DIE: Are we dreamers in the world of international cooperation?

Critics such as economist William Easterly describe the United Nations’ “2030 Agenda fror Sustainable Development” as “senseless, dreamy and garbled” – the kind of thing John Lennon was singing about in his famous song “Imagine”. Are we all just dreamers?

So-called pragmatists are sceptical of the new universal Sustainable Development Goals (SDGs) because they quite rightly attack the idea that development can be planned. These individuals refer to the goals derisively as a “high school wish-list”. However, the SDGs provide new opportunities to focus on a common system of targets, both externally and internally.

The 2030 Agenda can also be viewed as a response to a change in international conditions and as an attempt to deal more honestly with this situation based on our increasing knowledge of the interrelationships between issues at different levels. First and foremost, this international consensus seeks to mainstream the SDGs within several (sub-)target systems in a complex world.

There is always a specific logic behind policy decisions, but this logic is often inadequate when it comes to achieving complex goals. For example, we could state that “fighting poverty” is the number one goal of our development policy, as the UK has done in its legislation. But even if we take this approach, we must still take account of planetary boundaries (climate change, ecological capacity) in order to provide relevant responses. Like any other state, the UK has to solve problems under complex conditions with many unknown variables, and security, for instance, is also considered to be fundamental in British debates. The impact of national policies at international level has so far been discussed as a matter of policy coherence, with the implied assumption that “international development” is an overarching goal to which all actors submit themselves. But this has not worked.

Adopting a global mindset and a long-term approach in national policy is not a task for one ministry alone, nor can it be outsourced to “internationally focused” ministries. Global issues are discussed by a range of government departments, including ministries for development, education and the environment, and even those whose policies supposedly have a purely domestic focus yet have an (unintentional) impact at global level, such as agricultural and consumer affairs ministries. 15 years ago, political scientist Christopher Hill wrote “The changing politics of foreign policy” and raised the following questions: Does it still make sense to separate internal and external policy? Or has this distinction been largely blurred by globalisation and an increasingly connected world? Countries need to frame their own domestic activities in the larger context of global challenges, as in the current situation with refugee policy.

Change is also required in international cooperation to take account of all states and of transnational and civil society forms of cooperation. One long-term trend we can observe in the international community is the rise of several developing nations, with a marked increase in the number of middle-income countries. These states now need to take on global responsibility.

Additionally, there are more transnational actors than ever involved in international relations, including commercial enterprises with global operations, philanthropic foundations (such as the Bill & Melinda Gates Foundation and Open Society, founded by George Soros) and international non-governmental organisations such as Greenpeace. This phenomenon is also a long-standing discussion topic, with Michael Zürn calling for “governance beyond the nation state” back in the mid-1990s.

Partnerships outside of the North-South paradigm are becoming increasingly important, especially when we consider the environmental challenges facing all societies and the fundamental issues and changes they entail. This change is under way, even if institutions and established cooperation practices are lagging behind, often only recognising it after it has happened.

The 2030 Agenda is sufficiently comprehensive to provide a realistic picture of the diverse interrelationships involved in global development. Federica Mogherini, EU High Representative for Foreign Affairs, was indeed right when she said that the world has become “more complex, more connected, but also more contested”. Consequently, while a shared system of targets for sustainable development that incorporates the foundations (and boundaries) of human development may not be the solution to every problem, it is a step forward. Longing for a simpler, uncontested world with clear, less “garbled” answers on the other hand is wishful thinking.

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Source: Grimm, Sven, The Current Column of 19.10.2015, German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)Kritiker wie der Ökonom William Easterly bezeichnen die „2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen als „sinnlos, träumerisch und zugemüllt“, eine Art John-Lennon-Ansatz nach seinem berühmten Lied „Imagine“. Sind wir alle Träumer?

Vermeintliche Pragmatiker sehen die neuen universellen Ziele nachhaltiger Entwicklung skeptisch, weil sie berechtigterweise die Idee angreifen, Entwicklung planen zu können. Hämisch sprechen sie von einer „Highschool-Wunschliste“. Die nachhaltigen Entwicklungsziele bieten aber neue Möglichkeiten, „außen“ und „innen“ an einem gemeinsamen Zielsystem auszurichten.

Man kann die 2030-Agenda auch als eine Reaktion auf veränderte internationale Bedingungen verstehen und als Versuch, mit zunehmendem Wissen über Zusammenhänge auf verschiedenen Ebenen ehrlicher umzugehen. Vor allem bemüht sich dieser internationale Konsens, in einer komplexen Welt, Nachhaltigkeitsziele in mehreren (Teil-)Zielsystemen zu verankern.

