment are just in their infancy. In order for SSC to realise its full potential, Southern governments would need to institutionalise mechanisms for transparency, accountability and knowledge creation. Progress on such challenges is of critical relevance for the world at large. With SSC evolving as an effective resource of international solidarity, Southern providers could complement North-South Cooperation and nudge traditional donors towards a stronger commitment for global sustainable development.

Blurred contours

SSC has significantly grown in volume, economic leverage and political weight over recent years. However, policymakers and scholars in the South have not yet arrived at a common understanding of what it actually means. Some, for example officials in Latin America and China, focus on the provision of public funds to fellow developing countries – similar to what would be traditionally called „aid“. Others, like the Indian government, insist on a more comprehensive interpretation of SSC. They would like to include technology transfer, trade facilitation, peace operations as well as private investment and loans. With similar reasoning, Northern donors have recently widened their concept of external assistance by introducing a new category of “Total Official Support to Sustainable Development“ which encompasses private transactions in addition to public transfers.

Among the providers of SSC, Latin America stands out for its unified approach. The Ibero-American General Secretariat publishes annual assessments of SSC by Latin American governments based on common definitions and reporting modalities. However, the scope of SSC in this exercise is limited to technical cooperation among governments. The Latin American proposal to use their framework as a starting point for a global SSC report has been frustrated by Asian governments. They feel that the diversity of SSC approaches does not allow for joint monitoring at this stage.

Up to now, the South has not been able to establish an effective platform for dialogue and experience sharing. The loose consortium of around 20 SSC providers which came together at the 2013 Delhi conference has not produced tangible results, due to divergent concepts of SSC. While paying much attention to SSC, the United Nations has not been able to overcome such divisions. The UN Development Cooperation Forum has consistently highlighted SSC in its work, but did not attract much interest from the South.

Can NeST be home?

An influential driver of convergence for SSC concepts and methodologies has emerged with the newly established Network of Southern Think Tanks (NeST). The creation of this network was proposed at a Beijing workshop of the United Nations Development Programme in March 2014. It took further shape at the sidelines of the Mexico meeting of the Global Partnership for Effective Development Cooperation later in the year. NeST fully stepped onto the international stage at the 2016 Dehli conference on SSC. Key actors in NeST are think tanks from India, China, Brazil and South Africa. They have developed a methodological framework for SSC reporting and impact assessment which is presently being tested through case studies in China and Brazil.

Which way forward?

At this moment, South-South Cooperation cannot realize its full potential as a collective force due to a lack of cohesion among Latin America and Asian providers. Only if the South arrives at a shared understanding of concepts, purposes and definitions, will SSC be able to contribute fully to the Sustainable Development Goals, the Addis Agenda and the Paris Agreement. In light of the requirements for global transformation towards comprehensive sustainability, Southern governments need a fresh approach in balancing national interests and international solidarity, just like the North. In this, the South needs to nurture domestic think tanks and strengthen their capabilities for joint knowledge creation and policy advice.

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Source: Fues, Thomas, The Current Column from 11.04.2016, German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)[:]