Politische Entscheidungen sind immer in einer eigenen Handlungslogik verortet, die oft jedoch nicht ausreicht, um komplexe Ziele zu erreichen. Wir können beispielsweise „Armutsbekämpfung“ als höchstes Ziel der Entwicklungspolitik formulieren, wie dies etwa in Großbritannien per Gesetz der Fall ist. Aber auch eine so verstandene Armutsbekämpfung muss planetarische Grenzen (Klimawandel, ökologische Belastbarkeit) berücksichtigen, um relevante Antworten geben zu können. Dort wie auch hier müssen Problemlösungen unter komplexen Bedingungen mit vielen Unbekannten erarbeitet werden. Auch in britischen Debatten sieht man beispielsweise die grundlegende Bedeutung von Sicherheit. Bisher wurden internationale Auswirkungen nationaler Politiken als Fragen der Politikkohärenz diskutiert. Unterschwellig ging man davon aus, dass „internationale Entwicklung“ ein übergeordnetes Ziel ist und daher alle Akteure sich diesem unterordnen. Das hat so nicht funktioniert.

In der nationalen Politik sind das Denken in globalen Zusammenhängen und eine langfristige Orientierung keine Aufgaben für ein Ministerium allein. Sie können auch nicht in die vermeintlich „außenorientierten Ressorts“ ausgelagert werden. Globale Anliegen werden in einer Reihe von Fachressorts diskutiert, von Entwicklungspolitik über Bildungs- oder Umweltressorts bis zu (unbeabsichtigten) Wirkungen vermeintlich rein innenpolitisch orientierter Ministerien, wie bei der Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik. Schon vor 15 Jahren analysierte der Politikwissenschaftler Christopher Hill die veränderten Bedingungen, unter denen (Außen-)Politiken festgeschrieben sind („The changing politics of foreign policy“) und warf Fragen auf. Ist die Trennung zwischen außen- und binnenorientierten Politiken noch sinnvoll? Oder haben Globalisierung und zunehmende Vernetzung der Welt diese Unterscheidung weitgehend aufgeweicht? Das Handeln im eigenen Land muss in den größeren Zusammenhang globaler Herausforderungen verortet werden. Die Flüchtlingspolitik ist ein aktuelles Beispiel.

Auch die internationale Zusammenarbeit muss sich verändern und dabei alle Staaten wie auch transnationale, zivilgesellschaftliche Formen der Zusammenarbeit berücksichtigen. Als langfristigen Trend in der Staatenwelt können wir das Aufstreben einiger Entwicklungsländer beobachten. Die Zahl der Staaten mit mittlerem Einkommen ist stark angestiegen. Für sie gilt es, neue Verantwortung zu übernehmen.

Darüber hinaus wirken transnationale Akteure in den globalen Beziehungen mit, mehr als jemals zuvor. Hierzu gehören global handelnde Wirtschaftsunternehmen sowie philanthropische Stiftungen (wie etwa die Bill & Melinda Gates Stiftung oder die von George Soros gegründete Open Society) und internationale Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace. Auch dies ist ein schon länger diskutiertes Phänomen. Plädoyers für ein „Regieren jenseits des Nationalstaates“ (Michael Zürn) wurden bereits Mitte der 1990er Jahr verfasst.

Kooperationen jenseits des Nord-Süd-Schemas werden wichtiger, insbesondere, wenn wir die ökologischen Herausforderungen mitdenken, die alle Gesellschaften vor grundlegende Probleme und Veränderungen stellen. Dieser Wandel ist im Gange, auch wenn Institutionen und eingeübte Praktiken der Kooperation „träge“ sind und reale Veränderungen oftmals erst zeitversetzt nachvollzogen werden.

Mit ihrem Umfang entwirft die 2030-Agenda ein realistisches Bild der vielfältigen Zusammenhänge globaler Entwicklung. Die Welt ist in der Tat, „komplexer, umstrittener und vernetzter“ geworden, wie die Europäische Außenbeauftragte Federica Mogherini feststellt. Ein gemeinsames Zielsystem „nachhaltiger Entwicklung“, das auch die Grundlagen (und Grenzen) menschlicher Entwicklung mit einbezieht, ist damit ganz sicher nicht die Lösung aller Schwierigkeiten, aber ein Fortschritt. Es ist träumerisch, sich eine einfachere Welt zu wünschen, in denen Antworten eindeutig, weniger „zugemüllt“, und unumstritten ausfallen.

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Quelle: Grimm, Sven Die aktuelle Kolumne vom 19.10.2015, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)